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"Returnal" im PC-Test – perfekt portierte Zeitschleife

PlayStation portiert weiter fleißig einstige Konsolen-Exklusivtitel auf PC. Beim erst auf PS5 erschienenen "Returnal" ist das hervorragend gelungen.

Rene Findenig
"Returnal" im PC-Test – eine perfekt portierte Zeitschleife.
"Returnal" im PC-Test – eine perfekt portierte Zeitschleife.
PlayStation

Entwickler Housemarque überraschte 2021 gewaltig. Das Studio, das für Titel wie "Matterfall" und "Alienation" bekannt ist und damit großartige Side-Scrolling- und Twin-Stick-Shooter samt gewaltigen Effektgewittern geschaffen hatte, hatte auf einmal ganz andere Ambitionen. Ein Hochglanz-Third-Person-Shooter mit einer tiefgründigen Story, einem innovativen Konzept und vor allem mit der Technik der neuen PlayStation 5 sollte es sein. Das vorerst PlayStation-exklusive "Returnal" war geboren, das Spieler in eine Zeitschleife entführt und dabei nicht nur alles richtig, sondern auch richtig gut macht. Nun hat sich PlayStation entschlossen, nach "Uncharted"-, "Spider-Man"- und "God of War"-Titel auch damit den PC-Port zu wagen.

Für Kenner wollen wir gleich vorziehen, was bei der PC-Version neu ist, bevor wir das Game genauer vorstellen. Absolut bemerkenswert ist schon einmal, dass es keinen sündteuren Hightech-Rechner braucht, um das bildgewaltige Game überhaupt zum Laufen zu kriegen. Das aufgrund hervorragend gewählter Einstellungsmöglichkeiten, die Effektgewitter auf einem Highend-Rechner loslassen, aber auch noch eine ansehnliche Darstellung auf Mittelklasse-Geräten bereitstellen. Als Mindestanforderung nennen die Entwickler einen Intel Core i5-6400 oder AMD Ryzen 5 1500X, 16 Gigabyte (GB) Arbeitsspeicher, 60 GB internen Speicher und eine NVIDIA GeForce GTX 1060 (6 GB) oder AMD Radeon RX 580 (8 GB).

Spieler darf sein PC-Erlebnis beeindruckend anpassen

Beim Spielstart testet "Returnal" gleich mal die PC-Leistung aus und empfiehlt uns einen entsprechenden Grafikmodus, wir dürfen auf Wunsch aber an beeindruckend vielen Einstellungs-Schrauben drehen, um das Erlebnis anzupassen. Hier haben die Climax Studios als Verantwortliche für den Port wirklich an alles gedacht. Neu am PC sind zudem die Unterstützung von 21:9- und 32:9-Weitbild-Formaten. Wer über einen sehr teuren Rechner mit entsprechender Hardware verfügt, darf zudem seine Bildrate per AMD FSR bossten und gleichzeitig das Bild exzellent hochskalieren – ebenso können Nutzer aber auch NVIDIA DLSS, FSR oder NIS zuschalten und "Returnal" auf Ultra-Modus erleben, was ein optisches Spektakel darstellt.

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    Beim Spielstart testet "Returnal" gleich mal die PC-Leistung aus und empfiehlt uns einen entsprechenden Grafikmodus, wir dürfen auf Wunsch aber an beeindruckend ...
    Beim Spielstart testet "Returnal" gleich mal die PC-Leistung aus und empfiehlt uns einen entsprechenden Grafikmodus, wir dürfen auf Wunsch aber an beeindruckend ...
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    Aber keine Sorge, selbst weit schwächere Hardware kommt mit einigen Anpassungen schnell auf die optimalen 60 Bilder pro Sekunde. Wer zudem die superschnellen (beinahe nicht vorhandenen) Ladezeiten erleben will, braucht auch am PC eine SSD. Empfehlen können wir zudem die Nutzung des PS5-DualSense-Controllers, denn sein haptisches Feedback und die dynamischen Trigger-Effekte bringt der Controller auch im Zusammenspiel mit dem PC voll zur Geltung. Wer dennoch lieber auf Tastatur und PC setzt, kann sich die Tastenbelegung umfassend anpassen. Der ausgezeichnete Sound wiederum wird dank Dolby Atmos noch eindrucksvoller. Kurz: Die PC-Portierung ist komplett ohne Makel und sensationell gut geworden.

