Wintersport

Ex-Springer tobt: "ÖSV begann mit Material-Beschiss"

Frontal-Angriff vom ehemaligen Schweizer Skispringer Andreas Küttel. Der unterstellt Österreichs Skisprung-Team eine Anzug-Mogelei. 

Heute Redaktion
Der Schweizer Ex-Skispringer Andreas Küttel spricht über Material-Mogeleien im Skispringen.
Der Schweizer Ex-Skispringer Andreas Küttel spricht über Material-Mogeleien im Skispringen.
Imago Images

Fünf Weltcupsiege feierte der heute 43-Jährige in seiner Karriere, stellte 2011 schließlich die Sprungski ins Eck. Damals wie heute werde bei den Skispringern gemogelt, meinte Küttel nun im Schweizer "Blick". Und zeigte dann mit dem Finger auf den ÖSV: "Die Österreicher haben mit dem Material-Beschiss begonnen. Kurz darauf folgte die internationale Konkurrenz." 

Küttel erzählt über aktive Zeit

In kaum einem anderen Sport ist die Bekleidung derart entscheidend. Es gibt regelmäßig Kontrollen, um die Größe des Sprunganzugs zu messen. Je größer, desto mehr Tragfläche ist vorhanden. Und desto besser können Skispringer durch die Lüfte segeln. Doch auch die Luftdurchlässigkeit des Materials ist entscheidend, wird ebenso überprüft. Küttel nutzte deshalb Haarspray, um die Durchlässigkeit seines Anzugs zu verringern – ein legaler Trick. 

1/24
Gehe zur Galerie
    Das machen die Ex-ÖSV-Stars heute. Österreichs größte Ski-Legenden im Ruhestand.
    Das machen die Ex-ÖSV-Stars heute. Österreichs größte Ski-Legenden im Ruhestand.
    gepa, picturedesk, Instagram

    Küttel beklagt, dass Kontrollen hinter verschlossenen Türen stattfinden würden. Material-Chef Sepp Gratzer, der 30 Jahre für die Kontrollen zuständig war, 2021 abtrat, meinte im Bericht: "Wir wollten nie Polizei spielen und unbedingt jemanden erwischen. Wir haben mit den Athleten auf Augenhöhe diskutiert." 

    "Anzug-Trick" im ÖSV?

    Der ehemalige Schweizer Skispringer schilderte auch, wie er seinen Angaben zufolge die Anzug-Mogelei in Österreichs Sprung-Team enttarnte. Dies geschah im Jahr 2005 in Lillehammer, als er im zweiten Durchgang mit Schanzenrekord zu seinem ersten Weltcup-Erfolg flog. Tags darauf habe der damalige ÖSV-Cheftrainer Alexander Pointner den Schweizer beim Frühstück gefragt, ob er zwischen den Durchgängen den Anzug wechselte. "Ich habe nur den einen Anzug", entgegnete Küttel. 

    Unmittelbar danach habe der heute 43-Jährige verstanden, worauf Pointner hinaus wollte. "Wenn du nach dem ersten Durchgang in die Kontrolle musst, konntest du davon ausgehen, dass du nach dem zweiten Sprung verschont bleibst", erläuterte Küttel. Also hätten, so die Unterstellung, die Top-Springer einfach ihre Anzüge getauscht, einen etwas Größeren genommen. Durch identische Anzugfarben sei dies auch keinem aufgefallen. Und auch nach dem Bewerb habe es nie Disqualifikationen gegeben, meinte der Schweizer Ex-Springer. Pointner reagierte im Blatt auf die Anschuldigungen nicht. 

    Aktiver Springer packt aus

    Dass sich viele auch in der laufenden Saison an der Grenze des Erlaubten befinden, zeigen immer wieder auftretende Disqualifikationen während der Bewerbe. Doch viele passieren mit eigentlich verbotenen Anzügen die Kontrollen, wie ein nicht namentlich genannter Springer im "Blick" berichtete. Er habe die obligatorische Schritt-Kontrolle, die jeder Sportler vor dem Sprung absolvieren muss, am Kulm ohne Einwände passiert, wurde auch nach seinem Sprung nicht kontrolliert. "Zurzeit kann ich die Anzugskontrolle nicht ernst nehmen", habe dieser Springer demnach gesagt. "Ich ziehe den Anzug nach oben, dass an meinen Schultern vorübergehend deutlich mehr Stoff ist", erklärte der Springer demnach. So könne er vier Zentimeter an Beinlänge gewinnen, mehr Stoff bedeutet in diesem Fall einen größeren Segel-Effekt. Nach passierter Kontrolle am Anlauf werde der Anzug wieder zurecht gerutscht. 

    "Es betrügen praktisch alle, da muss ich mitziehen, sonst habe ich keine Chance. Man hätte früher durchgreifen müssen, jetzt sind die Kontrolleure machtlos, sonst müssten sie das halbe Starterfeld disqualifizieren", schloss der anonyme Springer. Christian Kathol, der mittlerweile für die Anzug-Kontrolle zuständig ist, rechtfertigte sich: "An einem Wettkampfwochenende kann ich maximal 80 bis 85 Prozent der Springer ausführlich überprüfen. Für alle haben wir keine Zeit und zu wenig Kontrolleure." 

    1/19
    Gehe zur Galerie
      Das sind Österreichs Medaillen-Helden von den Olympischen Winterspielen in Peking 2022.
      Das sind Österreichs Medaillen-Helden von den Olympischen Winterspielen in Peking 2022.
      Picturedesk, Gepa
      Mehr zum Thema