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Russische S-400 Raketen in der Türkei eingetroffen

Kremlchef Putin freut sich, US-Präsident Trump wird toben: Die ersten russischen S-400-Raketen sind in der Türkei angekommen.

Heute Redaktion
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Die russischen Rüstungsindustrie reibt sich die Hände, Kremlchef Putin darf sich freuen: Die Lieferung eines ersten Teils der S-400 Luftabwehrraketen an die Murted-Luftwaffenbasis in Ankara "hat begonnen", gab das türkische Verteidigungsministerium am Freitag in einer Erklärung bekannt. Weitere Bestandteile sollen in den kommenden Tagen eintreffen. Der türkische Präsident Rcep Tayyip Erdogan hatte die Raketen bei Putin bestellt.

Damit steuert aber ein scharfer Konflikt zwischen Erdogan und den USA auf seinen Höhepunkt zu. US-Präsident Donald Trump ist bereits auf 180. Er wettert gegen den Kauf und den Einsatz des russischen Systems im NATO-Luftraum und droht mit Sanktionen.

US-Angst vor Spionage

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Trump befürchtet unter anderem, dass Russland über die empfindlichen Radare der S-400 an Daten über die neuen US-Tarnkappenflugzeuge F-35 gelangt. Die Türkei ist aber an der Produktion der F-35 beteiligt und soll um die 100 Jets bekommen. Die USA drohen nun damit, die Türkei trotz bereits erfolgter Zahlungen von mehr als einer Milliarde Dollar Ende Juli aus dem F-35-Programm zu werfen.

Außerdem könnten Sanktionen unter dem amerikanischen CAATSA-Gesetz („Countering America's Adversaries through Sanctions") auf die Türkei zukommen. Das zielt auf Geschäfte mit dem russischen Rüstungssektor ab und beinhaltet zum Beispiel Verbote zu Immobilientransaktionen und Visa-Einschränkungen.

Sanktionen schmerzen

US-Sanktionen können den Türken weh tun: Im vergangenen Jahr hatten US-Strafmaßnahmen wegen des in der Türkei festgehaltenen amerikanischen Pastors Andrew Brunson die türkische Wirtschaft und Währung schwer geschädigt. Brunson war im Oktober 2016 wegen Spionage- und Terrorvorwürfen in türkische Untersuchungshaft genommen worden. Der Pastor kam erst im Oktober 2018 wieder frei.

In der Türkei besteht deshalb zu Recht die Sorge, dass eine Verhängung von US-Sanktionen die ohnehin angeschlagene türkische Wirtschaft hart treffen würde. In den USA und Europa wird der Kauf der russischen Raketen als weiterer Schritt hin zur Abwendung der Türkei von ihren westlichen Partnern gesehen.

Die Türkei ist seit 1952 Nato-Mitglied, besitzt aber bis heute kein eigenes Raketenabwehrsystem. Immer wieder war Ankara daher auf Hilfe von außen angewiesen. So schützte etwa von 2012 bis Anfang 2016 die deutsche Bundeswehr mit ihrem US-Raketenabwehrsystem "Patriot" die Türkei vor möglichen Raketenangriffen aus Syrien.

Was kann die S-400?

Der Vorteil von S-400 gegenüber dem amerikanischen Konkurrenzsystem Patriot ist, dass es in kürzerer Zeit (5 min) einsatzbereit ist und eine größere Reichweite von 400 km besitzt. Außerdem kann die S-400 Ziele in der Höhe von einigen Metern bis 60 km abschießen und vier verschiedene Raketen mit unterschiedlichen Reichweiten abfeuern.

Die Rakete, die mit 15-facher Schallgeschwindigkeit fliegen können soll, kann auch gegen tieffliegende Raketen und Flugzeuge wirksam sein. Mit S-400 ließen sich auch AWACS-Flugzeuge treffen, die nicht mehr in sicherer Entfernung wären. Und sie könnte auch ballistische Raketen abschießen – wie gut das funktioniert, ist allerdings im Westen unbekannt.

(GP)