    Das hat sich in der Zwischenzeit alles getan

    Wer "Returnal" noch als Launch-Version kennt, darf sich dank zahlreichen Updates (die allesamt im PC-Port enthalten sind) über neue Inhalte freuen. So muss man nicht mehr alleine spielen, sondern kann sich einen Koop-Partner suchen und muss zudem einen Spieldurchlauf in "Returnal" nicht mehr am Stück absolvieren, sondern kann nun zwischenspeichern. Auch der neue Endlosmodus, bei dem man sich von Stockwerk zu Stockwerk durch einen Turm voller Bedrohungen kämpft, ist mit an Bord. Die PC-Version ist so klasse ausgefallen wie die Ausgabe für die PlayStation 5 – und bietet für Gamer je nach vorhandener Hardware jede Menge Anpassungsoptionen, wobei der Hardware-Hunger des Ports überraschend gering ist.

    An dieser Stelle wechseln wir wieder zurück und präsentieren euch die inhaltliche Bewertung des Spiels und worum es überhaupt geht. Das oftmals zu Unrecht verschrieene Roguelike spielt mit dem endgültigen Tod des spielbaren Charakters ("Permadeath"), schlägt einen Bogen vom Arcade-Genre für Anfänger zum Hardcore-Genre für Experten und kombiniert geschickt Science-Fiction mit Horror und Psycho-Thriller. Und je länger man spielt, umso klarer wird: Housemarque stützt sich auch im Game auf die Erfahrungen aus ihren arcadigen Shooter-Titeln, ergänzt dies aber nun in "Returnal" mit neuer Technik und bietet ein rund 40 bis 50 Stunden langes Game-Erlebnis, das man so schnell nicht wieder vergisst.

    Sterben, lernen, besser werden – und von vorne

    Die Ausgangssituation – sie bleibt bei jedem neuen Versuch die gleiche – ist im Spiel eine verzwickte: Als Weltraumpilotin Selene stürzt man auf den Planeten Atropos ab. Dort muss man feststellen, dass man in einer Art Zeitschleife gefangen ist. Versucht man, vom Planeten zu entkommen und stirbt dabei, wird man am Ausgangspunkt neu "geboren" – und das Spiel beginnt von vorne, bis man einen Weg gefunden hat, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Klingt frustrierend, und ist es für Nichtkenner des Genres vielleicht auch. Immerhin bedeutet Roguelike: Sterben, lernen, besser werden. 

    Typisch für jeden Durchgang ist auch, dass man den Großteil der im vorangegangenen Durchlauf erbeuteten Waffen und Gegenstände verliert. Übrig bleiben nur wenige Ausnahmen, die man von Spieldurchlauf zu Spieldurchlauf mitnehmen und verbessern kann: einfache Waffen wie Schwert und Pistole, dazu kleine Verbesserungen wie der Schub des Raumanzugs und die freigeschalteten Inventar-Slots. Dazu gibt es kleinere Veränderungen wie etwa tägliche Herausforderungen, die man im abgestürzten Raumschiff aktivieren kann.

    Jedes Mal eine fast ganz neue Welt

    Darauf, dass man im nächsten Anlauf bereits die Fundorte der verlorenen Items bereits kennt, sollte man sich nicht verlassen. Denn "Returnal" verschärft den Roguelike-Aspekt auch noch dadurch, dass die Beute nach dem Zufallsprinzip verteilt wird. Außerdem gibt es die früheren Fundorte meist gar nicht mehr, denn auch wenn die beeindruckend detaillierte Welt mit Hochglanz-Grafik und toller Abwechslung lockt, sieht sie bei jedem Durchgang anders aus. Wo früher ein Berg war, kann nun eine Schlucht zu sehen sein, aus Felsen werden Höhlen, aus Ruinen Türme.

    Bei mehreren Durchgängen ist allerdings erkennbar, dass das Spiel dabei aus einem Pool an Objekten schöpft und nicht alle komplett neu aufbaut. Heißt: Wer eine Schlucht in einem Durchgang entdeckt hat, wird sie in einem der weiteren Durchgänge möglicherweise wiederentdecken. Die Abwechslung ist dennoch riesig und nie entsteht der Eindruck, dass hier nur Bausteine wiederverwertet werden. Stattdessen fühlt es sich jedes Mal wie eine neue Welt – eben mit nur ein paar bekannten Schauplätzen – an, in die man eintaucht, auch wenn man das jeweilige der sechs Biome bereits dutzendfach gespielt hat.

    Technik ist ganz, ganz große Klasse

    Generell ist das Spielwelt-Design ein faszinierendes. Die Macher verstanden es, in jedem Detail eine unglaublich spannende Atmosphäre zu erzeugen. So löst bereits eine harmlos wirkende Pflanze oder ein wehrlos aussehender Wurm Aufregung aus. Könnte Selene die genauere Betrachtung nützen – oder wartet hinter dem unscheinbaren Auftreten gar eine perfide Falle und der sichere Tod? Erkunden will man trotz der Gefahr erst einmal alles, denn nicht nur spielerisch können Flora, Fauna und Co. nützen, vieles zeigt zudem atemberaubende Licht- und Neon-Effekte.

