Österreich
Schuss-Prozess als Märchenstunde
In der Wiener Disco „The Box" wurde ein Gast angeschossen. Gestern standen deswegen drei muskulose Unschuldsengel vor Gericht.
Der Club „The Box" ist vor allem bei der serbischen Community beliebt. Bei Funkenflug herrschen da mitunter Balkan-Sitten – wie ein Reality-Krimi heuer An- fang Marz zeigte.
Erstes Kapitel: Weil Gast Dani- el S. (31) randaliert, wird er von
Securitys auf die Straße befordert. Schmerzhaft fixiert, schreit er einen der Hunen an: „Machen wir uns das von Mann zu Mann aus – gleich vor der Tur!" Dort fallt dann ein Schuss, der Daniel S. ins Bein trifft und schwer verletzt.
Tatwaffe nicht gefunden
Zweites Kapitel: Als mutmaßliches Personal furs Grobe werden
der Montenegriner Ranko R. (45) und die Serben Stevan K. (22) und Dobroslav D. (42) verhaftet. Weil bei keinem die Tatwaffe gefunden wird, kommen sie aber bald wieder frei. Der Schutze gilt als fluchtig, das Trio muss nur wegen „Notigung" vor Gericht.
Drittes Kapitel: Gut beraten von Anwalt Elmar Kresbach uberra- schen die angeklagten Muskel- manner gestern beim Prozess in Wien – alle artig, freundlich und sanft im Ton wie Schweizer Ku- ckucksuhren-Schnitzer.
Prozess wurde vertagt
Securitys? „Nein, wir waren selbst nur Gaste." Das spatere Opfer zumindest beruhrt? „Nein, wir haben nur die Aufregung im Lo-
kal bemerkt und dann eine Menschentraube beim Ausgang gese- hen." Wieso hatte Ranko R. Schmauchspuren an einer Hand? „Ich bin Sportschutze." Sarkastische Kommentare von Richterin Petra Poschalko lassen ahnen: Sie fuhlt sich in einer Marchenstunde. Zumal Opfer Daniel S. einen der Beschuldigten als Schwitzkasten erkennt und ein Zeuge die beiden anderen unter den Rauswerfern gesehen hat. Das letzte Kapitel wird erst geschrieben: Prozess zur Ladung weiterer Zeugen vertagt