Szene

90-jähriger Drogenkurier liebt Lilien & flotte Dreier

Der neue Film von Clint Eastwood (88) ist eine Komödie, die sich als Drama tarnt.

Heute Redaktion
Teilen

Als Schauspieler ist Clint Eastwood am besten, wenn er einen Griesgram mit guter Seele ("Gran Turino", "Million Dollar Baby") oder einen sympathischen alten Knacker mit seelischen Abgründen verkörpert ("Erbarmungslos"). Als Regisseur ist Clint Eastwood am besten, wenn er in einer seiner beiden Paraderollen vor der Kamera steht. Elf Jahre lang war das nicht der Fall, jetzt kommt "The Mule" in die Kinos.

Nett nur auf den ersten Blick

Eastwood spielt Earl Stone, einen Veteran aus dem Koreakrieg und passionierten Taglilienzüchter, der über Handys und das Internet die Nase rümpft, immer einen Scherz auf den Lippen hat, gerne Lokalrunden schmeißt und ungeniert mit jeder Dame flirtet, die ihm über den Weg läuft. Ein netter, lebenslustiger Mann um die 90 eben.

Als er die Hochzeit seines einzigen Kindes (gespielt von Clints Tochter Alison Eastwood) verpasst, um mit seinen Gärtner-Freunden zu schnapseln, lernen wir Earls dunkle Seite kennen. Den sturen Egomanen, der seine Familie vernachlässigt und seiner Ex-Frau das Herz gebrochen hat. Nur Enkelin Ginny (Taissa Farmiga) hält noch zu ihm, doch selbst sie besucht er nur, weil ihm der Gerichtsvollzieher gerade das Haus gepfändet hat.

Der Trailer von "The Mule":

Das perfekte Maultier

Die finanzielle Misere und das Versprechen, Ginny zu unterstützen, lassen ihn ein seltsames Jobangebot annehmen. Earl soll mit seinem alten Truck von Texas nach Illinois fahren, eine Sporttasche im Kofferraum, die es an einem Hotelparkplatz in Chicago abzuliefern gilt. Als der alte Mann bei seiner dritten Tour realisiert, dass die Tasche voller Kokain ist, stört es ihn nicht sonderlich. Immerhin ist die Bezahlung gut.

Drogenkuriere werden in den USA "Mules" (Maultiere) genannt. Werden sie mit dem Stoff von der Polizei erwischt, fassen sie lebenslange Haftstrafen aus. Earl ist dank seines hohen Alters das perfekte Maultier. Weil er in keinster Weise verdächtig erscheint, kann er sogar dem leitenden Ermittler (Bradley Cooper) der DEA am Frühstückstisch der Raststation Beziehungs-Tipps geben, ohne eine Kontrolle fürchten zu müssen.

Der Unsympathler als Held

Klingt witzig? Ist es auch! Im Trailer sah "The Mule" noch nach knallhartem Thriller und bewegendem Drama aus. Der fertige Film überrascht mit einer gehörigen Portion Humor. Wenn Earls hartgesottene Aufpasser die Evergreens mitsummen, die der alte Mann im Auto singt und baff mitansehen, wie sich zwei leicht bekleidete Damen frühmorgens aus dem Hotelzimmer des 90-Jährigen schleichen, kann man sich ein Schmunzeln schwer verkneifen. Als sich dann auch noch Kartell-Boss Laton (Andy Garcia) mit Earl anfreundet, ist der Film endgültig im Komödien-Fach angekommen.

Schließlich zeigen sich die Gangster zwar noch, dass sie nicht immer zum Scherzen aufgelegt sind, doch selbst die grausigsten Momenten haben einen gewissen Schmäh. Der Unsympathler Earl wird dadurch zum Helden, dem man ein Happyend eher wünscht als den Drogenfahndern. Typisch Eastwood eben. Schade, dass er den einen oder anderen Subplot einfach im Sand verlaufen lässt, "The Mule" beweist trotzdem, dass der altgediente Hollywood-Star immer noch brillantes Kino machen kann.

Fazit:

via GIPHY

"The Mule" startet am 1. Februar 2019 in den österreichischen Kinos. Die wahre Geschichte, die dem Film als Inspiration diente, kann man übrigens auf der Website der "New York Times" nachlesen.