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"Und ich möchte nicht auf der Strecke bleiben"

Semino Rossi hat sich Zeit genommen, um mit "Heute" über sein neues Album "So ist das Leben" zu plaudern.

Heute Redaktion
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    Semino Rossi
    Semino Rossi
    (Bild: kein Anbieter/imago stock & people)

    Vor kurzem ist das neue Album "So ist das Leben" von Semino Rossi erschienen. Im entspannten Gespräch mit "Heute" plaudert der 57-jährige Schlagerstar über die neue Musik, seinen Enkelsohn, sein spanisches Cover eines Andreas-Gabalier-Hits, die veränderte Schlagerwelt und wie er sich darin zurechtfindet.

    Heute: Ihr neues Album heißt „So ist das Leben". Laut Albert Camus ist das Leben die Summe all unserer Entscheidungen. Welche Entscheidungen haben Ihr Leben am meisten beeinflusst?

    Semino Rossi: Zum Beispiel, mit 21 Jahren mein Land zu verlassen mit einem One-Way-Ticket und 200 Dollar in meiner Tasche. Das war eine sehr entscheidende Sache. Sonst wäre ich heute nicht hier. Manchmal muss man auch mutige Entscheidungen treffen. Nur du selber kannst für dich Entscheidungen treffen, niemand sonst. Entscheidungen, die unser Leben prägen: im Berufsleben, bei der Familienplanung und welchen Freunden du vertraust. Die Entscheidung, die richtigen Worte zum richtigen Augenblick zu sagen und deine Persönlichkeit zu verteidigen. Das alles sind wichtige Entscheidungen im Leben eines Menschen.

    Heute: Entscheidungen sind ja nicht immer nur positiv. Gibt es auch Entscheidungen, die Sie im Nachhinein bereuen?

    Semino Rossi: Es kann sein, dass man manchmal eine Entscheidung trifft, die nicht richtig ist. So etwas hat dann aber den Hintergrund, dass sie einem in diesem Augenblick richtig erschien und man dann später daraus etwas lernt und diesen Fehler kein weiteres Mal macht. Es ist auf jeden Fall besser, eine falsche Entscheidung zu treffen als gar keine Entscheidung.

    „Es ist auf jeden Fall besser, eine falsche Entscheidung zu treffen als gar keine Entscheidung"

    Heute: Auf dem neuen Album finden sich 12 Titel, die alle durchwegs positiv sind.

    Semino Rossi: Eine positive Einstellung im Leben ist total wichtig. Mein Glas ist immer halb voll. Mit einer positiven Einstellung ist das Leben selber gleich viel positiver. Egal, was passiert. Es hängt immer davon ab, wie du das Leben siehst.

    Heute: Zwei Songs auf „So ist das Leben" sind auf Spanisch. Fühlen Sie sich auf Spanisch oder auf Deutsch wohler beim Singen?

    Semino Rossi: Die spanische Sprache ist meine Muttersprache. Sie ist für mich einfacher zu lernen, einfacher zu singen, einfacher für alles. Aber die Musik selber hat keine Sprache. Sie ist viel mehr als Worte. Die Sprache ist ein Medium, eine Brücke, um zu kommunizieren, was man sagen will.

    Heute: Ein Titel Auf dem Album „So ist das Leben" findet sich auch eine Coverversion von „Amoi Segn Ma Uns Wieder" von Andreas Gabalier, die Sie auf Spanisch singen. Wie kam es dazu?

    Semino Rossi: Ich habe das Lied von Andreas Gabalier gehört und ihn dann gefragt: ‚Andreas, ich würde dein Lied gerne auf Spanisch singen. Weil es mich persönlich sehr berührt. Er sagte‚ Semino, das kannst du gerne machen'. Also hab ich „Un dia nos volveremos a ver" aufgenommen. Jeder von uns hat in irgendeiner Form eine geliebte Person verloren und Abschied nehmen müssen. Er auf seine Weise, ich auf meine Weise, mein Vater ist mit 71 Jahren an Krebs gestorben.

    „Ich kann aber nicht solche Lieder singen wie Andreas Gabalier, ich bin Semino Rossi"

    Heute: Wie waren die Reaktionen auf die Coverversion?

    Semino Rossi: Die meisten Leute finden den Song gut, auch wenn sie kein Spanisch verstehen. Ich habe das Lied auch nach Argentinien geschickt und auch von dort gibt es total gutes Feedback darauf.

    Heute: Die Schlagerwelt hat sich in den letzten Jahren durch Künstler wie Helene Fischer, Vanessa Mai und Andreas Gabalier stark geändert. Auch die Ansprüche der Fans haben sich verändert. Reagiert man da als Künstler auf diese Veränderungen, passt man sich dem Markt an? Oder macht man einfach so weiter wie bisher?

