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Sarah Connor: "Ich habe jeden Tag Selbstzweifel"

Heute Redaktion
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Sarah Connor (34) hat die Liebe zur deutschsprachigen Musik entdeckt und veröffentlicht am 22.05. ihr Album "Muttersprache". Passend dazu legte die sympathische Sängerin am Donnerstag einen Interview-Marathon in Wien ab. "Heute"-Redakteurin Lea traf die 34-Jährige und sprach mit ihr über Selbstzweifel, die Liebe zu ihrer Familie und sogar den Tod. Plus: Die Geschichten hinter ihren neuen Songs.

 

(34) hat die Liebe zur deutschsprachigen Musik entdeckt und veröffentlicht am 22.05. ihr Album "Muttersprache". Passend dazu legte die sympathische Sängerin am Donnerstag einen Interview-Marathon in Wien ab. "Heute"-Redakteurin Lea traf die 34-Jährige und sprach mit ihr über Selbstzweifel, die Liebe zu ihrer Familie und sogar den Tod. Plus: Die Geschichten hinter ihren neuen Songs.

Deine Single "wie schön du bist" kann man seit kurzem hören – wie war das erste Feedback der Fans?

Super! Das war toll und es geht die ganze Zeit weiter. Ich kann es noch gar nicht richtig glauben. Es ist einfach eine sehr gute Stimmung momentan. Alle die an der Platte mitgearbeitet haben verfolgen das ganz gespannt. Ich selber bin so ein bisschen lost in translation weil ich mein Privatleben habe und neben bei die ganzen Promo-Termine. Ich komme gar nicht dazu alles zu verfolgen, aber auf Facebook bekomme ich zum Beispiel alles mit, weil ich da auch immer selber mit den Fans in Kontakt bin, die Kommentare lese und antworte.

Also machst du auf Facebook wirklich immer alles selber?

Ja, wenn ich etwas poste ist es entweder ohne Unterschrift, oder es steht mein Name darunter. Wenn "Team Sarah" steht sind das Leute aus meinem Team die mal eine Info posten. Das ist mir ganz wichtig. Da bin ich ganz empfindlich, weil ich mag es nicht wenn mir jemand Worte in den Mund legt.

Kommen wir zu deiner Musik. War es denn ein großer Unterschied plötzlich auf Deutsch zu texten und zu produzieren?

Es ist das erste Mal, dass ich ganz alleine getextet habe. Ich hatte natürlich Partner, aber es sind meine Themen meine Geschichten und es ist das erste Mal, dass ich selber entschieden habe, welche Musik aus diesen Texten wird, welche Melodien, welche Instrumente, wie das ganze am Ende klingt.

Das ist die eigentliche Premiere für mich. Das Deutsche ist auch eine Premiere, ich habe noch kein Deutsches Album veröffentlicht, aber ich habe natürlich schon deutsche Lieder gesungen. Es war sehr intensiv, aber sehr schön. Ich war mir relativ schnell sicher, was ich sagen will, wie ich es sagen will und was ich nicht will. Aber der Prozess zu sagen: "Das mache ich jetzt wirklich alleine und das Selbstbewusstsein dazu habe ich" hat doch ein paar Jahre gedauert.

Auf Seite 2: Sarah auf der Suche nach sich selbst...

Du hast einmal in einem Interview gesagt, dass du auf der Suche nach dir selbst bist. Hast du dich mittlerweile gefunden?

Ich bin jeden Tag auf der Suche, Ich habe jeden Tag Selbstzweifel und bin wahnsinnig schnell zu verunsichern. Bin schnell eingeschüchtert wenn es darum geht nach vorne zu gehen und zu sagen: "Das ist meine Melodie, das ist mein Text." Da brauche ich sensible Partner die mich am richtigen Moment packen und die mich unterstützen. Die das Gute und das Richtige aus mir herauskitzeln.

Trotzdem ist sehr viel Trotz in mir, der nicht unbedingt konstruktiv ist. Es gab auch schon 2-3 Platten in der
 Zeit, die ich dann fast fertig gemacht habe und alles weggeschmissen habe, weil es mir doch nicht gefallen hat. Das war nicht ich. Jetzt bin ich froh! Mein größter Erfolg ist es eigentlich, dass die Platte fertig geworden ist.

Ich hätte auch noch zwei Jahre weiter machen können. Als meine Plattenfirma wieder dazukam hatte ich dann eine Deadline und wusste: "Bis dahin will ich die Platte fertig haben". Wenn nicht schieben wir es noch einmal, aber es war super ein Ziel zu haben. Da sind dann auch ein paar liebe Menschen von Außen auf mich zugekommen und haben gesagt: „Das ist alles so toll. Jetzt mach doch Mal Nägel mit Köpfen! Nicht, dass du die Platte wieder wegschmeißt und in einem halben Jahr entscheidest du machst sie auf japanisch.“ (lacht)

Du bist schon ewig im Geschäft, was hat sich denn in den Jahren am meisten verändert?

