Österreich

Richter verurteilt: Kein Anwalt für Angeklagten

Heute Redaktion
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Im April 2009 verurteilte ein Richter in Eisenstadt einen Firmenbesitzer ohne Anwalt. Dafür musste der Richter selbst vor den Kadi, verlor und erhob Einspruch - Jetzt wurde das Urteil in der nächsten Instanz bestätigt.

Der Jurist war im vergangenen November im Wiener Straflandesgericht wegen Amtsmissbrauchs schuldig erkannt und zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt worden. Er hatte gegen einen Handwerker ein sogenanntes Anerkenntnisurteil gefällt, ohne diesem einen anwaltlichen Beistand beizugeben. Der Handwerker hatte von einer Witwe den Auftrag erhalten, auf ihrer Terrasse Granitplatten zu verlegen. Dies erfolgte unfachmännisch - ein Sachverständiger stellte später fest, dass keine Tropfkanten eingebaut und die Platten schlecht verlegt worden waren. Die Witwe klagte auf Schadenersatz, der Richter gab ihr Recht.

Dass der Firmenbesitzer keinen Anwalt zur Seite hatte, störte den burgenländischen Richter nicht, obwohl in landesgerichtlichen Verfahren absolute Anwaltspflicht herrscht. Darüber hinaus brachte er den juristisch nicht bewanderten Handwerker auch noch dazu, auf Rechtsmittel zu verzichten, womit er sich die Urteilsausfertigung und eine schriftliche Begründung ersparte.

Die gegen seine Verurteilung eingebrachte Nichtigkeitsbeschwerde sei "nicht im Recht", belehrte der OGH den streitbaren Richter. Sämtliche Vorbringen seines Anwalts wurden zurückgewiesen. Die Frage, welche Strafe der 58-Jährige für seine Verfehlung erhält, überließ der OGH dem Wiener Oberlandesgericht (OLG). Termin gibt es dafür noch keinen.

"Ich war und bin disziplinär als Richter mit 30 Dienstjahren völlig unbescholten", hielt der burgenländische Richter in einer Stellungnahme fest. Das OLG Graz habe als zuständiges Disziplinargericht vor einigen Monaten amtswegig das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt, mit dem nachgewiesen sei, dass er um Zeitpunkt der Fällung des umstrittenen Anerkenntnisurteils "krankheitshalber dienstunfähig" war. Er trage folglich "keine subjektive Verantwortung für Fehler, die mir allenfalls bei der Arbeit unterlaufen sind, da ich sie nicht wahrnehmen konnte". Das Erstgericht habe das medizinische Gutachten und die Befunde nicht gekannt, kündigte der Richter eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens an, der betonte, er sei infolge krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit über ärztlichen Rat in Pension gegangen.

"Feststellungen in einem Disziplinarverfahren sind bei einem Strafprozess nicht bindend", hielt OGH-Sprecher Frederick Lendl in diesem Zusammenhang grundsätzlich fest. Während des erstinstanzlichen Verfahrens sei die behauptete Zurechnungsunfähigkeit des Richters nicht bekannt gewesen. Im Rechtsmittelverfahren gelte eine Neuerungsverbot, betonte Lendl. Der betroffene Richter könne seine nunmehrige Darstellung, infolge Dienstunfähigkeit für die ihm vorgeworfene Tat nicht verantwortlich zu sein, allenfalls in einem Wiederaufnahme-Antrag geltend machen, der beim Erstgericht einzubringen wäre.

APA/red.