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Rundumschlag der Grünen zu Korruption im Nationalrat

Heute Redaktion
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Die Grünen machten am Dienstag ihr Wahlkampfthema Korruption zum Gegenstand einer Sondersitzung des Nationalrates. Unter dem Titel "Neubeginn ohne Korruption: Aufklärung, politische Verantwortung und Geld zurück" stellten sie an Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) 31 Fragen zum Ermittlungsstand in möglichen Korruptionsfällen - garniert mit scharfen Angriffen vor allem auf die ÖVP und auch die SPÖ.

Die Grünen machten am Dienstag ihr Wahlkampfthema Korruption zum Gegenstand einer Sondersitzung des Nationalrates. Unter dem Titel "Neubeginn ohne Korruption: Aufklärung, politische Verantwortung und Geld zurück" stellten sie an Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) 31 Fragen zum Ermittlungsstand in möglichen Korruptionsfällen - garniert mit scharfen Angriffen vor allem auf die ÖVP und auch die SPÖ.

Zum Auftakt der Sondersitzung gab es allerdings einhellige Genesungswünsche für die schwer erkrankte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer . Der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer (ÖVP), der sie vertrat, wünschte "unserer Präsidentin" in aller Namen "alles Gute für die baldige und dauerhafte Genesung" - unterstrichen vom Applaus aller Fraktionen. In ihrer - von Peter Pilz und Gabi Moser erstunterzeichneten - Dringlichen sprechen die Grünen von einem "System der organisierten Korruption" - und erinnern an den Untersuchungsausschuss, den SPÖ und ÖVP vor einem Jahr "abgewürgt" hätten, weil sie "noch viel zu verbergen hatten".

Scharfe Attacken auf die ÖVP

Besonders scharf greifen sie die ÖVP an: In dem von "News" veröffentlichten Sachverständigengutachten sehen sie "dichte Indizien" dafür, dass über die Mediaagentur Mediaselect "ein ganzes System der illegalen Parteienfinanzierung zu Gunsten der ÖVP eingerichtet" worden sei - und zwar "weit über die nun bekannten Einzelfälle (Telekom, Lotterien, Raiffeisen) hinausgehend" und nicht nur in der Vergangenheit. In einem als "ÖVP-Konto" bezeichneten Dateiordner befänden sich laut dem Gutachten Unterordner für 2010, 2011 und 2012. Es stelle sich also die Frage, ob das "System der illegalen Parteienfinanzierung" auch unter dem jetzigen ÖVP-Chef Michael Spindelegger aufrechterhalten wurde.

"Ob und wie man den ÖVP-Klub kaufen kann"

Angesichts der Zahlung der Lotterien an die Mediaselect in Höhe von 72.960 Euro 2006 "in auffällig engem zeitlichem Zusammenhang" mit der gescheiterten Lockerung des Glücksspielmonopols stellen die Grünen "die Frage, ob und wie man den Parlamentsklub der ÖVP kaufen kann - und wie viel er kostet" - unter Hinweis darauf, dass Klubobmann Karlheinz Kopf und Abg. Günter Stummvoll erfolgreich zugunsten der Lotterien interveniert hätten.

"SPÖ-Spitzenkandidat Gusenbauer im Basar"

Etwas weniger drastisch fallen die Vorwürfe an die SPÖ - wegen der Telekom-Gelder über Peter Hocheggers Valora an die SP-nahe Echo-Werbeangentur - aus. Unter Berufung auf eine im Gutachten zitierte Aussage Hocheggers steht in der Dringlichen: "Gusenbauer stand also als SPÖ-Spitzenkandidat im Basar seines Teppichfreundes Rahimi und ließ sich dort vortragen, wie die Telekom seiner Partei über Valora Gelder verdeckt zuschob. Gusenbauers Partei schwieg und kassierte - und die Telekom durfte auf das Wohlwollen des späteren Kanzlers hoffen." Und die Grünen stellen den Verdacht in den Raum, dass es eine den "Unregelmäßigkeiten bei Mediaselect und ÖVP" analoge Vorgehensweise auch bei der Agentur Omnimedia - die die selben Eigentümer hat wie die Mediaselect - und der SPÖ geben könnte.

