Spieletests

"Resident Evil 4 Remake" im Test – Meisterwerk ganz neu

"Resident Evil 4" gilt für viele Fans der Game-Serie als bester Teil überhaupt. Das Remake macht den Horror-Hit nochmals besser und zum Meisterwerk.

Rene Findenig
"Resident Evil 4 Remake" im Test – das Meisterwerk bleibt seinen Wurzeln treu, führt aber dennoch fantastische Neuerungen ein.
"Resident Evil 4 Remake" im Test – das Meisterwerk bleibt seinen Wurzeln treu, führt aber dennoch fantastische Neuerungen ein.
Capcom

Das mit Spannung erwartete Remake von "Resident Evil 4" orientiert sich zwar am Original, macht aber trotzdem vieles ganz neu. Bevor das Spiel aus dem Hause Capcom am 24. März für die PlayStation- und Xbox-Konsolen sowie den PC erscheinen wird, durften wir bereits das gesamte Game durchzocken. Der Eindruck? Fantastisch! Aus einem ohnehin fast unvergleichlich gutem Horror-Meisterwerk machen die Entwickler nun einen Jahrhundert-Titel, indem sie den geliebten Wurzeln treu bleiben, aber Mut zu inhaltlichen und vor allem technischen Neuerungen beweisen. Schon die Remakes zu Teil 2 und 3 waren fantastisch, Teil 4 treibt die fantastische Neuauflage der "Resident Evil"-Games nun aber auf eine vorläufige Spitze, die niemand verpassen darf.

Statt nur das Original samt bekannter Story und gewohntem Gameplay in einem technisch modernen Auftritt zu gießen, haben die Entwickler offenbar anständig an sehr vielen Schrauben gedreht. Fans müssen aber nicht befürchten, ein komplett neues Game zu bekommen. Die Handlung des Horror-Klassikers blieb zum größten Teil gleich. Noch immer landet Protagonist Leon S. Kennedy, der bereits aus dem zweiten Serien-Teil bekannt ist, in einem fiktiven spanischen Dorf und soll dort die Tochter des US-Präsidenten, Ashley Graham, aus den Fängen der mysteriösen "Los Illuminados"-Sekte befreien. Diese wiederum macht Menschen mit einem "Las Plagas" genannten Parasiten vollkommen willenlos und verwandelt die Befallenen in skurril mutierte Wesen, die höchst aggressiv sind.

Neue Wendungen und frische Parieren-Mechanik

Dieser Test soll ohne Spoiler auskommen, deswegen nur soviel: Sogar die Handlung wartet mit einigen neuen Wendungen auf und aus anderen Teilen bekannte "Resident Evil"-Charaktere haben einen Gast-Auftritt, die man aus Teil 4 im Original nicht kannte. Beim Gameplay dagegen gibt es noch größere Veränderungen als bei der Handlung. So wird das Spiel actionreicher ausgestaltet und streicht dafür die nervigen Quicktime-Events, bei denen man wie wild schnell auf einen bestimmten Button hämmern musste, fast komplett. So gibt es zwar einige Passagen, in denen man sich aus dem Klammergriff von Bossen und Gegnern befreien muss, indem man mehrmals eine Taste drückt, dass es aber gefühlt im Minutentakt solche Szenen gibt, wie es noch im Original der Fall war, ist Schnee von gestern.

1/10
Gehe zur Galerie
    Das mit Spannung erwartete Remake von "Resident Evil 4" orientiert sich zwar am Original, macht aber trotzdem vieles ganz neu. Bevor das Spiel aus dem Hause...
    Das mit Spannung erwartete Remake von "Resident Evil 4" orientiert sich zwar am Original, macht aber trotzdem vieles ganz neu. Bevor das Spiel aus dem Hause...
    Capcom

    Capcom will euch in solchen Spielmomenten eine direktere Kontrolle des Protagonisten ermöglichen und das spielt sich als gewaltige Verbesserung. Bei Nahkämpfen per Messer gibt es zudem eine neue Abwehr-Mechanik. Statt stumpfem Zustechen kommt es so zu spannenden Gefechten. Das Prinzip bisher: Kamen uns Feinde zu nahe oder hatten wir gerade Lust drauf, konnten wir wie wild auf Feinde einstechen oder per "QTE"-Tastenhämmern eigentlich tödliche Attacken gerade noch überstehen. Das Problem: Ein Abwehren von Angriffen gab es nicht – stachen wir zu, griffen die Feinde trotzdem an. Nun sorgt die neue Abwehr-Mechanik allerdings dafür, dass wir mit dem richtigen Timing Angriffe von Feinden auch parieren und damit komplett negieren können, ohne Schaden zu nehmen.

