Sport

Keine Chance für Schmid? Fan-Macht bei Rapid-Wahl

Heute Redaktion
Teilen
Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek mit Präsidentschafts-Kandidat Roland Schmid
Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek mit Präsidentschafts-Kandidat Roland Schmid
Bild: picturedesk.com

Das Rennen um die Zukunft von Rapid spitzt sich zu. Einer der drei Kandidaten steht vor dem Aus. Der Kuschelkurs mit den Problemfans sorgt für ungleiche Chancen.

Am 25. November wird der neue Rapid-Präsident gewählt. Es geht um die Nachfolge von Michael Krammer. Er sitzt selbst im mächtigen Gremium, das die Hürde zwischen den drei Kandidaten und der Wahl darstellt.

Drei Männer streben nach dem Amt. Einer, Martin Bruckner, steht für den aktuellen Weg, arbeitet als Finanzreferent im Team von Krammer. Er gilt als klarer Favorit, weil ihm die Unterstützung des Präsidiums und der Fans sicher scheint.

Seinem Gegenstück, Roland Schmid, droht das vorzeitige Aus. Der Millionär will die sportliche Wende, macht "Veränderung" zu seinem großen Thema. Die sportliche Misere mit Ligaplatz sieben im Vorjahr, dem verpassten Europacup, der elfjährigen Titellosigkeit ist sein bestes Argument.

Wenn man bedenkt, dass Krammer für seinen Kandidaten im Gremium nur die zwei der drei Fan-Stimmen braucht (unten erklärt), um Schmid zu verhindern, wird deutlich, wie schlecht seine Chancen stehen. Denn Rapid fährt einen Kuschelkurs mit dem harten Kern der Fans. Bruckner steht für die Fortsetzung dieses Kurses. Der aktuelle Fall Wöber (siehe Infobox) veranschaulicht das gut.

Die Macht der Fans, und wie sie sich äußert

Ex-Spieler Maximilian Wöber wurde für seinen Wechsel zu Red Bull Salzburg zutiefst beleidigt. Auch seine Familie. Im Heimspiel gegen Hartberg entschuldigten sich Fans mittels Transparent: "So ist Rapid nicht." Zwei ranghohe Ultras stürmten die VIP-Loge und entfernten das Plakat.

Rapid reagierte mit Zurückhaltung. Die Entschuldigungen von Präsident Michael Krammer und Sportdirektor Zoran Barisic erfolgten telefonisch und persönlich. Erst zwei Wochen später gestand der Klub auf "Heute"-Nachfrage sinngemäß Fehler ein. Ein Ordner sei nicht auf seinem Platz gewesen. In Zukunft werde diese Position verstärkt. Konsequenzen für die Ultras: "Thematik wurde innerhalb der Rapid-Familie behandelt." Klingt nach einem milden Ausgang für die beiden.

Der Block West ist grundsätzlich klar gegen Hausverbote - bei anderen Klubs sicher eine denkbare Konsequenz nach einem solchen Vorfall. Diese Maßnahme käme bei den Fans also gar nicht gut an. Wie im Lauftext erläutert, brauchen die Präsidentschaftskandidaten aber die Gunst der Anhänger, um überhaupt für die Wahl im November zugelassen zu werden. Die aktuelle Klubführung hat mit Markus Bruckner einen Kandidaten im Rennen.

Dass die VIP-Loge im betreffenden Fall unter anderem Michael Tojner gehört, sorgt für zusätzliche Brisanz. Der Milliardär unterstützt Kandidaten Robert Grüneis, stellt Millionen für den Bau des Trainingszentrum in Aussicht, sollte dessen Liste gewinnen.

Die Wahl

Am 25. November wird der neue Präsident bei der Hauptversammlung der Rapid-Mitglieder gewählt. Wie brisant dieser Termin wird, hängt von den Entscheidungen des Wahlkomitees im Vorfeld ab. Das Komitee legt fest, welche der drei Listen zur Wahl zugelassen werden.

Nur eine Liste bei Wahl?

(Noch-)Präsident Michael Krammer will eine Kampfabstimmung bei der Hauptversammlung verhindern. Ihm wäre es am liebsten, wenn sein Nachfolger vorher durch das Wahlkomitee bestimmt wird, also nur eine Liste zur Wahl antritt. Am 25. November würden die Mitglieder dann nur mehr über ja oder nein abstimmen, nicht zwischen verschiedenen Listen wählen.

Warum ist Krammer gegen Kampfabstimmung?

Krammer geht es nach außen um die Geschlossenheit der Rapid-Familie. Zur Erklärung könnte man einen Vergleich zu Parteitagen in der Politik ziehen, auf denen der Parteichef bestätigt oder neu bestimmt wird: Ein hoher prozentueller Stimmenanteil macht in der Außendarstellung einen schlanken Fuß und symbolisiert Einigkeit. Ein möglicher, knapper Sieg bei einer Kampfabstimmung würde einer Liste hingegen einen ungemütlichen Start in die Amtszeit bescheren.

Andererseits könnten Mitglieder kritisieren, warum ihnen eine demokratische Entscheidung nicht zugetraut wird. Rapid hebt oft stolz hervor, ein Mitgliederverein zu sein.

Das wiederum könnte Hinweis darauf sein, dass Krammer auch eine andere Absicht verfolgen könnte. Er tritt als Präsident ab. Mit Bruckner ist einer der Kandidaten aber aktuell als Finanzreferent in seinem Team tätig, der seinen Weg fortsetzen würde.

Das Komitee

Es handelt sich um ein Gremium, das aus sechs Personen besteht. Jede der drei Listen braucht vier der sechs Stimmen, um für die Wahl zugelassen zu werden – eine Zweidrittelmehrheit.

