Österreich

SP-Stoppschild für türkis-blaues "Wien-Bashing"

Heute Redaktion
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Mit einer Leistungsbilanz zum Thema "Zusammen sind wir Wien" stellte sich die Wiener Landesregierung gegen die "Kampagne des Bundes" gegen Wien auf.

Im Gänsemarsch und mit viel Entschlossenheit traten am Montagvormittag die sieben SPÖ-Mitglieder der Wiener Landesregierung im Rathaus ans Rednerpult, um ein "starkes Zeichen" gegen die jüngsten Angriffe der Bundesregierung zu setzen.

"Täglich, fast stündlich erfolgen Angriffe auf Wien, und das nicht auf die Stadtregierung, sondern direkt auf die Bevölkerung. Das kann ich nicht so stehen lassen"

Bürgermeister Michael Ludwig

Vehementer Auftritt gegen "Kampagne gegen Wien"

"Was wir derzeit erleben, sind nicht Einzeläußerungen, sondern eine starke Kampagne gegen Wien. Täglich, fast stündlich erfolgen Angriffe auf Wien, und das nicht auf die Stadtregierung, sondern direkt auf die Bevölkerung. Das kann ich nicht so stehen lassen, sondern werde vehement dagegen auftreten", betonte Bürgermeister Michael Ludwig.

"Das gibt es in keinem anderen Land der Welt, dass die eigene Hauptstadt so massiv attackiert wird und die Bewohner schlecht geredet werden", unterstrich auch Umweltstadträtin Ulli Sima.

Ludwig fordert Gleichberechtigung Wiens

Kritik übte der Bürgermeister, dass Wien in die Entscheidungen der Bundesregierung nicht einbezogen werde. "Wir wollen nicht besser behandelt werden als andere Bundesländer, sondern wir wollen gleichbehandelt werden. Ich erwarte mir, dass wenn es Herausforderungen gibt, wir mit der Bundesregierung auf Augenhöhe Gespräche führen".

Leistungsschau und Ausblicke auf 2019

In der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz konterten Ludwig und die sechs SP-Stadträte mit einer Leistungsbilanz den jüngsten Vorwürfen und stellten einige Schwerpunkte für das heurige Jahr vor. Wien sei die Stadt des sozialen Zusammenhangs und die SPÖ Wien die Stadtpartei, die sich um die Wienerinnen und Wiener und um die Stadt kümmere, betonte der Stadtchef. "Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt, dieser Status wurde durch den Fleiß der Wiener und die richtigen politischen Rahmenbedingungen ermöglicht", unterstrich Ludwig.

Die Wiener SPÖ-Regierung will gegen den Bund Muskel zeigen. Stadtchef Ludwig testet schon mal die Muckis von Kulturstadträtin Kaup-Hasler.

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(Bild: Denise Auer)

Mehr leistbare Wohnungen und 5. Frauenhaus

Um das zu untermauern, präsentierte jeder der sechs SPÖ-Stadträte eine Leistungsschau aus ihrem jeweiligen Ressort. Erwartungsgemäß fiel die "rote Bilanz für die roten Stadträte" positiv aus.

Wohnbaustadt- und Frauenstadträtin Kathrin Gaal verwies auf die neue Widmungskategorie "geförderter Wohnbau" und die Wohnbauoffensive mit der Stadt mehr leistbaren Wohnraum schaffen will. Bis 2020 kündigt Gaal rund 14.000 neue geförderte Wohnungen an. Zudem werde die Stadt ein 5. Frauenhaus errichten, das von Gewalt betroffenen Frauen rasch und unbürokratisch Hilfe bietet. Ab 2022 soll es in Wien 225 Plätze geben.

Ausbau städtischer Infrastruktur und neue Bimlinien

Umwelt- und Öffistadträtin kündigte Investitionen von 530 Mio. Euro an, die in die unterirdischen Netze für Wasser, Strom oder Fernwärme fließen sollen. Eine Privatisierung der städtischen Infrastruktur werde es mit der SPÖ nicht geben, betonte Sima.

Noch heuer sollen auch die Öffis weiter ausgebaut werden. "Ab Schulbeginn wird etwa die neue Bimlinie 11 die Bezirke Favoriten und Simmering verbinden", so Sima. Zudem werde die Linie D verlängert und die Linie O künftig bis zum Nordbahnhof geführt.

Auch die E-Mobilität soll gestärkt werden. Noch heuer werden in Wien und Umland 550 neue E-Ladestellen errichtet, bis Ende 2019 sollen es dann 1.500 sein. Im Kampf gegen den Klimawandel kündigte Sima die Neuerrichtung, Erweiterung und Sanierung von insgesamt 148.000 Quadratmeter Grünflächen an.

