Österreich

Schwangere trotz Corona zur Arbeit gezwungen

Die Arbeiterkammer berichtet von skandalösen Zuständen in heimischen Betrieben. So drohen Firmen mit Entlassungen, wenn Arbeitnehmer Sorgen zeigen.

Heute Redaktion
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"Es ist skandalös und untragbar, wie manche Firmen mit der Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgehen", sagt Oberösterreichs Arbeiterkammer-Präsident Johann Kalliauer. Tagtäglich trommle die Bundesregierung, dass alle Spaziergänger, die den Mindestabstand in Parks nicht einhalten, angezeigt werden. Bei Unternehmen aber passiere nichts.

"Kein Tag ohne Hilferufe"

Grund für die Kritik ist eine Reihe von Skandalen, die der Arbeiterkammer zugetragen worden seien. "Kein Tag vergeht in der AK-Rechtsberatung ohne Dutzende verzweifelte Hilferufe von besorgten Beschäftigten", so Kalliauer. Hauptsorge: Die Arbeitnehmer müssen zur Arbeit gehen, obwohl es weder Schutzabstände, noch Hygiene-Maßnahmen oder entsprechende Ausrüstung gebe.

Besonders dramatisch: Arbeiter berichten von nachweislich Coronavirus-Infizierten, die in Betrieben arbeiten müssten. "Und gleichzeitig wird den Beschäftigten gedroht, dass sie hinausfliegen, wenn sie diese Zustände nicht hinnehmen oder gar melden", so Kalliauer. Er fordert klare Schutzbestimmungen sowie konsequente Anzeigen und Strafen. Es könne nicht sein, dass Gewinn über die Gesundheit der Mitarbeiter gehen.

Arbeit mit Corona-Erkrankten

Die AK fürchtet, dass bald Arbeitsplätze zur Hauptinfektionsquelle beim Coronavirus werden könnten. Gleichzeitig listet sie einige schwarze Schafe auf: In einem oberösterreichischen Produktionsbetrieb müssen mehrere Mitarbeiter ohne Mindestabstand an einer Maschine arbeiten. Als sie Kritik äußerten, hieß es vom Chef: "Ihr seid doch motivierte Mitarbeiter." Dazu gab es die Dienstanweisung, die Maschine sofort abzustellen, sollte das Arbeitsinspektorat kommen.

In Filialen eines Modekonzerns müssen Mitarbeiter Lagerarbeiten und Geschäftsumgestaltungen ohne Mindestabstand machen. In einer Gesundheitseinrichtung seien bereits mehrere Mitarbeiter Corona-erkrankt, geeignete Masken und Schutzausrüstung gebe es trotzdem nicht. Ein Bauarbeiter wiederum wird gezwungen, mit mehreren Kollegen in einem engen Firmenbus zur Baustelle zu fahren – seine Frau sei Hochrisikopatientin.

"Du kannst ja eh kündigen"

Außerdem soll die Zahl besorgter schwangerer Arbeitnehmerinnen sehr groß sein. "Kein Bezirk in Oberösterreich, aus dem sich nicht Frauen melden, die Angst haben zur Arbeit zu gehen, aber vom Chef oder von der Chefin dazu gezwungen werden", heißt es aus der Arbeiterkammer. Eine typische Antwort bekam eine junge Frau: "Du kannst ja eh kündigen, wenn es dir nicht passt!" Eine Antwort, die man auch in anderen Unternehmen hört: Arbeitgeber sagen schlichtweg, dass ihnen das egal und die Arbeit schlichtweg zu machen sei.

"Nur ein kleiner Teil der Missstände kann beim Arbeitsinspektorat angezeigt werden, da die Beschäftigten große Angst vor einem Jobverlust haben und in der Firma massiv unter Druck gesetzt werden", so Kalliauer. Er fordert eindeutige Regelungen für Unternehmen, die auch einzuhalten seien und entsprechend kontrolliert werden.