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Schulz ist Geschichte, an Merkels Sessel wird gesägt

Die Große Koalition in Deutschland fordert Opfer. SPD-Chef Schulz wird nicht Außenminister, Merkel wird scharf kritisiert.

Heute Redaktion
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Merkel und Schulz müssen für die Koalitionsverhandlungen büßen.
Merkel und Schulz müssen für die Koalitionsverhandlungen büßen.
Bild: Reuters

Zwei Tage nach der Vorstellung der schwarz-roten Koalition in Deutschland verzichtet der scheidende SPD-Vorsitzende Martin Schulz auf das Amt des Außenministers. Durch die Debatte um seine Person sehe er das SPD-Mitgliedervotum über die große Koalition "gefährdet", schrieb Schulz am Freitag in einer Pressemitteilung. "Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung."

Die SPD-Spitze und ganz besonders der scheidende Außenminister Sigmar Gabriel hatten auf den Schulz-Rücktritt gedrängt. Gabriel warf Schulz sogar "Wortbruch" vor und zeigte sich "enttäuscht" von der mangelnden Wertschätzung durch die eigene Partei.

Wer wird jetzt Außenminister?

Daraufhin sagte der Sprecher des konservativen Flügels in der SPD, Johannes Kahrs: "Gabriel sollte Außenminister bleiben. Alles andere würde ich jetzt nicht mehr verstehen." Die ehemalige Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann rügte hingegen via Twitter ihre männlichen Genossen: "Sagt Bescheid, wenn dieser Männerzirkus vorbei ist. Ich hab's satt." Bis zum späten Freitag Nachmittag war allerdings noch keine Entscheidung gefallen.

Auch Merkel steht unter Druck



Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerät unter Druck durch die eigene Partei. Sie habe zu viele Ressorts an die SPD gehen lassen. Besonders das Finanzressort hätte Merkel niemals den Genossen überlassen dürfen, klagt die CDU.

Der Ex-Fraktionschef Friedrich Merz meldete fassungslos: "Wenn die CDU diese Demütigung auch noch hinnimmt, dann hat sie sich selbst aufgegeben." Der Außenpolitiker Norbert Röttgen assistierte: "Die CDU ist damit innerhalb des Regierungsapparats strukturell geschwächt und verliert an Einfluss."

"Abnutzungserscheinungen"

Baden-Württembergs CDU-Agrarminister Peter Hauk sprach sich gleich für einen Wechsel an der CDU-Spitze "in absehbarer Zeit" aus: "Merkel sollte die Zeichen der Zeit erkennen und einen Übergang in dieser Legislaturperiode schaffen". Nach über 15 Jahren gebe es "gewisse mediale Abnutzungserscheinungen".

Auch die CDU-Parteijugend muckt auf. "Die Unzufriedenheit ist sehr groß an der Basis", sagte der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak. "Es brodelt eigentlich an allen Stellen." Die "guten Erfolge des Koalitionsvertrages" würden aus Ziemiaks Sicht "überlagert vom ungerechtfertigten Ergebnis der Ressortverteilung". Der CDU-Abgeordnete Michael von Abercron legte nach: "Die Autorität der Kanzlerin ist nicht nur innerhalb der Partei erschüttert, sondern auch in ihrer Amtsführung als Regierungschefin."

(red)