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Silvio Berlusconi empört mit Juden-Vergleich
Der rechtskräftig wegen Steuerbetrugs verurteilte Ex-Premier Silvio Berlusconi hat mit einer Aussage, seine Kinder würden sich wie Juden unter Hitler fühlen, empörte Reaktionen von der jüdischen Gemeinde und den linken Parteien in Italien hervorgerufen. Berlusconi bekräftete in dem Interview außerdem, er werde im Fall seines Ausschlusses aus dem Parlament und dem Verlust seiner Immunität Italien nicht verlassen.
Auch seine Kinder würden unter seiner Verurteilung sehr leiden, so Berlusconi im Gespräch mit dem italienischen Starjournalisten Bruno Vespa: „Sie behaupten, sie begreifen jetzt, wie sich die jüdischen Familien in Deutschland unter Hitler gefühlt haben müssen. Alle sind gegen uns“.
"Unangebracht und beleidigend"
Der Vergleich sei "unangebracht, unbegreiflich und beleidigend für diejenigen, die nach unsagbarem Leid jegliches Recht und auch das eigene Leben verloren haben“, kritisierte der Präsident der jüdischen Gemeinden in Italien, Renzo Gattegna. „Die Republik Italien ist ein demokratischer Staat. Das Deutschland unter dem Nazi-Regime war eine grausame Diktatur unter Kontrolle von Kriminellen, die abscheulichste Verbrechen gegen die Menschheit begingen", schrieb Gattegna. Jeglicher Vergleich mit der Situation der Familie Berlusconis sei unangebracht und beleidigend.
Entschuldigung gefordert
„Berlusconi zeigt eine obszöne Respektlosigkeit gegenüber den Juden unter Hitlers Regime. Seine Kinder sollten sagen, ob sie wirklich so denken, wie ihr Vater behauptet. Keine Person mit Verantwortungsbewusstsein sollte einen Vergleich dieser Art wagen“, kritisierte auch der Parlamentarier der Demokratischen Partei (PD), Edoardo Patriarca. „Berlusconis Vergleich ist unannehmbar: Er ist kein Verfolgter, sondern untersteht wie alle Italiener dem Rechtsstaat“, meinte der Mitte-links-Politiker Alessandro Zan. Berlusconi sollte sich bei der jüdischen Gemeinschaft entschuldigen.
Italien nicht verlassen
„Ich bin ein 100-prozentiger Italiener. In Italien habe ich meine Wurzeln. In Italien bin ich das geworden, was ich bin. Ich bin hier Unternehmer, Mann des Sports und Politiker. Das ist mein Land, das Land, das ich liebe. Ich ziehe es nicht einmal in Erwägung, Italien zu verlassen“, sagte Berlusconi in dem Interview weiter.
Abstimmung über Berlusconis Ausschluss
Der italienische Senat entscheidet am 27. November über einen Ausschluss Berlusconis aus der zweiten Parlamentskammer. Damit verlöre er auch seine Immunität als Parlamentarier, die ihn vor Festnahmen schützt. Dies könnte in weiteren Verfahren von Bedeutung sein, die noch gegen Berlusconi laufen. Unter anderem wird ihm Sex mit einer Minderjährigen vorgeworfen.
Ein Ausschluss des Mitte-Rechts-Politikers aus dem Senat könnte auch die Koalition von Ministerpräsident Enrico Letta erneut in eine Krise stürzen. Denn Berlusconi hat wiederholt damit gedroht, seine Partei Volk der Freiheit werde die Regierung verlassen, sollten Lettas Sozialdemokraten für seinen Ausschluss aus dem Senat stimmen.