Österreich

Schlepper-Prozess: Polizei-Übersetzer unqualifiziert

Heute Redaktion
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Kuriose Wende im Prozess um acht der Schlepperei Angeklagte - darunter auch einige Asyl-Aktivisten aus dem Wiener Servitenkloster - in Wiener Neustadt. Ursprünglich war für Dienstag bereits das Urteil geplant gewesen. Stattdessen wurden die Polizei-Dolmetscher in den Zeugenstand gerufen, wo sich offenbarte, dass ihnen die Qualifikation für die Übersetzung der abgehörten Telefongespräche fehlt.

Kuriose Wende im - in Wiener Neustadt. Ursprünglich war für Dienstag bereits das Urteil geplant gewesen. Stattdessen wurden die Polizei-Dolmetscher in den Zeugenstand gerufen, wo sich offenbarte, dass ihnen die Qualifikation für die Übersetzung der abgehörten Telefongespräche fehlt.

Die beiden Übersetzer waren von der Polizei bei den Telefonüberwachungen der Angeklagten eingesetzt worden. Eine Dolmetscherin musste am Dienstag eingestehen, dass sie über keine Dolmetsch- bzw. Übersetzer-Ausbildung verfügt. "Aber die Gespräche, die ich übersetzt habe, waren in meiner Muttersprache." Ihr ebenfalls eingesetzter Bruder konnte eine Rechtsbelehrung, wie er sie jedem der Angeklagten im Vorverfahren hätte erteilen müssen, nicht in deren Sprache bzw. Dialekte übersetzen.

Die Verteidigung sowie hatten im Lauf des Mitte März begonnenen Verfahrens Zweifel an der Richtigkeit der protokollierten Gespräche angezeigt. Diese Zweifel sollten sich durch die Zeugenaussage des Übersetzers bestätigen: Dieser musste auch zugeben, dass er bei der Protokollierung von Telefonmitschnitten eigenmächtig Einfügungen und Interpretationen hatte einfließen lassen.

Übersetzer dichtete Aussagen dazu

So war zum Beispiel im Original zu hören "sag' ihnen, dass er der Schlepper ist" - hier setzte der Übersetzer eigenmächtig einen Namen aus dem Akt ein. Gerügt wurde auch, dass in den Telefonüberwachungsprotokollen die Bezeichnung "Schleppungswilliger" vorkommt, dieses Wort aber tatsächlich in den heute abgespielten Mitschnitten nie gefallen war, wie die anwesenden drei gerichtlich beeideten Dolmetscher bestätigten.

Bei der Zeugenbefragung kamen am Dienstag sogar der Staatsanwältin Zweifel an der Qualifikation der Übersetzer: "Natürlich haben sie Probleme beim Übersetzen", sagte sie dem aus Afghanistan stammenden Mann auf den Kopf zu. Die Verteidigung nahm ihn ordentlich in die Mangel und man erfuhr: Mit dem Rechtsgrundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" wusste der Übersetzer nichts anzufangen. Wie er zu seinem Job als vielfach eingesetzter Dolmetscher in dem Ermittlungsverfahren gekommen war, konnte er auch nicht wirklich erklären.

Beginn mit Verspätung

Zunächst hatte die Verhandlung bereits mit zweistündiger Verspätung begonnen, weil nur sieben Beschuldigte eingetroffen waren. Der achte erschien den ganzen Tag über nicht. Die übrigen Angeklagten, von denen einige als Asyl-Aktivisten bei der Besetzung der Wiener Votivkirche mitgemacht hatten und dann im Servitenkloster lebten, blieben bei ihren bisherigen Angaben.

Diese lauteten sinngemäß so: Man habe  Landsleuten aus Pakistan und Afghanistan "geholfen" , sie "weitergeschickt" oder irgendwo "abgeholt", aber die meisten Anklagefakten ließ man nicht gelten. Aufgrund der Zeitverzögerung konnten für heute geladene Beamte nicht gehört werden. Der Prozess wird am Mittwoch mit der Einvernahme weiterer Übersetzer fortgesetzt.

 
Der , wurde jedoch nach Anhörung aller Beschuldigten nach zwei Wochen vertagt. Grund waren Bedenken an den Übersetzungen von 10.000 Telefonüberwachungen. Sechs Angeklagte wurden am 27. März, dem letzten Verhandlungstag vor der Vertagung auf Dienstag, aus der seit Sommer 2013 währenden U-Haft entlassen, die weiteren zwei bereits früher.