    Kämpfe werden im Spiel vollkommen neu interpretiert

    Das macht auch Konter-Angriffe möglich, da Feinde durch das Messer kurz bewegungsunfähig werden. Und: Pariert kann alles werden, vom Kettensägen-Angriff bis zum heranfliegenden Armbrust-Bolzen, von der Heugabel-Attacke bis hin zum einfachen Faust-Schlag. Auch stecken Feinde nicht mehr beliebig viele Messerstiche ein, sondern können geschickt sofort ausgeschaltet werden. Etwa, wenn wir die vom Parasiten befallenen Figuren erst mit einem gezielten Schuss von den Beinen holen und dann einmal zustechen, wenn sie am Boden liegen. Die neue Messerkampf-Mechanik stellt Spieler schließlich auch in einem ganz neu interpretierten Bosskampf auf die Probe.

    Neu interpretiert wurden auch die Figuren des Spiels. So ist Leon S. Kennedy kein eiskalter Spezialagent mehr, sondern eben der etwas professionellere Überlebenskünstler, dem die Ereignisse aus "Resident Evil 2" auch in Form von Erinnerungen noch nachhängen. Und auch Ashley ist kein hilfloses Abziehbild mehr, sondern bekam eine eigene, selbstbewusstere Persönlichkeit. Was nicht heißt, dass wir ihr nicht wieder regelmäßig zu Hilfe eilen müssen. Aber: Das Game bringt die Story glaubwürdiger rüber und lässt die Charaktere emotionaler auftreten. Das ergibt ein atmosphärisches Gesamtbild, in dem zusätzlich die Dialoge überarbeitet wurden und nun zu den jeweiligen Situationen passen. 

    Die genialste Kunst des Remakes sind Neuinterpretationen

    Bei der schon zuvor großen Gegner-Vielfalt kommen noch einige neue Feinde hinzu, Highlights bleiben aber die nervenzerfetzenden Begegnungen mit irren Kettensägen-Dorfeinwohnern und natürlich die Kämpfe gegen die Bosse. Selbst bei Kennern funktionieren diese Highlights perfekt, denn wer auf die Jumpscares und ikonischen Szenen wartet, wird im Remake plötzlich mit ganz neuen Einfällen überrascht – und das nicht an den Stellen, die das Original verwendet hatte, sondern wenn man es gerade gar nicht erwartet. Es ist vielleicht die genialste Kunst des Remakes, die Erwartungen an das Original hochzuhalten – und sie dann an überraschender Stelle noch bombastischer neu zu interpretieren.

    Statt ein Remake einfach optisch aufzupolieren, haben die Entwickler ganze Arbeit geleistet und das Spiel in Sachen Handlung, Technik und Gameplay ordentlich geschliffen. Auffällig ist auch die ganz neue Bewegungsfreiheit. Bewegte sich Leon im Original noch hölzern durch die lineare Spielwelt und dauerten simple Drehungen gefühlte Ewigkeiten, ist er nun flink unterwegs, kann sich während des Rennens auch umsehen, zielen und schießen. Nicht die einzige neue Fähigkeit unseres Helden. Neben dem bereits erwähnten Parieren-System, den Schleich-Kills und den Kampf-Kontern können wir nun auch flink zur Seite huschen, flink die Richtung wie ein Hase wechseln und müssen sowieso die ganze Spielwelt ausnützen.

    Vom kultigen Händler bis zu den spektakulären Bossen

    Da wir es oft mit großen Gegner-Gruppen zu tun bekommen, müssen wir alle Deckungen und Wege der Karte nutzen, um uns die Gruppe vom Hals zu halten und einen nach dem anderen auszuschalten – denn trotz neuen Fähigkeiten ziehen wir den Kürzeren, wenn die Feinde uns mal umkreist haben. Auch mit dem Messer können wir nicht einfach durch die Gegner schnetzeln, denn ebenfalls neu ist, dass das Messer beim Angriff auch kaputtgehen kann und erst wieder voll einsatzbereit ist, wenn wir es beim bekanntermaßen an bestimmten Stellen des Spiels auftauchenden Händler reparieren lassen. Und ja, es handelt sich um den bekannten Kult-Händler aus dem Original, der ebenfalls einige neue Tricks auf Lager hat. 

