Wien

Mutter verzweifelt: "Gericht nahm mir mein Baby weg"

Im "Heute"-Interview erzählt die Wienerin wie sie – gegen ihren Willen – das Sorgerecht für ihr Baby verlor, ohne dass sie vor Gericht gehört wurde.

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Susanne T. weint um ihre weggenommene Tochter
Susanne T. weint um ihre weggenommene Tochter
Alexandra Diry

In der Kanzlei von Starverteidiger Nikolaus Rast kämpft Susanne T. mehrfach mit den Tränen. Es ist ein tiefer Trennungsschmerz, den die Frau empfindet, wenn sie an ihr 13 Monate altes Baby A. denkt. Seit mehr als einem Jahr bekommt sie ihre Tochter nur sporadisch zu Gesicht. Das Kind lebt seit Februar vorigen Jahres beim Kindsvater, ihrem Ex-Lebensgefährten. Mit feuchten Augen und brechender Stimme sagt Susanne T.: "Es ist so wichtig, dass ich mein Kind in die Arme nehmen kann, dass ich viel Zeit mit ihr verbringe und sie Mama sagen lernt."

Nach Bekanntwerden der Schwangerschaft kam es in der Beziehung immer öfter zu Streit. Die albanisch-stämmige Frau erinnert sich: "Er war total gegen das Kind." Laut ihren Aussagen hätte ihr Lebensgefährte dann – gemeinsam mit seinen Eltern – einen Plan zur Erlangung des alleinigen Sorgerechts geschmiedet. "Er wollte einfach keine Alimente zahlen, darum ging es ihm", vermutet sie ein Geldmotiv. Die Schwiegereltern in spe hätten sie seit jeher, weil sie "schlecht Deutsch spreche", abgelehnt.

Schwere Vorwürfe gegen Gericht

Zwei Monate nach der Geburt begab sich Susanne T. aufgrund von Atemnot des Säuglings ins Krankenhaus Nord. Der Vater habe diese Situation ausgenützt: "Er hat alles geplant mit der Einschaltung des Jugendamts am 20. Februar 2020."

Nachdem das Baby genesen und entlassungsfähig war, holte der Vater es aus dem Spital ab und brachte es ins gemeinsame Zuhause in eine niederösterreichische Gemeinde nördlich von Wien. Danach machte er mit Susanne T. Schluss und meldete sie kurzerhand vom Wohnsitz ab. Wenige Tage später, Anfang März, verfasste die Beauftragte des zuständigen Jugendamts eine Stellungnahme: Die Kindesmutter habe "psychisch sehr instabil" gewirkt. Gestützt auf diese Einschätzung und eine "unklare Wohnsituation" entschied das Pflegschaftsgericht, dass das Mädchen beim Kindsvater bleiben soll. Eine Aussage vor Gericht wurde Susanne T. verwehrt.

Susanne T.: "Meine Meinung ist nicht erwünscht. Als Ausländerin werde ich klar benachteiligt."

Trotz eines psychiatrischen Gutachtens, das der Kindsmutter volle Erziehungsfähigkeit bescheinigt, wurde ihr Antrag zu Obsorge abgewiesen. Susanne T. hat das Vertrauen in das österreichische Rechtssystem verloren. Im "Heute"-Gespräch schildert sie ihre Enttäuschung über die Ungerechtigkeit, die sie als angehende Juristin besonders trifft (Video unten).

Mutter Susanne T. (links) und Rechtsanwältin Susanne Kurtev neben den Aktenbergen
Mutter Susanne T. (links) und Rechtsanwältin Susanne Kurtev neben den Aktenbergen
Alexandra Diry

Ihre Anwältin kämpft weiter

Der gesamte Akt umfasst Tausende Seiten. Die Rechtsanwältin der Mutter, Dr. Susanne Kurtev, blickt zwischen zwei riesigen Aktenbergen durch: "Letzten Endes geht es um das Kindeswohl. Der Beschluss ist sehr kurz gefasst und die beantragten Zeugen wurden nicht gehört. Es hat klar gefehlt, dass man ein Forum erhält – in einem Gerichtsverfahren, wo der Richter seine Meinung kundtut und anhand seiner Eindrücke eine Entscheidung trifft."