Wien

Sima: Wohnen in Wien ohne Stadtstraße deutlich teurer

Mit einem Appell fordert Stadträtin Sima ein Ende der Besetzung der Stadtstraße. Die Lobau sei dadurch nicht in Gefahr, dafür aber der Wohnbau.

Louis Kraft
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    Die Stadt macht Druck beim Baustart für die Stadtstraße in der Donaustadt. Gemeinsam mit dem Vorstandssprecher der Wien 3420 aspern Development AG, Gerhard Schuster (l.) und wohnfonds_wien-Geschäftsführer Gregor Purscher (r.) sowie Vertretern gemeinnütziger Bauträger machte Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) heute klar, was aus ihrer Sicht droht, wenn die Stadtstraße nicht kommt.
    Die Stadt macht Druck beim Baustart für die Stadtstraße in der Donaustadt. Gemeinsam mit dem Vorstandssprecher der Wien 3420 aspern Development AG, Gerhard Schuster (l.) und wohnfonds_wien-Geschäftsführer Gregor Purscher (r.) sowie Vertretern gemeinnütziger Bauträger machte Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) heute klar, was aus ihrer Sicht droht, wenn die Stadtstraße nicht kommt.
    Sabine Hertel

    "Wer die Stadtstraße verhindert, verhindert auch sozialen Wohnbau für 60.000 Menschen", fasst Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) zusammen. Während die Stadt das von Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) verkündete Aus für die Nordostumfahrung und den Lobautunnel weiter mit allen rechtlichen Mitteln anfechten will, macht sie Druck in Bezug auf einen baldigen Baustart für die Stadtstraße in der Donaustadt. 

    Nur Besetzter verhindern noch den Baustart

    Unterstützt von Vertretern einiger Wiener gemeinnütziger Wohnbauträger, richtete Sima heute, Donnerstag, via Medien einen Appell an die Aktivisten, die Besetzung der Baustellen zu beenden. Denn deren Blockade ist derzeit das einzige, das einen Baustart noch verhindert. Es habe zwar schon Gespräche zwischen den Aktivisten und der Stadt gegeben, eine Lösung wurde aber nicht gefunden. Zwar könnte die Stadt jederzeit die Räumung der Baustellen in Auftrag geben, doch für die Bilder, die dabei entstehen würden, will im Rathaus offenbar niemand verantwortlich sein.

    Aus für Stadtstraße macht Wohnen in ganz Wien teurer

    Und so bleibt es vorerst bei dem medial übermitteltem Versuch der Überzeugung. Für Sima gebe es dafür keinen Grund mehr, denn: Die Stadtstraße sei für den Nationalpark Lobau keine Gefahr, dafür aber essentiell für die Errichtung dringend nötiger neuer sozialer Wohnbauten. "Wird die Stadtstraße nicht gebaut, so können Wohnungen für 60.000 Menschen nicht gebaut werden. Das führt zu höheren Wohnungskosten in ganz Wien", warnte Sima.

    Etwa 8.500 neue Wohnungen für rund 20.000 Menschen sind alleine auf den Grundstücken, die der wohnfondsw wien bereitstellt, von der Stadtstraße abhängig. "Das sind rund ein Fünftel der Wohnungen auf unseren derzeitigen Potentialflächen. Die Dynamik wäre fatal – weniger geförderte Wohnungen bedeuten umso höhere freifinanzierte Mieten – und der Entfall eines Investitionsvolumens von knapp zwei Milliarden Euro hätte auch auf die Bauwirtschaft massive negative Auswirkungen", betont Geschäftsführer Gregor Puscher.