Unter den sechs Personen sind drei Mitgliedervertreter, von den Rapid-Mitgliedern für diese Funktion gewählt: Jürgen Hampel, Herbert Kretz und Helmut Mitter. Fast 600 Vereinsmitglieder gaben ihre Stimme ab.

Das aktuelle Präsidium wird von Michael Krammer im Gremium vertreten. Das Kuratorium entsendet Susanne Schicker (Leiterin der Koordinationsstelle von "WienBeethoven2020") und Werner Muhm (ehemals langjähriger Direktor der Arbeiterkammer Wien).

Die Macht der Fans?

Mitter ist Sprachrohr der Solidargemeinschaft "Rechtshilfe Rapid" und im Gremium der Vertreter des Block West. Hampel ist Gründungsmitglied und Obmann des Fanclubs "Sitzplatzschweine", der Rapid bei Heim- und Auswärtsspielen und den Aktionen von "Wiener helfen Wienern" unterstützt. Kretz von "Initiative Rapid 2020".

Zusammen können die drei Personen verhindern, dass eine Liste die nötige Mehrheit für die Wahl im November erreicht. Ohne die Fan-Vertreter geht also nichts. Wie sich diese Macht unter anderem äußert, seht ihr in der grünen Infobox.

Update

Wenige Stunden nach Veröffentlichung dieses Artikels nahm das Wahlkomitee mittels offizieller Rapid-Aussendung erstmals Stellung. "Zur weiteren Vorgehensweise wurde einstimmig beschlossen, dass versucht werden soll, die Stärken der bewerbenden Listen im Sinne des SK Rapid zu vereinen, also wie in den Satzungen vorgesehen, eine Liste zur Wahl zuzulassen."

Eine Entscheidung für eine der Listen sei noch nicht möglich gewesen. Das Ziel sei nun, die drei Listen zu einer zu vereinen. "Erst wenn sich herausstellen sollte, dass diese angestrebte Vereinigung nicht zustande kommt, muss ein mehrheitlicher Beschluss gefasst werden, dass mehrere Listen zugelassen werden sollen und kann erst dann in weiterer Folge über die Zulassung der einzelnen Listen abgestimmt werden."

Die Kandidaten

Martin Bruckner

Wie eingangs aufgeschlüsselt, ist Bruckner der klare Favorit. Der 54-Jährige ist Vorstand der Allianz Investmentbank AG (siehe Stadionname) und im derzeitigen Präsidium Finanzreferent.

Bruckner stammt aus dem Krammer-Team und wird dementsprechend mit dessen Führungsstil assoziiert. Die Unterstützung der Klubspitze brachte ihn schon früh in die Pole Position.

Robert Grüneis

Grüneis ist Geschäftsführer des Forschungsprojekts "Aspern Smart City Research". Zuletzt gab es aber mehr Schlagzeilen um seinen angeblichen Investor im Hintergrund, Michael Tojner. Der "Kurier" schrieb, dass Tojner bereit wäre, Rapid im Falle der Wahl von Grüneis fünf Millionen Euro für den Bau des Trainingszentrums im Prater zu zahlen, habe weitere drei Millionen über sein Netzwerk in Aussicht gestellt.

Tojner hatte Anfang 2019 selbst noch mit einer Kandidatur geliebäugelt. Es kursierten bereits Gerüchte, er wolle Israel-Teamchef Andreas Herzog als neuen starken Mann für das Sportliche in Hütteldorf installieren. Der Milliardär war dann aber in einen Streit mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil verwickelt. Doskozil verließ den Rapid-Beirat, Tojner distanzierte sich vom Rennen um die Präsidentschaft. Der Verein sollte nicht unter dem Rechtsstreit leiden.

Als Unterstützer von Grüneis mischt er aber im Hintergrund mit. Man muss wohl davon ausgehen, dass etwaige Ideen wie die Namen Herzog und Co. auch in der Liste Grüneis Gehör finden.

Roland Schmid

Wie es aussieht, ist Schmid der Außenseiter im Trio. Ursprünglich hätte der Millionär noch mit Grüneis als seinem Vize in der Liste gerechnet. Der ist jetzt sein Gegner. Schmid positioniert sich selbst als jener Kandidat, der für die größte Veränderung steht.

Am 17. Oktober berichteten "90 Minuten" und "Kurier", aus "gut informierten Quellen" erfahren zu haben, dass Schmid vom Wahlkomitee der Rückzug nahegelegt worden sei. Eine absolute Mehrheit im Gremium sei unrealistisch. Sein im September vorgestelltes Konzept habe den Erwartungen des Komitees nicht entsprochen.

Im Bericht des "Kurier" äußerte Schmid zudem Kritik an beiden Mitbewerbern. Wie weiter oben erwähnt, ist das Komitee darauf bedacht, eine Schlammschlacht zu vermeiden. Ein Rückzug Schmids würde verhindern, dass diese Kritik ein allzu großes Echo hervorruft.

Bei Gegner Bruckner vermisse er "Change", also Veränderung, weil er für den Krammer-Weg steht. Bei Grüneis wittere Schmid "politische Steuerung" durch die Wiener SPÖ. Grüneis ist Energie-Manager. Durchaus harte Worte, die im Gremium wahrscheinlich nicht allzu gut ankommen.

Fix ist: Der neue Rapid-Präsident wird am 25. November gewählt. Bis drei Tage vorher, also bis zum 22. November, muss das Wahlkomitee die Entscheidung getroffen haben, welche Liste zur Wahl antreten darf.