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      Das PlayStation-5-exklusive "Returnal" ist da. Und es wird dem Hype gerecht, denn der Zeitschleifen-Shooter trumpft technisch und inhaltlich groß auf.
      Das PlayStation-5-exklusive "Returnal" ist da. Und es wird dem Hype gerecht, denn der Zeitschleifen-Shooter trumpft technisch und inhaltlich groß auf.
      PlayStation

      So sehr die Spielwelt ins Detail geht, so sehr tut es auch das Drumherum. Die Soundkulisse ist gigantisch geraten und gehört zum Besten, das man je in einem Videospiel erleben durfte. Blätterrascheln, das Pfeifen des Windes, energiegeladene Laser und Plasmakugeln, Regentropfen, alle Geschehnisse wirken, als würden sie rund um den Spieler tanzen, denn nur aus den TV-Lautsprechern zu dringen. Ebenso Klasse: Der DualSense-Controller kommt bei so gut wie jeder Gelegenheit mit neuem Feedback zum Zug. Regen tropft in leichten Vibrationen auf unseren Anzug, Schadenstreffen spürt man umso wuchtiger.

      Schock und Grusel inklusive

      Anders als so gut wie jeder andere Roguelike-Titel verfügt "Returnal" aber auch über eine alle Versuche überspannende Handlung. Nicht nur, dass unsere Heldin einfach eine Aufgabe bekommt und damit alleingelassen wird, in jedem Versuch kommen neue Informationen dazu. Die lesen sich im Bordcomputer als Informationstexte oder sehen sich in den Videosequenzen – die teils auch spielbar sind und in die Ich-Perspektive wechseln, Gruselfaktor inklusive! – anfangs rätselhaft an, bis sie wie ein Puzzle zusammengesetzt werden und man dem Geheimnis des Planeten immer näher kommt.

      Ebenfalls für Gänsehaut sorgen auffindbare Audiologs ebenso wie auffindbare Leichen von – nunja, uns selbst aus früheren Durchgängen. Während Zweiteres immer wieder aufs Neue ein Schock ist, verraten uns die Logbücher, was unsere Heldin zuvor dachte und fühlte, denn neben einigen Standardsätzen der Motivation und Verzweiflung gibt es auch lange Spielpassagen, in denen Selene einfach nur gerne schweigt. Die Sprachausgabe ist übrigens wie so vieles andere hervorragend ausgefallen und bietet eine deutsche Fassung sowohl bei der Sprache als auch Untertiteln.

      Mehr als nur eine Prise "Sekiro"

      Am Ende eines jedes Bioms wartet ein Boss, dessen Überwindung jeweils das nächste Biom freischaltet. Hier zeigt sich "Returnal" ähnlich unnachgiebig wie das Hardcore-Rollenspiel "Sekiro: Shadows Die Twice". Zwar geht es nicht ganz so brutal beinhart zu, doch weder gibt es einen auswählbaren Schwierigkeitsgrad, noch eine Auflevelfunktion. Um "stärker" zu werden, muss Selene den jeweiligen Boss bezwingen. Erst dadurch kann man mit zusätzlichen Boni in das nächste Biom starten. Da sind selbst "Dark Souls" und "Nioh" versöhnlicher, denn da levelt und farmt man, bis man sich gerüstet fühlt.

      Die Kämpfe selbst sind spektakulär ausgefallen – und erinnern trotz Bombast-Effekten und superflüssig sowie detailreich animierten Gegnern an die Bullet-Hell-Games des Studios. Laserstrahlen und Plasmakugeln muss flink ausgewichen werden, Bewegungsmuster von Feinden und Bossen gilt es zu erkennen und immer muss im Blick bleiben, wie man die Flucht antreten kann. Nicht immer ist das allerdings möglich: Gibt es anfangs wenige und vor allem fernkämpfende Gegner, kommen von Biom zu Biom größere, schnellere und gefährliche Feinde hinzu, die dann oft auch in abgeschlossenen Arenen und Gruppen bekämpft werden müssen.

      Absolut perfekte Steuerung

      Einen Hauch von "Nioh" und "No Man's Sky" gibt es auch hier: Gegner und Objekte können gescannt oder im Kampf "kennengelernt" und in einen Katalog aufgenommen werden. So erfährt man einerseits mehr über die Feinde und die Welt, kann aber andererseits auch nach und nach die Alien-Symbole auf Strukturen und Gebäuden entziffern – und so manches Mal sogar einer tödlichen Falle entkommen. Zu entdecken gibt es schließlich an jeder Ecke etwas, vom kleinen Story-Schnipsel bis hin zur fetten Beute. Dabei kommen auch einige eher leichte Umgebungsrätsel wie das Umlegen von Schaltern, aber auch akrobatische Manöver wie der punktgenaue Einsatz der Schubdüsen des Raumanzugs zum Einsatz.

