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Rodionov: "Thiem-Hype bringt mir genau nichts"

Jurij Rodionov sorgte in Paris für eine Sensation. Heute kämpft er wie Dominic Thiem um Runde 3. "Heute" sprach mit ihm über Nervenflattern und mehr.  

Martin Huber
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Rodionov: "Es ist super, dass wir so einen Spieler wie Dominic haben."
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PD

"Es war mein größter Sieg. Ich hatte jetzt zwei Tage Zeit, das zu realisieren. Es ist eingesickert und schon ein unfassbares Gefühl, wenn man das erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier schafft", sagt Jurij Rodionov zu "Heute"

"Beim Matchball weiß ich nicht mehr, wie ich Tennis spielen soll"

3:6, 4:6, 7:6 (8/6), 6:4, 10:8 schlug er den zwölf Jahre älteren Jeremy Chardy (FRA) zum Auftakt bei den French Open. Der 21-Jährige holte 0:2-Sätze auf, wehrte einen Matchball in Satz drei ab und verwandelte dann selbst den siebenten (!) Matchball. Eine echte Zitterpartie! "Ich habe drei Mal auf das Match serviert, hatte jedes Mal Matchball. Darum habe ich mir kurz nach dem Spiel auch das Hirn geklopft. Ich wollte damit sagen: ,Wieso war ich so nervös?‘ Es gibt keinen Grund dafür. Ich habe mich da schon gefragt, ob ich nicht ganz bei Trost bin. Beim Matchball weiß ich nicht mehr, wie ich Tennis spielen soll." Er will seine Schlüsse daraus ziehen: "Erfahrung ist alles. Ich bin ja zum Glück noch jung. Ich bin relativ sicher, dass ich noch öfter bei einem Grand-Slam-Hauptbewerb dabei sein werde. Das Erlebte wird mir einen Schub geben."

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    Die Reise in Paris, seinem ersten Grand-Slam-Hauptbewerb überhaupt, ist noch nicht vorbei. Rodionov will heute gegen Norbert Gombos (Svk) den Lauf fortsetzten. "Es geht mir körperlich nach den fünf Sätzen besser als gedacht. Ich bin nicht  steif. Das hätte ich mir schlechter vorgestellt. Der Adduktor zwickt ein bisschen, aber ich bin voll bereit für das Match. Ich will noch mehr."

    "Am Platz bin ich giftig, privat relaxt"

    Rodionov wurde in Nürnberg geboren, mit zwei Jahren kam er nach Matzen im Weinviertel. Seine Eltern stammen aus Weißrussland. "Ich habe mich nie als Ausländer gesehen", sagte er "Heute" einmal und fiebert immer schon mit dem rot-weiß-roten Fußball-Nationalteam. Der Linkshänder ist ein Kämpfer mit einer guten Rückhand. "Am besten bin ich im Kopf. Ich weiß eigentlich, was ich zu tun habe, wenn es eng wird. Ich bin nicht schizophren, habe aber zwei Persönlichkeiten: Am Platz bin ich giftig, privat ziemlich relaxt."

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      Mit 19 Jahren war er in der Weltrangliste besser klassiert als Dominic Thiem in diesem Alter. Nach einer Durststrecke heuerte er im Winter bei Wolfgang Thiem an. Der verpflichtete Javier Frana als Touring-Coach. Rodionov spielt im Frühjahr groß auf, verbessert sich in der Weltrangliste bis auf Platz 168, dann kommt Corona dazwischen. Heißt: Training in Alt Erlaa mit Dominic Thiem, Dennis Novak, Sebastian Ofner oder Lucas Miedler. "Es taugt mir, das ist richtig gut aufgezogen", sagt er. "Für mich ist es die beste Adresse in Österreich und sogar in Mitteleuropa."

      Der Thiem-Hype und die Folgen

      Dass Dominic die US Open gewonnen hat, sei für Österreich "eine großartige Sache". "Es ist super, dass wir so einen Spieler haben." Nachsatz: "Am Platz bringt mir der Hype um Dominic aber genau nichts. Ich spiele deshalb nicht besser."

      Am Platz wird es auch heute speziell – nass, kühl, windig. Das sind die French Open 2020 und werden sie laut Wetterbericht bis zum Finalwochenende bleiben. "Es sind Bedingungen für Kämpfer", sagt Rodionov. "Das bin ich. Sonst hätte ich Runde eins niemals überstanden. Ich wundere mich selbst über mich, dass ich immer weiter gekämpft habe. Es wird der Erfolg haben, der sich am besten auf diese Bedingungen einstellt."

      Und generell auf die "Bubble" der French Open. "Das stört mich nicht. Wir dürfen uns auf der Anlage frei bewegen. Im Hotel müssen wir meistens im Zimmer sein. Es gibt Schlimmeres."