Szene

Sitzfleisch für 18 Stunden lang Wagner

Heute Redaktion
14.09.2021, 02:19

18 Stunden, verteilt auf drei Tage, durften Opernfans ausharren, um den "Ring" von Richard Wagner komplett zu erleben. Nicht in Wagners Weihestätte Bayreuth, sondern im Tiroler Dörfchen Erl. Und wer Karten ergattern wollte, musste sich früh bemühen.

18 Stunden, verteilt auf drei Tage, durften Opernfans ausharren, um den "Ring" von Richard Wagner komplett zu erleben. Nicht in Wagners Weihestätte Bayreuth, sondern im Tiroler Dörfchen Erl. Und wer Karten ergattern wollte, musste sich früh bemühen.

Der vom unermüdlichen Erl-Initiator und Dirigenten Gustav Kuhn musikalisch geleitete vierteilige Zyklus aus "Rheingold", "Walküre", "Siegfried" und "Götterdämmerung" war seit Monaten ausverkauft. Gefordert waren Kondition und ordentlich Sitzfleisch. Die Ausdauer lohnte sich. So fand sich das Publikum am Samstag für den dritten Teil, "Siegfried", um 23 Uhr ein und spendete um 3.30 Uhr noch nahezu vollzählig den über 130 engagierten Musikern und einem glänzenden Sängerteam begeistert Applaus.

Wagners Operngesamtkunstwerk, zu dem er nicht nur Musik und Text schrieb, sondern auch genaue Spielanweisungen festlegte, ist ein märchenhaftes, mitreißendes menschliches Drama, das die germanischen Helden- und Sagenwelten als Spiegel der Verwerfungen unserer heutigen menschlichen Gesellschaft vorführt. Verrat und Mut, Hass und Neid, Intrige und Versöhnung, Mord und Freitod, Liebesglück und -leid sind die Zutaten eines fesselnden musikalischen Gefühlsbades.

Was besonders gefällt: Dass sich in Erl weder eine eitle Schickimicki- Gesellschaft, noch eine mediengeile Politprominenz bei Fantasiepreisen selbst abfeiert, sondern ein musikbegeistertes Publikum für leistbare Preise auf seine Kosten kommt. Der „Ring“ begeisterte auch den Bauunternehmer und Opernliebhaber Hans Peter Haselsteiner, der, enttäuscht von Bayreuth und dem deutschen Regietheater-Tamtam, den Bau des 2012 eröffneten neuen wintertauglichen Opernhauses und architektonischen Vorzeigprojektes ermöglichte. Ihm konnte man wohl kein schöneres Geburtstagsgeschenk als diesen Ring machen. Unser Land braucht Festspiele wie Erl und mehr Mäzene wie Hans Peter Haselsteiner. Hoch lebe die Kunst!

Es gibt neue Nachrichten auf Heute.atZur Startseite