Es ist alles sehr viel schneller. Die Leute konsumieren viel schneller. Musik, Medien das ganze Tempo ist wahnsinnig hoch. Das ist auch etwas was ich thematisiere im Song "Halt mich". Ich merke auch bei amerikanischen KollegInnen wie schnell die ihr Leben teilen. Die sind so wahnsinnig offen mit allem was sie tun. Liegt vielleicht an meinem Alter und an dem was ich erlebt habe, dass ich da jetzt komplett anders eingestellt bin und das extrem schütze, damit ich in dem Wahnsinn, in dieser Maschinerie nicht den Verstand verliere.

Auf Seite 3: Sarah über ihr Privatleben...

Rihanna hat einmal gesagt, dass sie auf ihr Privatleben scheißt. Du bist aber doch noch jemand der wirklich viel Wert darauf legt, dass es geschützt wird.

Ich schütze es sehr, alleine zum Schutz meiner Kinder, da bin ich sehr bedacht darauf. Weil ich einfach eine sehr schwere Zeit hatte nachdem das alles so öffentlich war und da nicht mehr hin will. Mir war das dann auch nicht so wichtig, da hätte ich lieber keine Platte mehr gemacht.

Das war auch der Grund warum es so lange gedauert hat. Ich war nicht so heiß darauf, wieder raus zu kommen und mich wieder so zu exponieren und angreifbar zu sein von allen Seiten. Jeder kann ein Urteil über dich fällen und sagen: "Finde ich geil oder nicht so geil, sieht scheiße aus, dies und das." Ich musste eine Platte haben die mir sehr viel Kraft gibt, etwas wofür ich richtig einstehen kann ich muss mich nicht verstecken! Ich muss keine Entschuldigung finden für irgendetwas. Das finde ich selber richtig gut und das kann ich zu hundert Prozent vertreten.

Wirst du bei der Tour nur deine Deutschen Songs performen oder auch alte, englische Lieder singen?

Ich werde auch ein paar Songs aus den alten Alben machen. Die gehören auch zu mir und ich weiß, dass die Fans sich darüber freuen.

Auf Seite 4: Das sind die Geschichten hinter ihren Songs...

Am 22.05. erscheint Sarahs neues Album "Muttersprache". In den erstmals deutschen Texten verarbeitet sie Schicksalsschläge, macht sich Gedanken über die heutige Gesellschaft und gibt sehr private Dinge preis. Hier sind die Geschichten hinter ihren Songs.

Mit vollen Hände

Es geht darum keine Angst zu haben, auch wenn es wehtut. Das muss sein. Man muss auch hinfallen um zu wissen wie schön es ist, wenn man aufrecht und gerade läuft. Das gehört einfach zum Leben dazu.

Halt mich

Ich habe versucht mit meinem eigenen Konflikt in dieser schnellen Welt und mit diesem unvorbereiteten Informationsfluss der bis in dein Wohnzimmer reicht klar zu kommen. Im Chorus sage ich, dass ich möchte, dass mich jemand einfach einmal aufhält und mich festhält. Ich will echte Momente, mit echten Menschen, im echten Leben. Nicht nur online mit fiktiven Menschen. Ich will mich spüren.

Jeder Abschied ist verwässert durch eine schnelle SMS die man doch noch schreibt. Es gibt nicht mehr diese große Sehnsucht, dieses Warten, keine große Ungewissheit. Alles ist so random geworden.

Bedingungslos

Bedingungslos erzählt meine Geschichte. Dass ich mit 16 ausgezogen bin und das erste Mal auf eigenen Füßen gestanden bin. Das ist ein Song, in dem ich mich selbst reflektiere, aber auch meine Kinder oder den Menschen die ich liebe sage, dass ich da bin. Auch sie werden ihren Weg gehen.

Im zweiten Verse geht es um meine Tochter, die mit einem Herzfehler geboren wurde. Da habe ich zum ersten Mal den richtigen Ernst des Lebens gespürt. Wenn du richtig bangst und nicht weißt was passiert, dir deiner eigenen Ohnmacht bewusst wirst, aber auch über die Dankbarkeit für alles was ich habe, die Liebe die ich habe und empfinden kann Vor allem zu meinen Kindern, die mir so viel beibringen. Sie werden mich immer finden, egal wo sie sind, sie werden in ihren Herzen wissen, dass ich immer da bin.

Auf Seite 5: Das bedeuten Sarahs Songs Teil 2...