    Semino Rossi: Gar nichts kann man gar nicht machen. Man muss sich auch ein bisschen ändern. Man muss mit dem Trend mitgehen und dennoch eigenständig bleiben, seinen eigenen Stil sollte man nicht verlieren. Ich bin sehr dankbar dafür, dass junge Künstler auch junge Fans in den Schlager gebracht haben.

    Andreas Gabalier zum Beispiel hat die „Cultura Vida" mitgenommen. Bei seiner Stadiontour kommen tausende Leute in der Tracht. Das ist unsere Kultur und die Kultur von Österreich. Das ist Heimat, das ist Essen. Er spricht von Knödeln, von den Bergen, das ist Zuhause. Es ist gut, wenn so etwas passiert. Und als Künstler kann man sich an dieser Schiene ausrichten, in welcher Form, bleibt einem selber überlassen. Ich kann aber nicht solche Lieder singen wie Andreas Gabalier, ich bin Semino Rossi. Ich habe meinen eigenen Weg, meine eigene Form, zu singen. Aber ich bin auch sehr modern geworden. Ich habe mit Thorsten Brötzmann einen Produzenten, der auch mit Helene Fischer, Howard Carpendale, Matthias Reim, Nik P und vielen anderen zusammenarbeitet. Wir haben schon zu meinem letzten Album zusammengearbeitet, das Gold-Status erreicht hat. Kreative Impulse bei der Produktion wirken sich natürlich auch auf meinen Sound aus.

    Genauso wichtig sind Facebook und Instagram. Ich habe vor zwei Wochen einen Instagram-Account angelegt. Manchmal poste ich noch zweimal das gleiche Foto und die Fans sagen: ‚Was machst du'. Keine Ahnung, ich lerne noch. Entweder machst du sowas, oder du bleibst auf der Strecke. Und ich möchte nicht auf der Strecke bleiben. Die jungen Leute haben diese wunderbare Energie, diesen Mut, den auch die älteren Leute brauchen. Ich liebe junge Leute, weil sie weniger Angst haben und sich nicht von Vorsicht und Bedenken leiten lassen.

    Heute: Sie suchen jetzt also auch über Soziale Medien den Kontakt zu den Fans?

    Semino Rossi: Das musst du machen. Ich habe das Glück, dass diese jungen Leute, Vanessa Mai, Andreas Gabalier, ein neues Publikum mitbringen. Und dieses neue Publikum hört dann indirekt den Opa Semino. Das freut mich und es ist eine positive Sache. Vor fünf Jahren wollten junge Mädchen Fotos von mir für ihre Omas, heute wollen sie die Fotos für sich selber haben.

    „Das ist ein Zeichen, dass wir doch nicht so dumm sind. Wir haben auch Geschmack."

    Heute: Gibt es irgendwas, was sie sich für den Schlager noch wünschen würden?

    Semino Rossi: Warum gibt es in den deutschsprachigen Ländern nicht mehr Fusion zwischen den Musikrichtungen, Latino mit Schlager oder Schlager mit Pop zum Beispiel? In anderen Ländern, wie den USA, ist diese Fusion normal. Ein Countrymusiker singt mit einem Popstar und alles ist wunderschön. Hierzulande schämen sich viele Kollegen aus dem Schlager dafür, dass sie diese Musik gern machen, obwohl wir immer in den Top-Platzierungen der Charts sind. Der Schlager füllt Stadien. Das ist ein Zeichen, dass wir doch nicht so dumm sind. Wir haben auch Geschmack.

    Heute: Vor drei Monaten hat sich Ihr Leben geändert. Sie sind zum ersten Mal Großvater geworden.

    Semino Rossi: Ein Enkelkind zu bekommen, ist ein Geschenk Gottes. Es ist eine zweite Chance, Papa zu sein. Weil es ja keine Schule gibt, in der man das Elternsein lernt, trifft man als Elternteil manchmal Entscheidungen, die man 30 Jahre später dann mit anderen Augen sieht. Heute, mit 57 Jahren, werde ich viele Sachen mit Leonardo machen, die ich mit meinen Töchtern nie gemacht habe. Jetzt ist mein Enkel in unserem Leben und genießt die ganze Aufmerksamkeit. Papa Semino Rossi wurde auf die Seite geschoben und jetzt ist Leonardo der Prinz der Familie. Ich warte auf meine Zeit, momentan ist noch die Zeit von Mama und Papa. Und irgendwann werde ich Leonardo schwimmen und Fußballspielen beibringen. Schließlich bin ich Rettungsschwimmer und komme aus Rosario, der gleichen Stadt wie Lionel Messi.