      Perfekt gelöst ist die Steuerung. Sie ist so präzise, dass Selene selbst im wildesten Gefecht im Sprint blitzschnell dashen, eine Salve auf den Feind losfeuern, sich mit den Schubdüsen in die Luft katapultieren und mit dem Greifhaken außer Reichweite schwingen kann, ohne dass man nur einen Augenblick die Kontrolle verliert. Ein Scheitern ist also immer Spieler-gemacht und fair. Toll ist ebenso, dass die wachsende Zahl an Gadgets nicht nur im Kampf Verwendung finden. Mit wachsender Schubleistung erreicht man Plattformen, mit dem Haken gelangt man über Schluchten und das Laserschwert säbelt Sperren durch, was zu immer neuen Bereichen der Spielwelt führt.

      Viel Risiko heißt auch viel Belohnung

      Zentral beim Überlebenskampf sind die Währungseinheiten Obolites, die an Terminals gegen Unterstützungsgegenstände ausgegeben werden können, sowie Beutestücke, die Gesundheit regenerieren und verbessern. Eine Besonderheit stellen Parasiten da, die in der Spielwelt gefunden werden können. Entscheidet man sich dazu, sich mit ihnen zu infizieren, haften sie an Selenes Körper fest. Die Folge: Manche Attribute werden deutlich verstärkt, andere geschwächt oder gleich ganz ausgeschaltet. So kann man sich etwa verstärkt Nah- oder Fernkämpfen widmen, ist aber für das Gegenteil weit anfälliger.

      Klassische Munition gibt es in "Returnal" übrigens nicht. Waffen ballern durchgehen, zumindest so lange, bis sie überhitzen. Passiert das, kann sie ein Button-Puzzle wieder schneller einsatzfähig machen. Gekonnt umgesetzt wurde die unterschiedliche Wirkungsweise der Waffen. So richtet die Pistole wenig Schaden an, zielt dafür aber präzise. Eine Schrotflinte heizt wiederum mehreren Feinden auf kurze Distanz ein, verliert aber mit wachsender Entfernung ihre Effektivität. Ein bisschen wie in den neuen "Doom"-Titeln darf man auch an den Schießeisen schrauben, einen alternativen Feuermodus nutzen oder Modifikationen wie Raketen und Streugeschosse freischalten.

      Eine Sache nervt uns dann aber doch

      Je länger man in Gefechten ungetroffen bleibt, desto mehr Statuseffekte darf Selene selbst übrigens nutzen – und je mehr Gegner besiegt werden, umso stärkere Waffen hält die Spielwelt bereit. Immer natürlich mit dem Risiko, zu sterben und alles zu verlieren. Bei all dem Lob, eine Mechanik erschloss sich uns anfangs nicht ganz. Als Standard-Spieler braucht man gut drei bis fünf Stunden, um ein Biom in einem einzigen Anlauf abschließen zu können. Dabei gab es zum Launch keinerlei Möglichkeit, das Spiel zu speichern. Das hat sich nun mit dem Update auf PS5 und PC geändert – gut so!

      Gut gemacht ist die Online-Anbindung des Einzelspieler-Games. Hologramme anderer, gestorbener Spieler lassen sich abspielen und damit die Gründe für ihren Spieltod finden – was uns vor besonders starken Feinden oder Fallen in der Nähe warnt. Will man ihren Tod rächen, bekommt man dafür etwas Spielwährung und einen besonders starken Feind serviert – oder aber man zahlt etwas an Währung und kann dafür so gar nicht heldenhaft die Leiche des anderen Spielers plündern. Mit der PC-Version und einem PS5-Update darf man nun aber auch im Koop zocken.

      Noch nie war sterben so spannend

      "Returnal" überrascht an allen Ecken und Enden. Die Entwickler von Housemarque haben ihre eigenen Stärken bei Arcade-Shootern noch einmal ausgebaut und sich bei Story, Technik und Steuerung auf Neuland gewagt, das sie gekonnt erobern. Das Game ist ein Hit für jene, die eine harte Herausforderung suchen, die ebenso gewaltig belohnt wie bestraft. Die komplexe Handlung gruselt und gefällt, die Steuerung ist auf den Punkt getroffen und die Grafik sowie das Steuerungs-Feedback sind gewaltig. Die größte Bewunderung verdient "Returnal" aber dafür, dass sich das Konzept um Tod und Wiedergeburt nie abnutzt. Bei jedem Durchgang bleibt man mit neuen Gegnern, Arealen und Items motiviert. Sterben war nie spannender.