Gesundheit

Schützt dieser Impfstoff auch gegen Covid-19?

In Deutschland werden 1000 Menschen gegen Tuberkulose geimpft. Aber nicht um sie vor der Lungenkrankheit zu schützen. Der Stoff soll sie vor Sars-CoV-2 schützen.

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Zunächst war es nur eine Beobachtung: In Regionen, wo es keine Impfpflicht gegen Tuberkulos (TBC) gibt, schlägt Sars-CoV-2 deutlich härter zu. Dies sei etwa in Italien oder den USA der Fall, wie Forscher um Gonzalo Otazu vom New York Institute of Technology in ihrer noch nicht von externen Fachleuten begutachteten Studie berichten.

Auch in Deutschland ist diese Auffälligkeit zu sehen. So sind die östlichen Bundesländer deutlich weniger vom Coronavirus betroffen, wie Lothar Wieler, Direktor des Robert Koch-Instituts, während einer Pressekonferenz festhielt. In der DDR wurde die Impfung gegen Tuberkulose (BCG) ab 1953 flächendeckend bei allen Neugeborenen am dritten Lebenstag verabreicht. Im Westen, wo die Zahl der Corona-Infizierten und -Toten wesentlich höher ist, gab es diese Pflicht nicht.

Entsprechend sehen Forscher darin ein klares Indiz dafür, dass die Impfung Sars-CoV-2 bremsen kann.

Ein Impfstoff, der gegen vieles schützt

Tatsächlich ist seit Jahren bekannt, dass der TBC-Impfstoff nicht nur gegen den Tuberkulose-Erreger, sondern gegen eine Vielzahl Erreger schützt. Dänische Forscher kamen sogar zu dem Schluss, dass bis zu ein Drittel aller Infektionskrankheiten durch die Impfung gegen TBC verhindert worden ist. Dies, indem der Impfstoff das Immunsystem allgemein stimuliert und die Immunantwort verbessert, wie die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) schreibt.

An ihr wollen Mediziner nun das Potenzial des Vakzins gegen Covid-19 testen. Dafür sollen 1000 Personen geimpft werden, die beruflich mit Sars-CoV-2 in Kontakt kommen: Ärzte sowie Mitarbeiter im Pflege- und Rettungsdienst.

Große Hoffnungen

"Im Idealfall verringert die Impfung die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken", erklärt Christoph Schindler, MHH-Professor und Leiter der Studie. Der Wirkstoff gelangt über das Blut in die Lymphknoten und verändert dort die körpereigenen Abwehrzellen. Wenn dann Coronaviren die Lunge befallen, werden weiße Blutkörperchen aktiv. Die als Fress- und Killerzellen bekannten Immunzellen bekämpfen die Viren in der Lunge und hindern sie daran sich zu vermehren - wenn alles gut läuft.

Im Idealfall verringert die Impfung die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken.

Christoph Schindler, Leiter der Stabsstelle CRC Core Facility am Clinical Research Center Hannover

Das so geimpfte Spitalpersonal wäre dann zwar nicht gegen Sars-CoV-2 immun, könnte dank der auch gegen Virusinfektionen gestärkten Abwehrzellen aber besser geschützt sein und es gäbe weniger Ausfälle in der Krankenversorgung.

Komme es doch zu einer Infektion, könnte die verbesserte unspezifische Immunantwort den Verlauf der Covid-19-Symptome deutlich abschwächen und sogar dann noch helfen, wenn sich das Coronavirus verändern sollte, hofft der Mediziner. Das käme auch Risikopatienten zugute, etwa vorerkrankten oder älteren Menschen.

Tuberkulose?
Die Infektionskrankheit wird durch Bakterien verursacht und durch Tröpfchen beim Husten übertragen. Am häufigsten nisten sich die Erreger in der Lunge ein. Symptome sind Husten, Müdigkeitsgefühle, Fieber, Gewichtsverlust. Allerdings stecken sich die wenigsten Personen, die mit dem Tuberkulose-Erreger in Kontakt kommen, auch damit an. Und nur bei zehn Prozent der Infizierten bricht die Krankheit aus. Dennoch sterben an Tuberkulose weltweit jährlich 1,5 Millionen Menschen – vor allem immunschwache Menschen, Alte und Kinder.

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