Beste Gesundheitsversorgung für alle, Kritik an Mindestsicherung bleibt

"Spitzenmedizin gibt es fast überall auf der Welt. Der entscheidende Unterschied ist, dass diese in Wien nicht abhängig vom Geldbörsl ist", stellte Gesundheits- und Sozialstadtrat Peter Hacker fest. Als drei wesentliche Schwerpunkte nannte er die Armutsbekämpfung, die "beste Gesundheitsversorgung für alle" und Pflege- und Betreuungsangebote für Senioren und Menschen mit Behinderung.

Hacker erneuerte seine Kritik an der vom Bund vorgeschlagenen Mindestsicherung: "Wenn zu einem Gesetz 140 Stellungnahmen eingehen und davon 137 voll mit Kritik und Verbesserungsvorschlägen sind, so ist dieses Gesetz nicht fertig. Als Stadtregierung werden wir sicher nicht zusehen, wie 40.000 Kinder in Armut geschickt werden", so Hacker.

Wie der Stadtrat informierte, stehe er im "fast täglichen Kontakt" mit den Soziallandesräten der anderen Bundesländer. Ende Februar könnte es zu einen gemeinsamen Termin mit Ministerin Hartinger-Klein zum Thema Mindestsicherung geben.

Kultur in Wien als "good news factory"

"Kultur, Wissenschaft und Kunst gehören zur DNA der Stadt Wien", betonte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler. Die Kultur in Wien sei eine "good news factory", aber auch wenn die Zufriedenheit sehr hoch sei, müsse konsequent an der Weiterentwicklung des Angebots gearbeitet werden. In diesem Zusammenhang kündigte Kaup-Hasler neue Bezirksinitiativen an.

Bildungsstadtrat will Kindern "Paläste" bauen

Jugend- und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky begann seine Ausführungen mit einem Zitat des sozialpolitsch tätigen Medizinier und Anatoms Julius Tandler. Dieser schrieb "Wer Kindern Paläste baut, reißt Kerkermauern nieder", für Czernohorszky laut eigener Aussage eine "Handlungsanleitung".

Noch heuer investiere die Stadt rund 170 Mio. Euro in die Errichtung von 100 neuen Klassen in ganz Wien. Zudem seien für das Jahr 2019 auch zahlreiche neue Schulbauten und Schulsanierungen um 570 Millionen Euro sowie ein Ausbau der Kindergartenplätze geplant, im September soll Wiens siebenter Bildungscampus in der Berresgasse (Donaustadt) in Betrieb gehen.

Wiener Finanzen im Zeichen von Sparsamkeit und Effizienz

Die Stadt auf die Herauforderungen der Zukunft vorzubereiten und aufzustellen, fällt zu großen Teilen in die Verantwortung von Wirtschafts- und Finanzstadtrat Peter Hanke. Um eine stabile Entwicklung sicherzustellen, will Hanke vor allem auf die drei Themen Arbeitsmarkt, Digitalisierung und stabile Finanzen setzen.

"Wir haben unsere Pläne für 2018 bereits, so sind 19.500 neue Jobs in Wien entstanden. 2019 erreichen wir eine Halbierung der Neuverschuldung, kommendes Jahr dann das Nulldefizit", zeichnete Hanke vor. Noch im Jänner will der Stadtrat ein millionenschweres Arbeitsmarktpaket und das neue Jahresprogramm des Wiener ArbeitnehmerInnen Fonds (waff), beide mit Schwerpunkt Digitalisierung präsentieren.

Opposition sieht "Lobeshymne auf sich selbst"

"Die SPÖ hat heute eine reine Lobeshymne auf sich selbst gehalten und in ihrer Leistungsschau durch die rosarote Brille kaum kritische Zukunftsszenarien für diese Stadt in Erwägung gezogen", kommentierte Neos Wien Klubobmann Christoph Wiederkehr die heutige Pressekonferenz der Stadtregierung.

Ähnliche Worte fand der nicht amtsführende Stadtrat der VP Wien Markus Wölbitsch: "Wien braucht eine Stadtregierung, die für die Wienerinnen und Wiener arbeitet und keinen Pseudo-Aktionismus der SPÖ. Wien ist eine großartige Stadt mit großartigen Menschen, allerdings wird die Stadt seit vielen Jahren unter Wert regiert".

Kritik übte auch der Parteichef der Wiener FPÖ Johann Gudenus: "Ludwig macht mit billiger Polemik Politik und lenkt von den wahren Problemen ab. Hätte die SPÖ in Wien heute wirklich eine Leistungsbilanz gezogen und dabei nicht die Realität ausgespart, hätte diese wohl ganz anders ausgehen, als von Bürgermeister Ludwig und seinem Team dargestellt", so Gudenus.

(lok)