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Separatisten siegen überraschend deutlich

Heute Redaktion
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Bei den Wahlen in der spanischen Krisenregion haben die Separatisten die absolute Mehrheit erreicht. Die Rekord-Wahlbeteiligung lag bei fast 82 Prozent.

Nach der Parlaments-Neuwahl in der spanischen Krisenregion Katalonien ist kein Ende der seit Monaten andauernden Krise in Sicht. Die Separatisten kamen bei der Abstimmung erneut auf eine absolute Mehrheit der Sitze.

Laut der Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen gewannen die drei Parteien, die für eine Abspaltung von Spanien eintreten, am Donnerstag zusammen 70 von 135 Sitzen im Regionalparlament. Die absolute Mehrheit liegt bei 68 Sitzen. Erreicht wurde unter den 5,5 Millionen Wahlberechtigten eine Rekord-Wahlbeteiligung von fast 82 Prozent, wie die Wahlbehörde mitteilte.

"Spanischer Staat wurde besiegt"

Der katalanische Ex-Regierungschef Carles Puigdemont fand nach dem Sieg der Separatisten deutliche Worte für Madrid. "Der spanische Staat ist besiegt worden", sagte er in Brüssel. Für den spanischen Ministerpräsidenten sei das Votum ein "Schlag ins Gesicht" gewesen. Europa müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Lösung von Mariano Rajoy nicht funktioniere.

Die EU-Kommission erklärte in einer ersten Stellungnahme, dass sich ihre Haltung in der Katalonien-Frage "nicht ändern" werde. "Es handelt sich um eine Regionalwahl, und das haben wir nicht zu kommentieren", sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel. Die Kommission hatte wiederholt eine Einmischung in die Auseinandersetzung zwischen Madrid und Brüssel abgelehnt.

Überraschend deutliches Resultat

Die Gegner der Unabhängigkeit verpassten die absolute Mehrheit überraschend deutlich – Umfragen hatten zuletzt hingegen immer ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Separatisten prognostiziert. Damit scheint nun eine weitere Konfrontation mit der Zentralregierung in Madrid vorprogrammiert zu sein.

Die Allianz JuntsxCat (Gemeinsam für Katalonien) von Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont schnitt entgegen aller Umfrageergebnisse der vergangenen Wochen extrem gut ab und kam alleine auf 34 Sitze. Die linksnationalistische Partei ERC des inhaftierten Spitzenkandidaten Oriol Junqueras holte 32 Sitze, während die linksalternative und antikapitalistische CUP zwar Einbrüche erlitt, aber mit ihren vier Sitzen die Mehrheit erst möglich macht.

Plädoyer für Koexistenz

Der eigentliche Gewinner der Wahl ist dennoch die liberale Partei Ciudadanos der 36-jährigen Spitzenkandidatin Inés Arrimadas, die strikt gegen eine Abspaltung der Region von Spanien ist. Ciudadanos kommt sogar auf 36 Sitze – jedoch gab es wegen des schlechten Abschneidens der möglichen Koalitionspartner keine Chance auf eine Regierungsbildung.

Arrimadas kündigte an, im künftigen Parlament weiter gegen die Unabhängigkeitsbefürworter vorgehen zu wollen. "Die pro-separatistischen Kräfte können niemals behaupten, für ganz Katalonien zu sprechen", sagte sie. Es solle weiter für eine friedliche Koexistzenz gekämpft werden, für einen gesunden Menschenverstand und ein Katalonien für alle Katalanen.

Wer Regionalpräsident wird, war noch unklar. Sowohl Puigdemont, der sich nach Brüssel abgesetzt hat, als auch der in U-Haft sitzende Junqueras hatten vor der Abstimmung erklärt, sie wollten das Amt für sich beanspruchen.

Mit Spannung wird erwartet, wie Puigdemont auf das Wahlergebnis reagieren wird. Kehrt er nach Katalonien zurück, droht ihm die sofortige Festnahme. Ihm und seinen Mitstreitern werden Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Darauf stehen lange Haftstrafen.

Zwangsverwaltung seit zwei Monaten

Die Neuwahl fand knapp zwei Monate nach der Absetzung der Separatisten-Regierung durch die Zentralregierung von Mariano Rajoy statt. Seither kontrolliert diese die Region. Die Zwangsverwaltung soll in Kraft bleiben, bis die neue Regionalregierung ihr Amt antritt. Dies könnte aber im Falle von schwierigen Koalitionsverhandlungen noch einige Zeit dauern.

Für Katalonien war die Wahl extrem wichtig und richtungsweisend. Seit Wochen gab es in ganz Spanien kaum ein anderes Thema in den Medien. Durch die absolute Mehrheit der separatistischen Parteien geht der Ärger mit Madrid nun vermutlich weiter, auch wenn mehrere Spitzenpolitiker vor der Wahl betont hatten, sie wollten künftig mehr auf einen Dialog setzen. "Aber die Beziehung zu Spanien wird nie wieder dieselbe sein", sagte der separatistische Wähler Xavi in Barcelona nach der Stimmabgabe.

(red)