Österreich

Schockgutachten: Cains Körper war Trümmerfeld

Heute Redaktion
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Der mit großer Spannung erwartete Mord-Prozess im Fall Cain ist am Freitag am Landesgericht Feldkirch pünktlich eröffnet worden. Der 27-jährige Angeklagte Milosav M. wurde unter Blitzlichtgewichter in den Schwurgerichtssaal geführt.

Im mit großer Spannung erwarteten Mord-Prozess im Fall Cain sind am Freitag am Landesgericht Feldkirch Überraschungen zunächst ausgeblieben. Der 27-jährige Angeklagte Milosav M., der unter Blitzlichtgewichter in den Schwurgerichtssaal geführt wurde, verneinte weiter jede Tötungsabsicht und bekannte sich "nicht schuldig". "Ich wollte nicht, dass er stirbt", betonte M. mehrfach. Er soll im Jänner 2011 den dreijährigen Cain, den jüngeren Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin, zu Tode geprügelt haben.

Der Angeklagte gab dem vorsitzenden Richter Norbert Melter bereitwillig Auskunft über die Geschehnisse am 7. und 8. Jänner 2011, dem Todestag von Cain. Wie der 27-Jährige ausführte, schlug er den Dreijährigen am 7. Dezember, weil sich der Bub unerlaubterweise in der Küche aufgehalten und ein Joghurt aus dem Kühlschrank genommen hatte. Cain musste sich übers Sofa beugen, und M. schlug ihm "fünf-bis zehnmal" auf den Popo. Die Blasen, die er dabei bekam, erklärte der 27-Jährige mit den Nieten der Hose des Dreijährigen. Er räumte ein, dass ihm danach die Hand wehtat. Auch "Watschen mit beiden Händen" gab M. zu. Er hatte am Morgen des 7. und 8. Jänner jeweils Kokain konsumiert.

"Keine Reaktion auf Schläge"

Weil das Kind keine entsprechende Einsicht und Reaktion auf die Schläge zeigte, habe er einen abgebrochenen Besenstiel geholt, um Cain damit "etwa 20 Mal" aufs nackte Gesäß zu schlagen. Auf die Frage, ob ihm die Intensität der Schläge bewusst gewesen sei, sagte der Angeklagte: "Jetzt ist es mir klar. Ich hätte nie gedacht, dass er sterben kann, jetzt weiß ich es".

Cain habe geweint, sonst habe er keine Auffälligkeiten gezeigt. Am 8. Jänner gab es erneut Schläge mit dem Besenstiel. Der Angeklagte betonte, dass er den kleinen Cain lediglich erziehen wollte. Die Mutter habe die Kinder ebenfalls geschlagen, auch in seiner eigenen Erziehung sei Gewalt "normal" gewesen, erklärte M. im Vorarlberger Dialekt und oft den Tränen nahe.

  

Verletzungen in erschreckendem Ausmaß

Gerichtsmediziner Walter Rabl berichtete von Verletzungen Cains an Kopf und Rumpf in erschreckendem Ausmaß. Der Dreijährige sei letztlich an einer Kombination aus Blutverlust und Fetteinströmung in den Blutkreislauf verstorben. Bei der Obduktion des Leichnams des Dreijährigen sei er "auf einen Befund gestoßen, wie er mir in meiner 30-jährigen Karriere noch nie untergekommen ist" und wie er ihn hoffentlich nie mehr erleben müsse, sagte Rabl. Das Verletzungsmuster beweise eine "schwerste Misshandlung".

Die Oberschenkel des Kindes seien ein "Trümmerfeld" gewesen, nur noch von Haut zusammengehalten. Rabl erklärte, dass die Aussagen des Angeklagten zum Verletzungsschema passten, allerdings nicht die von M. angegebene Anzahl der Schläge. Es sei davon auszugehen, dass "Dutzende Male" mit exzessiver Gewalt zugeschlagen wurde. Danach befragt, ob auch ein Laie das tödliche Ausmaß der gesetzten Gewalt hätte erkennen müssen, meinte Rabl: "Aus meiner Sicht hätte man mit gravierenden Schäden rechnen müssen und auch mit dem Tod".

Verteidiger bestritt Tötungsabsicht

Pflichtverteidiger Edgar Veith betonte, dass es für Mord überhaupt keinen Anhaltspunkt gebe. Von einem Tötungsvorsatz könne keine Rede sein, im Gegenteil habe sich der 27-Jährige um die beiden Buben gekümmert. Der Angeklagte habe den Notarzt informiert und eine Wiederbelebung versucht. Staatsanwalt Wilfried Siegele hingegen unterstrich, die Haltung der Behörde, wonach es sich um Mord handle. "Wer so fest auf ein Kind einschlägt, muss es ernstlich für möglich halten, dass das Kind stirbt", sagte Siegele.

Angeklagter laut Gerichtspsychiater zurechnungsfähig

Gerichtspsychiater Reinhard Haller hat im Prozess die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt bejaht. Er stellte zudem eine negative Zukunftsprognose - "der Angeklagte hält sich selbst für gefährlich" - und empfahl im Fall eines Schuldspruchs eine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Durch die Medikamente, die der Angeklagte wegen einer Muskelerkrankung einnehmen muss, sei aber eine "Minderung des Steuerungsvermögen" gegeben.