Ukraine

Russisches Kampfhelikopter-Team ergibt sich der Ukraine

Die Crew eines russischen Kampfhelis soll von der Front weggeflogen und auf einem ukrainischen Militärstützpunkt gelandet sein, um sich zu ergeben.

Ein russischer Mi-8-Helikopter (Symbolbild vom Mai 2020).
Ein russischer Mi-8-Helikopter (Symbolbild vom Mai 2020).
REUTERS

Das gabs wohl noch nie: Die Crew eines russischen Mi-8-Kampfhubschraubers ist offenbar in ukrainisches Gebiet geflogen und hat sich der ukrainischen Armee auf dem 300 Kilometer von der Frontlinie entfernten Luftwaffenstützpunkt Poltawa ergeben.

Russische Militärblogger haben dies bekannt gemacht – und sprechen von einem Versehen: Der Heli-Mannschaft seien "Navigationsfehler" unterlaufen. Quellen in der Führung der ukrainischen Streitkräfte hätten die Informationen der russischen Blogger bestätigt, schreibt Juri Butusow, Chefredakteur des ukrainischen Nachrichtenportals "Censor Net".

"Leider nein, das war eine ukrainische Operation"

Einen "Navigationsfehler" der russischen Kampfheli-Piloten schließt man in der Ukraine aus: Der Hubschrauber fliege mit geringer Geschwindigkeit in geringer Höhe und die Besatzung sehe alle Landmarken gut. "Es ist einfach unmöglich, einen Fehler von 300 Kilometern zu machen, das ist ein (zu) großer Kraftstoffverbrauch. Es kann keine Unfälle geben", schreibt Butusow.

Die russische Crew habe "nur aufgrund eines gut vorbereiteten Fluges bewusst" auf dem Luftwaffenstützpunkt Poltawa landen können, so Butusow weiter. Er stellte in den Raum, dass auch russische Partisanen von der "Legion Freiheit Russlands" an der Aktion beteiligt gewesen sein könnten. Gegenüber "20 Minuten" verneinte dies der Sprecher der russischen Widerstandsgruppe. "Leider nein, das war eine rein ukrainische Operation", so Ilya Ponomarew.

"Wahrscheinlich verletzt oder ausgeschaltet"

Derzeit kursieren verschiedenen Versionen darüber, was abgelaufen ist. Mancherorts wird nicht Poltawa als Anflugsort des Helikopters genannt, sondern ein Luftwaffenstützpunkt westlich von Charkiw, 120 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Auch wird berichtet, dass der Helikopterpilot desertiert sei, um der Ukraine militärische Ausrüstung zu übergeben. Das wäre eine naheliegende Motivation: Kiew hat fette Belohnungen für jene ausgeschrieben, die der Ukraine russisches Fluggerät liefern. Für einen Helikopter zahlt die ukrainische Regierung den Überläufern umgerechnet bis zu einer halben Million Euro.

Es wird auch berichtet, dass die Familie des Piloten im Voraus in die Ukraine gebracht worden sei. Andere Besatzungsmitglieder seien von den ukrainischen Streitkräften "wahrscheinlich verletzt oder ausgeschaltet" worden. Unabhängig lässt sich das nicht überprüfen.

Ukraine feiert Unabhängigkeit

Es gibt bislang weder von den ukrainischen Behörden noch von den russischen Behörden eine Bestätigung des Vorfalls.

Der Seitenwechsel der russischen Kampfhelikopter-Piloten ist ein Novum über den Ukraine-Krieg hinaus, die Nachricht ein Schlag für Moskau und seine Streitkräfte. Ganz praktisch, aber auch symbolisch: Immerhin gedenkt die Ukraine am 23. August ihrer Gefallenen und feiert am 24. August ihre Unabhängigkeit gerade von Russland.

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