Ukraine

Russen knallhart – "wer nicht kämpft, wird hingerichtet"

Die Russen-Truppen erleiden massive Verluste, es fehlt an Nachschub. Jetzt zeigt ein Video, wie ein Freund Putins im Gefängnis Soldaten rekrutiert.

Weil es an Nachschub an Soldaten mangelt, rekrutiert Russland jetzt in Gefängnissen neues Personal.
Weil es an Nachschub an Soldaten mangelt, rekrutiert Russland jetzt in Gefängnissen neues Personal.
Telegram/WtschK-OGPU

Nachdem die russische Invasion der Ukraine schon von Beginn an schleppender verlief als vom Kreml angenommen, haben die russischen Truppen in den letzten Tagen Tausende Quadratkilometer an Gebiet wieder an die ukrainische Gegenoffensive verloren. Bei ihrer überstürzten Flucht ließen Putins Soldaten massenhaft Fahrzeuge, Waffen und anderes Kriegsmaterial zurück.

Und auch beim Nachschub der Truppen scheint Russland massive Probleme zu haben. Das Pentagon schätzte zuletzt, dass im Krieg bereits 80.000 russische Soldaten verwundet oder getötet wurden. Jetzt greift der Kreml offenbar zu drastischen Mitteln, wie ein Video aus einem russischen Gefängnis nun zeigen soll. Die Aufnahmen entstanden laut dem "Institute for the Study of War" am 14. September und wurden auf dem Telegram-Kanal WtschK-OGPU veröffentlicht, wie "Watson" schreibt.

"Putins Koch" spricht vor Häftlingen

Darin ist Jewgeni Prigoschin zu sehen, der zu einer großen Gruppe Häftlinge spricht. Prigoschin ist ein Unternehmer, der sein Geld im Gastronomiesektor machte und als enger Vertrauter des russischen Präsidenten gilt – so ist er auch als "Putins Koch" oder "Koch des Kreml" bekannt.

1/20
Gehe zur Galerie
    Immer wieder gibt es Gerüchte über schwere Erkrankungen von Wladimir Putin. Nun heißt es, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleiben würde.
    Immer wieder gibt es Gerüchte über schwere Erkrankungen von Wladimir Putin. Nun heißt es, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleiben würde.
    via REUTERS

    Nebst seiner gastronomischen Ader gilt Prigoschin vor allem als Sprachrohr des Kreml und Financier der berüchtigten Söldnergruppe Wagner, die in Butscha Hunderte Zivilisten getötet haben soll. Im Video macht er den Häftlingen in der Stadt Joschkar-Ola ein simples Angebot: Kämpfe in der Ukraine an unserer Seite und du kommst frei, sofern du es überlebst.

    "Wer nicht kämpft, wird hingerichtet"

    "Niemand muss zurück hinter Gitter. Nach sechs Monaten Dienst sind Sie frei – sollten Sie aber in der Ukraine ankommen und sich entscheiden, nicht zu kämpfen, werden Sie hingerichtet", sagt Prigoschin zu den Insassen in schwarzen Overalls. Laut der Zeitung "Insider", die das Video übersetzt hat, sei der Wagner-Financier "nur auf der Suche nach Sturmtruppen". Die, die vorwärtsgehen würden, würden überleben, jene, die sich zurückziehen, würden hingegen vernichtet. Die Rahmenbedingungen sind breit gefasst – 30 bis 50 Jahre alt sollen die Freiwilligen sein, doch mit entsprechender Fitness und Einwilligung der Familie können auch Ältere und Jüngere für ihre persönliche Freiheit in den Krieg ziehen. Auch Sexualstraftäter werden mit offenen Armen empfangen, denn "Fehler können passieren", so Prigoschin.

    Laut dem "Koch des Kreml" würden seit Anfang Juni bereits Häftlinge für den Kreml in der Ukraine im Einsatz stehen. Bei einem ersten Angriff hätten 40 Häftlinge ihre Gegner "mit Messern aufgeschlitzt". Drei starben, den Tod eines 52-Jährigen, der die letzten 30 Jahre hinter Gitter verbracht hatte, beschrieb Prigoschin als "heldenhaft".

    Taktik wie zu Stalins Zeiten

    Wie die teils von den Russen eingesetzten Waffensysteme oder Ausrüstung der Soldaten erinnert auch diese Rekrutierungstaktik an die Sowjet-Zeit. Als der kommunistische Staatenbund unter der eisernen Herrschaft von Josef Stalin stand, wurde Insassen in den berüchtigten Lagern des Gulag-Systems angeboten, für ihre Freiheit im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen. Auch der Umstand, dass mit dieser Maßnahme teils Jahrzehnte von der Gesellschaft abgeschottete und nicht ausgebildete Personen für die Ziele des Kreml kämpfen und sterben, ist offenbar gleich geblieben.

    Laut dem "Institute for the Study of War" soll Jewgeni Prigoschin beim russischen Militär zunehmend eine wichtigere Rolle einnehmen, der Kreml will ihn demnach zum Gesicht der "militärischen Spezialoperation", wie der Krieg von der russischen Seite weiterhin bezeichnet wird, machen. Denn laut lautstarken und einflussreichen russischen Militärbloggern sei das Debakel bei Charkiw dem amtierenden Verteidigungsminister Schoigu zuzuschreiben – sie fordern nun, dass dieser mit Prigoschin ersetzt wird.