    Die Wohnbauträger forderten vor allem Rechts- und Planungssicherheit, um mit ihren Projekten fortfahren zu können. "Gerade für den geförderten sozialen Wohnbau hat die geplante Stadtstraße einen besonders hohen Stellenwert. Für den Bezirk Donaustadt würde ein Stopp der Stadtstraße das Aus für eine erhebliche Anzahl an derzeit in Entwicklung befindlichen Projekten und somit leistbaren Wohnraum in Wien bedeuten", erklärt etwa der Generaldirektor der ÖSW-Gruppe und Landesgruppenobmann-Stellvertreter der Gemeinnützigen Bauträger Wien Michael Pech.

    Bauträger sehen tausende Wohnungen in Gefahr

    Direkt vom Bau der Stadtstraße betroffen sind neben der Seestadt Nord auch die Entwicklungsgebiete Berresgasse, Hausfeld und Am Heidjöchl (alle Donaustadt). "Für die Seestadt Nord sind Stadtstraße und S1-Spange in der städtebaulichen UVP zwingend vorgeschrieben. Ohne Straße keine Seestadt Nord", fasst Sima zusammen.

    Allein die Gesellschaften der ÖSW-Gruppe haben in der Donaustadt rund 450 Wohnungen im Nordosten in Bauvorbereitung und ein Widmungspotenzial von rund 1.200 Wohneinheiten. Davon sind zwei Drittel, also rund 800 Wohneinheiten, als geförderter Wohnbau geplant. Bei der ARWAG hängen 500, teils geförderte Wohnungen, sowie Flächen für Kleingewerbe oder Dienstleistungen an de Stadtstraße. Beim Österreichischen Volkswohnungswerk sind es alleine in der Seestadt Aspern mehr als 600 Wohnungen sowie Büros und Gewerbeflächen.

    Aus für sozialen Wohnbau auch fatal fürs Klima

    Das habe wiederum negative Auswirkungen aufs Klima: Wenn die Wohnungen nicht gebaut werden, würden die Menschen woandershin ziehen. Vor allem an den Speckgürtel, der deutlich weniger Öffi-Dichte aufweisen, was wiederum zu mehr Verkehr führe, wird argumentiert. Zudem hänge auch die Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts Wien an der Stadtstraße. "Firmen siedeln sich nicht an, wenn es keine attraktive Straßeninfrastrukur gibt, die Seestadt Aspern, die ja von einem Mix aus Wohnen und Arbeiten lebe, droht zur Schlafstadt zu werden", warnt Sima. 

    Radwegenetz rund um Stadtstraße soll wachsen

    Neben der Stadtstraße und der S1-Spange bis nach Raasdorf (NÖ) tüftelt Sima auch an einem anderen Projekt der Verkehrsinfrastruktur. Derzeit lässt sie das Umfeld der Stadtstraße analysieren und hat die zuständigen Abteilungen in ihrem Ressort angewiesen, Optimierungen zu erarbeiten, etwa in Sachen Radwege. "Die Planungen meiner Grünen Vorgängerinnen (Maria Vassilakou und Birgit Hebein, Anm.) zeigen Radwege in einer Länge von rund zwei Kilometer – das ist mir entschieden zu wenig, um eine attraktive Erschließung auch per Rad zu garantieren", so Sima. Auch der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) lässt derzeit ein Radwegekonzept für den gesamten Bezirk erarbeiten. Dabei werde "natürlich auch" das Umfeld der Stadtstraße Aspern mitgedacht, heißt es.

    Aktivisten widersprechen: ""Wohnbau hängt nicht an Straßen"

    Bei den eigentlichen Adressaten des heutigen Appells zeigt dieser keine Wirkung. Auf "Heute"-Rückfrage erklärt die Gründerin des Jugendrates, Lena Schilling: "Wohnbau hängt an Mobilität, nicht an Straßen". Die Stadt sei aufgefordert ein geeignetes Verkehrskonzept zu erarbeiten. 

    Das Argument des Wohnbaus ist für Schilling "Blödsinn": "Die Stadt hat 4.000 neue Gemeindewohnungen angekündigt, aber bisher nur 300 tatsächlich errichtet. Das hat nichts mit der Besetzung zu tun".