Wirtschaft

Schweizer Firma gibt unbegrenzt Ferien

Heute Redaktion
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Bild: Fotolia.com

Unbegrenzte Ferien, Rückerstattung von Ferienausgaben und eine Weltreise nach fünf Jahren Arbeit in der Firma. Warum ist die Fintech-Firma Advanon so großzügig?

Einen solchen Chef wie Phil Lojacono wünschen sich wohl Tausende Angestellte. Der Gründer und CEO des Fintech-Unternehmens Advanon gewährt der Belegschaft nämlich unbegrenzte Ferientage und die Rückerstattung von privaten Ferienausgaben. Kommt hinzu: Wer fünf Jahre im Betrieb gearbeitet hat, bekommt eine Weltreise geschenkt.

Die "Handelszeitung" bezeichnet darum Lojacono in ihrer neusten Ausgabe als "großzügigsten Chef der Schweiz". Die Mitarbeiter-Goodies nennt die Firma "Advaperks" (Perk heißt auf Deutsch Vergünstigung oder Nebenleistung).

Das neue Mitarbeiterprogramm von Advanon – das Start-up verdient sein Geld mit der Vorfinanzierung von Rechnungen für KMU – setzt neue Standards im Bereich der Lohnnebenleistungen, den sogenannten Fringe-Benefits. Man sehe die Veränderungen im Arbeitsmarkt und habe darum ein Programm auf die Beine gestellt, das dem heutigen Zeitgeist entspreche, sagt Lojacono.

Dazu gehört lange Elternzeit und auf Wunsch bis zu acht Wochen Home-Office pro Jahr. Zudem sollen sich die Mitarbeiter laut Lojacono privat um nichts Lästiges mehr kümmern müssen. Das heißt: Wer einen Steuerberater braucht, erhält einen. Advanon wurde vor drei Jahren gegründet und hat kürzlich in einer Finanzierungsrunde 13 Millionen Franken (12,2 Millionen Euro) eingesammelt.

Findet die Firma keine geeigneten Mitarbeiter?

Matthias Mölleney, Präsident der Zürcher Gesellschaft für Personal-Management und Direktor des Future Work Forum in London, findet das Ferienkonzept von Advanon nachvollziehbar. Bei Wissensarbeitern habe die Arbeitszeiterfassung eigentlich nur mehr den Zweck, diese vor Überlastung zu schützen. "Die Leistung und ihre Messung werden über inhaltliche Zielvereinbarungen geregelt, bei denen die Anwesenheit keine Rolle mehr spielt. In einem solchen Umfeld liegt es dann tatsächlich in der Verantwortung der Arbeitskräfte, die Länge ihrer Ferien zu definieren", so der Experte.

Personalexperte Mölleney stellt in der "Handelszeitung" aber die Frage, warum statt der vielen Benefits nicht einfach mehr Lohn angeboten wird. Findet die Firma keine geeigneten Mitarbeiter? Beim Unternehmen heißt es, dass der Wettbewerb im Bereich Softwareentwicklung eine große Herausforderung sei. Den Nachteil der im Vergleich mit Großkonzernen tieferen Löhne will Advanon über Mitarbeiterbeteiligungen am Unternehmen wettmachen.

"Große Freiheiten bedeuten mehr soziale Kontrolle"

Bruno Staffelbach, Direktor des Zentrums für Human Resources Management an der Universität Luzern, wendet ein, dass die arbeitsvertraglichen Regeln und Normen das eine seien, die Regeln und Normen der Gruppendynamik, also der sozialen Kontrolle und des Führungsverhaltens, das andere. "Arbeitsvertrag, Führung und Gruppendynamik sind in der Regel in der Balance", so Staffelbach. "Je größer zum Beispiel die arbeitsvertraglichen Freiheiten sind, desto intensiver ist in der Regel die soziale Kontrolle von Leistung und Verhalten."