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Schweiz: Maskenpflicht für Geimpfte soll fallen

Für die Schweizer Politik ist klar: Geimpfte verbreiten das Virus nicht mehr. Deshalb gerät nun auch die Maskenpflicht unter Druck. Experten warnen.

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FFP2-Masken: Nicht alle sind laut Stiftung Warentest gleich gut.
FFP2-Masken: Nicht alle sind laut Stiftung Warentest gleich gut.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Geht es nach dem Schweizer Bundesrat, müssen Geimpfte und Genesene künftig nicht mehr in Kontakt- oder Reisequarantäne. Denn: Sie seien immun und übertragen die Krankheit nicht mehr. Das schlug die Regierung am Mittwoch im Rahmen der neuen Maßnahmen ab dem 31. Mai den Kantonen vor.

Eidgenössische Politiker fordern nun, dass der Bundesrat aus seiner Feststellung, Geimpfte seien nicht mehr ansteckend, weitere Konsequenzen zieht. "Eine Befreiung der Maskenpflicht wäre theoretisch ebenfalls möglich", sagt etwa Mitte-Nationalrat Lorenz Hess, relativiert aber: "Praktisch ist sie aber schlecht umsetzbar, da man ja nicht sieht, wer geimpft ist. Für einen Zugkontrolleur wäre das zum Beispiel extrem mühsam."

Weiter sind die USA: Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC hält fest, dass Geimpfte in vielen Situationen keine Masken mehr tragen müssen. Auch in Österreich wird ein solcher Schritt geprüft.

Mit der steigenden Impfquote wird sich aber in allen Ländern die Frage stellen, wann die Maskenpflicht für alle fällt.

In der Schweiz hatte das Bundesamt für Gesundheit noch im März erklärt, man müsse auch nach der Durchimpfung für den Schutz der Ungeimpften eine Maske tragen, ansonsten drohe eine vierte Welle.

Wann fällt die Maske?

Für Hess ist spätestens ab jenem Zeitpunkt, an dem sich alle impfen lassen konnten, eine allgemeine Maskenpflicht nicht mehr haltbar: "Geimpfte sollen nicht weiter Masken tragen müssen, nur weil es Leute gibt, die sich nicht impfen lassen wollen."

Skeptischer zeigt sich Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel, die auch als Präsidentin der nationalrätlichen Gesundheitskommission im Amt ist. Sie begrüßt zwar, dass Geimpfte ihre Freiheitsrechte zurückbekommen, sagt aber: Für weitere Unterscheidungen sei es noch zu früh. "Zumindest im öffentlichen Raum sollten immer noch die gleichen Regeln für Geimpfte und Nicht-Geimpfte gelten, bis alle geimpft werden, die das wollen."

Experten warnen

Dass Geimpfte das Virus nicht mehr weitergeben und die Maskenpflicht deshalb obsolet wird, ist in der Wissenschaft umstritten. "Geimpfte können sich weiterhin mit Sars-CoV2 infizieren und es weiter übertragen, ohne selbst Symptome zu entwickeln oder an Covid-19 zu erkranken", twitterte die Genfer Virologin Isabella Eckerle.

Allerdings scheine eine Infektion nach der Impfung seltener zu sein und wenn diese eintritt, dann sei die Viruslast geringer. Nur Geimpfte unter sich könnten sich deshalb mehr Freiheiten erlauben. Beim engen Kontakt mit Ungeimpften sollten jedoch weiterhin Hygiene- und Abstandsregeln gelten, so die Virologin. Sie fordert die Geimpften auf, sich in Geduld zu üben.

Kein Allheilmittel

Die Thematik birgt soziale Sprengkraft: Auf Social Media nerven sich einige User, wie unangenehm es sei, dass Geimpfte ihnen "ungetestet" überall zu nahe kämen und sich für unverwundbar hielten. Urte Scholz, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Universität Zürich, erklärt, warum Geimpfte mit den Corona-Maßnahmen leichtfertiger umgehen:

"Die Politik propagiert die Impfung schließlich als Allheilmittel für die Rückkehr in die Freiheit." Nach der langen Zeit des Verzichts sei der Drang, sich wieder normal zu verhalten, umso größer. "Viele Geimpfte vergessen dann, dass sie das Virus möglicherweise noch immer weiterverbreiten können."

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