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Schriftstellerin Ilse Aichinger ist tot

Die Schriftstellerin Ilse Aichinger ist tot. Die Wienerin zählte zu den bedeutendsten Vertreterinnen der Nachkriegsliteratur.

Heute Redaktion
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Bild: imago stock&people

 

Erst am 1. November hatte Ilse Aichinger ihren 95. Geburtstag gefeiert. Die 1921 in Wien geborene Schriftstellerin begann 1945 Medizin zu studieren, brach das Studium jedoch nach wenigen Monaten ab, um ihren Roman "Die größere Hoffnung" fertigzustellen. 1951 nahm sie erstmals an der Jahrestagung der von dem deutschen Schriftsteller Hans Werner Richter organisierten "Gruppe 47" teil. 

Trotz Erfolg immer selbstkritisch

Im Laufe ihres Lebens erhielt Aichinger zahlreiche Auszeichnungen, darunter auch der Große Österreichische Staatspreis für Literatur und der Große Kunstpreis des Landes Salzburg. Tro ihres Erfolgs blieb sie immer selbstkritisch. "Ich wollte nie Schriftstellerin werden. Ich wollte Ärztin werden, das ist gescheitert an meiner Ungeschicklichkeit", erzählte die Autorin 1996 in einem Interview der Wochenzeitung "Die Zeit".

Die frühe Scheidung ihrer Eltern - eine Ärztin und ein Lehrer - prägte Aichinger, die danach mit ihrer Zwillingsschwester Helga die meiste Zeit bei den jüdischen Großeltern mütterlicherseits in Wien verbrachte. Dort musste sie auch mit ansehen, wie ihre Großmutter am Schwedenplatz von den Nazis verschleppt wurde.

"Fenster zu den gequälten Seelen dieser Stadt"

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny würdigte das Werk Aichingers am Freitag: "Ilse Aichinger war ein Mensch, der unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg den Mut fand, die Fenster zu den gequälten und gedemütigten Seelen dieser Stadt aufzureißen. Ein fast schon revolutionärer Kraftakt, der sie der Anfeindung preisgab, das Land jedoch vor der emotionalen Erstickung bewahrte", so Mailath-Pokorny.