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Schüler fordern drei Monate Sommerferien

Wegen der hohen Temperaturen verlangen Schweizer Schüler eine längere Sommerpause. Damit stoßen sie auch beim Lehrerverband auf offene Ohren.

Heute Redaktion
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Über 38 Grad heiß wird es die nächsten Tage in der Schweiz – trotzdem müssen bis auf die Tessiner und die Walliser alle Schüler bis im Juli die Schulbank drücken. In Italien, Albanien oder in der Türkei steht der Schulbetrieb dagegen schon längst still. Dort startet die Sommerpause bereits im Juni und endet erst Mitte September. Das Durchhalten bis zu den Sommerferien macht vielen Schülern zu schaffen.

"Bei 28 bis 30 Grad im Schulzimmer mit 20 Leuten kann man nicht mehr arbeiten", klagt Fachmittelschüler Sebastian (18)*. Auch die Lehrer litten unter der Hitze. "Viele beenden den Unterricht dann früher und gehen mit uns eine Glace essen oder sie verlegen den Unterricht in den Park, was aber nur ablenkt."

"Am besten stellt man den Schulbetrieb ein"

Eine Lösung sähe Sebastian in früheren Sommerferien. "Dann müsste man auch nicht die Umwelt mit klimatisierten Räumen belasten." Auch Schülerin Nina (18) sagt: "Wenn es heiß ist, sind meine Mitschüler müde, träge und weniger produktiv und auch nicht mehr so aufnahmefähig." Sie würde es toll finden, wenn der Unterricht im Sommer nur morgens stattfände.

Für Mihailo Kinkela, Medienverantwortlicher der Union der Schülerorganisationen USO mit über 40.000 Mitgliedern, steht deshalb fest: "Die Sommer sind heißer geworden. Wie in Schulen in südlichen Ländern sollten deshalb auch an Schweizer Schulen dreimonatige Sommerferien eingeführt werden." Selber wechselt der Wirtschaftsmittelschüler im folgenden Schuljahr an ein Gymnasium nach Serbien, wo die Sommerferien drei Monate dauern.

Die jetzigen Wochen vor den Sommerferien würden abgesehen von Prüfungen nicht mehr sinnvoll genutzt, sagt Kinkela. "Effektiv nötig sind Alternativprogramme nicht. Am besten stellt man den Schulbetrieb im Sommer ganz ein."

Schulzeit müsste verlängert werden

Beim Lehrerverband trifft die Forderung auf Verständnis. "Wenn 30 Grad im Juni normal werden, ist es in Schulhäusern nicht mehr auszuhalten. Dreimonatige Sommerferien wären zu diskutieren", sagt Beat W. Zemp, Präsident des Lehrerverbands. Dies bedinge aber etwa, dass man die Schulzeit um ein Jahr verlängere. "Ansonsten müsste man auf sämtliche Ferien unter dem Jahr verzichten."

Auch auf politischer Ebene werden verlängerte Sommerferien diskutiert. Es sei ein Fakt, dass die Sommer in der Schweiz durch den Klimawandel denjenigen im Süden ähnelten, sagt Luzian Franzini, Co-Präsident der Jungen Grünen. "Schweizer Schüler können sich in der Hitze genauso wenig konzentrieren wie etwa italienische. Eine Anpassung des Schulsystems für die heißeren Sommer ist deshalb nötig."

Auch SP-Nationalrat und Bildungspolitiker Corrado Pardini findet: "Wenn eine Schülerorganisation einen Systemwechsel bei den Sommerferien verlangt, muss die Politik dies ernst nehmen. Die Schüler sind direkt betroffen." Werde die Diskussion weitergeführt, reiche er beim Bundesrat ein Postulat ein. "Der Bundesrat sollte aufzeigen, welche Vor- und Nachteile eine dreimonatige Ferienzeit in Bezug auf den Lernprozess, den Lehrplan und die Betreuung hat."

Italiener vergessen Schulstoff

Dass die Schüler in den langen Sommerferien nur auf der faulen Haut liegen, ist jedoch nicht die Idee. Damit das Gelernte nicht vergessen gehe, müssten die Schüler den Stoff in einer Form repetieren, sagt Beat W. Zemp. Damit teilt er die Vorstellungen der Befürworter. Sie schlagen etwa vor, dass die Schüler in der Sommerpause Aufgabendossiers lösen oder in betreuten Lernateliers zu kühleren Tageszeiten lernen.

Keinen Anpassungsbedarf sieht FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler. "Ein gewisser Rhythmus zwischen Schule und Ferien ist wichtig, was dreimonatige Sommerferien unmöglich machen würden", sagt der Bildungspolitiker. Zudem würden verlängerte Sommerferien das ganze Bildungssystem auf den Kopf stellen. "Der Lehrbeginn und die weiterführenden Schulen sind alle auf den Kalender der vorhergehenden Schulen abgestimmt."

Dass lange Sommerferien Fluch und Segen sind, zeigt auch Italien. Seit einigen Jahren formiert sich dort gegen den "Alptraum Sommerferien" Widerstand: Die Betreuung der Schüler während der langen Sommerferien sei kaum mit den Arbeitszeiten der Eltern vereinbar und im September müssten die Schüler jeweils mit dem Stoff von vorne beginnen, klagen die Italiener.

*Name der Redaktion bekannt

(red)