Szene

Grandiose Musik und eine Spitze gegen Kanzler Kurz

Der ehemalige Pink Floyd-Bassist spielte die größten Hits der Bandgeschichte. Zwischendurch wurde es auch politisch.

Heute Redaktion
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Dass Konzerte von Roger Waters neben der spektakulären Musik von Pink Floyd auch optisch sehr viel zu bieten haben, ist kein großes Geheimnis. Schon seine letzte Tour, bei der er das Album "The Wall" in ganzer Länge auf die Bühne brachte, sorgte für offene Münder unter den Hunderttausenden Konzertbesuchern, die eine der 219 Shows besucht haben.

Mit der aktuellen Tour, benannt nach einem Song des Albums "The Dark Side Of The Moon", zieht der 74-jährige Musiker nun schon seit rund einem Jahr um den Globus. Am Mittwoch machte er mit der Show in der restlos ausverkauften Wiener Stadthalle Station.

Sphärischer Klangteppich

Mit etwas Verspätung startete das Spektakel rund 20 Minuten nach acht Uhr abends. Als die Lichter im Saal ausgingen, wurde es im komplett auf Sitzplätze verbannten Publikum laut. In seinem klassischen Bühnenoutfit (schwarzes T-Shirt, schwarze Jeans) bekleidet und den ebenfalls schwarzen Fender Precission Bass mit hellem Hals umgeschnallt stieß er die Fans mit den ersten Tönen in den sphärischen Klangteppich, in dem sie sich die nächsten zweieinhalbstunden kuschelig warm verlieren konnten.

Mit "Breathe", "Time" sowie "The Great Gig in the Sky" packte er gleich zu Beginn ein paar Klassiker vom Pink Floyd-Album "The Dark Side Of The Moon" aus. Unterstützt von einer grandiosen Backup-Band und zwei Sängerinnen (Jess Wolfe und Holly Laessig von der Band Lucious) wurde das musikalische wertvolle Material eindrucksvoll dargeboten. Die 360-Grad-Surround-Tonanlage erzeugte in der sonst eher nicht für ihre Akustik bekannten Stadthalle einen großartigen Sound, der nichts zu wünschen übrig ließ. Optisch aufgewertet wurde der erste Teil des Abends durch eine fußballfeldgroße LED-Wand, auf der zu den jeweils gespielten Nummern passende Visuals gezeigt wurden.

Neues Material kommt gut an

Nach "Welcome To The Machine" präsentierte Waters mit "Déjà Vu", "The Last Refugee" und "Picture That" drei Songs von seinem im Jahr 2017 erschienen Album "Is This The Life We Really Want?". Obwohl noch nicht, wie so manch andere Nummer aus der Feder des Interpreten, im Musikolymp angekommen, wurden die Lieder dennoch warmherzig vom Wiener Publikum aufgenommen. Schließlich fügten sie sich passend ins musikalische Konzept des Abends.

Der wurde mit dem Gänsehaut-Song "Wish you Were Here" fortgesetzt. Obwohl der Titel eine magische Ausstrahlung besitzt, die seinesgleichen sucht, hat man ihn schon einmal besser gehört. Nicht falsch verstehen, das ist Jammern auf Mount Everest-Niveau, denn er war trotzdem großartig.

Dramatisch wurde es dann bei "Another Brick In The Wall, Pt.2". Zu den martialischen Klängen des Welthits marschierten zahlreiche Kinder in orangefarbenen Gefängnisoveralls und schwarzen Kapuzen am Kopf auf die Bühne. Die allesamt aus Wien stammenden Protagonisten unterstützen Waters bei dem Protestsong gegen ein strenges Schulsystem. Mit diesem Höhenpunkt und der Botschaft des Wiederstandes wurde die Stadthalle in eine zwanzigminütige Pause geschickt.

Politisch hochbrisante Pause

Während der Unterbrechung prangerte das Wort "Resist" in großen roten Buchstaben auf der Leinwand und forderte die Fans dazu auf, unter anderem Mark Zuckerberg, Rassismus, Antisemitismus, der Regierung Israels, dem aufkeimenden Neo-Faschismus (hier wurde unter Applaus im Saal auch Bundeskanzler Sebastian Kurz namentlich genannt) und zahlreichen anderen Dingen zu widerstehen. Neben seiner Musik ist Waters auch politisch sehr aktiv und wird nicht müde, die Regierung Israels zu kritisieren und andere Künstler zum Boykott Israels zu animieren.

Nach der Pause kam ein weiteres optisches Element zum Einsatz. Über die ganze Länge der Halle wurde eine weitere Leinwand von der Decke ausgerollt, sodass die Leute, die längsseitig saßen, ihre Hälse nicht mehr verrenken mussten, um etwas sehen zu können.

Beim zweiten Song "Pigs (Three Different Ones)" kam das gleich extrem eindrucksvoll zur Geltung. Obwohl er aus dem Jahr 1977 vom Pink Floyd-Album "Animals" stammt, könnte man meinen, er wäre extra für US-Präsident Donald Trump geschrieben worden. Auf den LED-Wänden wurde Trump in allen möglichen und unmöglichen Posen mit Make-up, in Reizwäsche, mit Hängebrüsten und einem kleinen Penis dargestellt. Dazu ließ man ein riesigen, aufblasbares Schwein durch die Halle fliegen, ehe am Schluss der deutsche Satz "Trump ist ein Schwein" in drei Meter hohen Buchstaben über die Leinwand flimmerte.

Nach "Money" folgte mit "Us and Them" der emotional positive Höhepunkt des Abends. Zu den Klängen der verträumt schönen Nummer wurden auf den Leinwänden Bilder und Videos von Flüchtlingen, verarmten Menschen sowie friedlichen Protestaktionen aus der ganzen Welt gezeigt. Gänsehaut-Garantie in Verbindung mit der Musik.

Am Ende des regulären Sets zauberte das Special Effects-Team von Waters noch eine Laser-Pyramide in die Stadthalle, durch die dank High-Tech-Scheinwerfern zu den Klängen von "Eclipse" das gebrochene Farbenspektrum floß. Das Cover von "The Dark Side Of The Moon" erwachte eindrucksvoll zum Leben.

Worte zum Nahost-Konflikt

Hatte er sich zuvor höflich mit Ansagen und verbalem Kontakt mit dem Publikum zurückgehalten, so war es im dann doch ein Anliegen, ein paar Worte zu sprechen. Die Palästinenser werden von Waters schon lange unterstützt und wie schon oben erwähnt lässt der Musiker kaum eine Gelegenheit aus, der Welt ihr Leid zu Klagen und gleichzeitig das Verhalten Israels auf das schärfste zu verurteilen. Für seine kurze Rede zu dem momentan wieder aktuellen Nahost-Konflikt gab es Applaus, für den sich der streitbare Brite herzlich bedankte.

Mit den zwei Welt-Nummern "Mother" und "Comfortably Numb" schickt der 74-jährige Waters seine komplett begeisterten Fans danach in die kühle Mainacht.

Setlist "Us + Them" in Wien

Speak to Me

Breathe

One of These Days

Time

Breathe (Reprise)

The Great Gig in the Sky

Welcome to the Machine

Déjà Vu

The Last Refugee

Picture That

Wish You Were Here

The Happiest Days of Our Lives

Another Brick in the Wall (Pt. 2)

Another Brick in the Wall (Pt. 3)

20 Minuten PAUSE

Dogs

Pigs

Money

Us and Them

Smell the Roses

Brain Damage

Eclipse

Zugaben

Mother

Comfortably Numb