    Beim Händler darf man sein Messer sowie die Schießeisen upgraden und sich mit den typischen Heil- und Hilfsmitteln eindecken. In Sachen Munition ist der Standard-Schwierigkeitsgrad so gestaltet, dass man kaum in Not kommen wird, im härtesten Schwierigkeitsgrad dagegen ist Schleichen und der Messer-Einsatz gefragt, denn Munition ist nur rar verteilt. Und die braucht man vor allem in den spektakulären Bosskämpfen. Sie zeigen sich als gut ausbalancierter Mix aus beeindruckend bombastischen Inszenierungen und einem fordernden Gameplay, das das Beobachten der Angriffsmuster des jeweiligen Feindes und das Ausnutzen von Schwächen der Bosse für den Erfolg notwendig macht.

    Mini-Mängel bei der Technik trüben das Gesamtbild nicht

    Technisch ist der Eindruck ebenfalls hervorragend, hier mischen sich aber auch einige kleine Mankos rein. Bei Spezial-Finishern verschwinden gerne mal die Einblendungen, welche Taste man gerade drücken soll, wie von Geisterhand vom Bildschirm. Und auch die KI ist nicht auf ganz höchstem Niveau – so tritt unsere Begleiterin Ashley zwar selbstbewusster auf, wird aber noch immer ohne sichtbare Gegenwehr von den Monstern entführt, wenn wir sie mal ein paar Sekunden aus den Augen lassen. Aber: Sie hat nun keine eigene "Lebensenergie" mehr. Leon kann sie nun einfach retten, wenn sie wegen zu viel Schaden zu Boden gegangen ist und es kommt nicht mehr zum Spieltod, weil sie sich nicht zu wehren weiß.

    Auch an anderer Stelle gibt es technisch Grund zum Jubeln: Die Optik sieht knackscharf aus, dank der Technik der PlayStation 5 sind nun auch Spiegelungen im Metall der Waffen und in Regenlacken möglich. Dazu gibt es ein superflüssiges Erlebnis durch solide 60 Bilder pro Sekunde im von uns bevorzugten Leistungsmodus, ein alternativer Auflösungsmodus liefert wiederum 4K mit noch mehr Details, aber einer etwas geringeren Bildwiederholrate. Nutzer können zusätzlich auf Komfort-Funktionen wie eine Zielhilfe und einen besonders einfachen Kampagnen-Modus zurückgreifen. Noch nicht enthalten im Remake sind bisher übrigens der angekündigte VR-Modus sowie der Söldner-Modus des Original-Games.

    "Resident Evil 4 Remake" im Test – Meisterwerk ganz neu

    Das Remake von "Resident Evil 4" ist eines der beeindruckendsten Games der letzten Jahre. Nicht vielen Entwicklern gelingt es, ein dermaßen gutes Original nicht nur technisch sauber auf die neuen Konsolen-Plattformen zu portieren, sondern auch die Handlung und das Gameplay an den entscheidenden Stellen entweder zu verbessern oder gleich auf komplett neue Beine zu stellen. Dabei wurde weder das geniale Original verwässert, noch übertrieben krampfhaft jede mögliche Neuerung umgesetzt. Die vorhandenen Verbesserungen machen allesamt Sinn und aus dem legendären Spiel ein Meisterwerk im ganz neuen Gewand. Nie hat sich "Resident Evil"-Held so actionreich wie in diesem Remake gespielt.

    Die Story wartet in den richtigen Momenten mit spannenden neuen Wendungen für Kenner auf und bietet Neulingen eine zugänglichere, realistischere Erzählung an. Die fantastische Grafik sorgt für ein düsteres Stimmungsbild, das in einem Dorf voller scheinbar Wahnsinniger beginnt und dessen großes Highlight das bekannte Schloss ist. Neue Mechaniken wie das Parieren und die Finisher-Möglichkeiten sorgen für eine actiongeladenere Spielweise, das fast vollkommene Weglassen von Quicktime-Events macht das Spiel noch atmosphärischer. "Resident Evil"-Fans dürfen über ein Meisterwerk jubeln und einen Meilenstein des Gamings ganz neu erleben – und Neulinge dürfen das auf keinen Fall verpassen.