Nicht nur ÖVP und SPÖ, sondern auch FPÖ, BZÖ und Team Stronach kommen vor - auf insgesamt acht Seiten, auf denen die Grünen sonstige "mutmaßliche Korruptionsfälle mit Verdacht auf illegale Parteien- bzw. Politikerfinanzierung" auflisten: Die Telekomzahlungen, die Finanzierung der ÖAAB-Zeitung "Freiheit", die "Inseratenaffäre", die Causen BUWOG, Eurofighter, Stadterweiterungsfonds, ÖBB-Immobiliengeschäfte oder auch das "System Kärnten" und LH Jörg Haider.

Justizministerin Karl gab Auskunft

Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) geht davon aus, dass die Ermittlungen im "Stammverfahren" der Telekom-Affäre im Herbst abgeschlossen werden können. Das sagte die Ministerin in ihrer Beantwortung der Dringlichen Anfrage der Grünen im Nationalrat. Allerdings ist noch eine Reihe von "Vorhabensberichten" offen. Auch das weitere Vorgehen in der Inseratenaffäre von Kanzler Werner Faymann ist noch unklar. Details aus den Ermittlungen nannte Karl großteils anonymisiert.

Den von den Grünen erhobenen Vorwurf der Vertuschung wies Karl zurück: "Sie werden keinen einzigen Anhaltspunkt dafür finden, dass ich oder meine Mitarbeiter in irgendeinem Stadium auf die Ermittlungen Einfluss genommen haben." Im Gegenteil: Seit ihrem Amtsantritt verfolge sie die Linie, dass in Korruptionsfällen ohne Ansehen der Person ermittelt und geurteilt werden müsse.

Keine Angaben zu Faymann-Verfahren

Noch nicht abgeschlossen sind laut Karl auch die Ermittlungen im Buwog-Skandal, die gemäß früheren Informationen u.a. gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser, die Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger sowie den Immobilienmakler Ernst Karl Plech geführt werden. Hier werde es in den kommenden Wochen eine "abschließende Vernehmungsrunde" insbesondere mit den Beschuldigten geben, sagte Karl. Offen ist laut Karl aber noch das Rechtshilfeverfahren betreffend Schweizer Kontounterlagen.

Abgeschlossen sind die Ermittlungen in der Inseratenaffäre rund um Kanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ). Medial wurde wiederholt über die bevorstehende Einstellung des Verfahrens spekuliert. Karl ließ diesbezüglich aber nichts durchblicken. Sie sagte lediglich, dass der "Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien über die Beendigung des Verfahrens" im Ministerium geprüft wird ("beendigt" werden könnte das Verfahren theoretisch sowohl durch Einstellung als auch Anklage, Anm.). Abgeschlossen sind laut Karl auch die Ermittlungen über die Inseratenschaltungen des Landwirtschaftsministeriums. Auch hier nannte Karl inhaltlich keine Details. Ebenfalls ermittelt wird im Zusammenhang mit der harschen Rechnungshofkritik am Stadterweiterungsfonds des Innenministeriums.

Karl regte mit "Kanzlerwechsel"-Button auf  

Den Unmut des Grünen Erstredners Peter Pilz zugezogen hat sich Karl, weil sie mit einem ÖVP-Button mit der Aufschrift "Kanzlerwechsel" ins Parlament gekommen war. Er forderte sie auf, derlei auf der Regierungsbank nicht zu tragen und zog dann gegen alle anderen Parteien vom Leder. Die ÖVP habe ein "System der organisierten politischen Korruption" entwickelt und gehöre mittlerweile nicht mehr den Wählern, sondern den zahlenden Firmen. Aber auch SPÖ, FPÖ und BZÖ hätten Gelder zurückzuzahlen, meinte Pilz: "Deshalb ist es wichtig, dass der Zahltag diesmal vor dem Wahltag kommt."

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