Kommst du mit ihr

Das ist ein sehr wütender Song. Es geht um etwas das ganz viele Frauen schon einmal erlebt haben. Du bist eifersüchtig, sitzt Nachts und denkst dir: „Was macht dieser Typ jetzt mit der anderen Frau, warum hat er mich verlassen, warum ist er bei ihr und nicht bei mir?“ Das sage ich halt sehr direkt. Der Song polarisiert sehr. Es gibt Männer die aufstehen und sagen, das können sie nicht hören, das ist ihnen zu direkt. Aber ich habe noch keine Frau getroffen die das nicht kennt.

Mein König

Mein König ist der persönlichste Song, der eigentlich gar nicht aufs Album hätte kommen sollen. Das war letztes Jahr ein Geburtstagsgeschenk für meinen Mann. Da geht es um unsere Geschichte. Hölle und wieder zurück, gebrochenes Herz, aber jetzt ist er da und ich bin so dankbar, dass er da ist. Gleichzeitig habe ich wahnsinnige Angst das zu verlieren und Fehler zu machen. Es zu versauen, wie schon sooft.

Augen auf

Das ist ein sehr gesellschaftskritischer Song, in dem ich Stellung beziehe, zu Dingen die mich in der Welt beschäftigen. Ich frage sehr kritisch wer dieser Gott ist, der erlaubt was hier alles passiert. Es ist auch Appell an die Menschen und an die Nächstenliebe. Was ist meine eigene Haltung? Bekomme ich meinen Arsch hoch? Das ist natürlich auch immer an mich selbst gerichtet. Nicht nur mit erhobenen Zeigefinger auf andere deutend.

Deutsches Liebeslied

Das ist eine total coole 70er-Jahre, Funk, Soul Nummer. Hier habe ich das einzige Mal mit Metaphern gearbeitet. Es ist einfach eine Nummer die total Spaß macht. Frei und ausgelassen ohne die üblichen Strukturen.

Versprochen (hab ich mich schon Mal)

Der Song ist sehr sexy. Ich kokettiere sehr mit dem Wort versprochen. Ich habe mich schon einmal jemandem versprochen und in dem Sinne auch schon versprochen, denn nichts ist für immer. Aber jetzt in diesem Moment haben wir eine gute Zeit. Man kann nicht immer alles planen. Ich glaube nicht an dieses Ganze für immer. Ich glaube, wenn man sich nicht zu doof anstellt kann es lange halten, aber für immer ist ein sehr großes Wort.

Anorak

In Anorak geht es darum eine Krise zu überstehen und nach einer Krise wieder aufzustehen. Das Alte abzuschütteln. Du hast eine Beziehung hinter dir und gehst zum ersten Mal wieder hinaus. Ich schaffe das alleine, ich versinke nicht in deinem Anorak, ich lege ihn ab, er war sowieso viel zu groß und ich pack das schon irgendwie.

Auf Seite 6: Die Geschichte hinter Sarahs Songs Teil 3...

Meine Insel

Einer meiner Lieblingssongs! Auch ein ganz kleiner Song. Das ist der Einzige bei dem der Text nicht von mir ist. Den hat meine beste Freundin geschrieben, sie ist Autorin. Sie schenkt mir immer so kleine Bücher in die ich meine Texte schreiben kann und in einem war ein kleiner Brief. Das ist eins zu eins der Text von Insel. Der Song ist ganz spontan in zwei Takes entstanden. Sie wusste gar nicht dass daraus ein Song entstanden ist und ich habe sie damit überrascht. Sie hat sich sehr gefreut.

Wenn du da bist

Da habe ich eigentlich gar keine bestimmte Person im Kopf gehabt. Das ist für ganz viele Menschen, die mir Kraft geben wenn sie da sind. Ich wollte unbedingt eine Nummer mit Xylophon am Album haben. Es ist einfach eine schöne, leichte, abwechslungsreiche Nummer am Album.

Das Leben ist schön

Das ist der traurigste Song am Album und deswegen auch der Letzte. Da spreche ich die Menschen an die ich einmal hinterlasse wenn ich nicht mehr da bin. Ich mache mir auch Sorgen um meine Kinder und meine Familie. Was ist wenn mir plötzlich etwas passiert? Wer rockt dann den Laden? Ich sage, dass ich keine Trauer und keine Tränen sehen will, sondern, dass alle mein Leben feiern sollen und nicht alle in schwarz dasitzen während scheiß Musik läuft. Es soll eine große Party geben.

Letztes Jahr ist unser Hund gestorben und da habe ich bemerkt wie fremd das eigentlich für uns alle ist. Die Kids hatten natürlich sehr viele Fragen und da habe ich mir gedacht: „Warum sind wir eigentlich immer so traurig wenn jemand geht? Wieso können wir nicht feiern, dass es die Person gegeben hat?“

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