Österreich

Sniper müssen nicht mehr ins Gefängnis

Heute Redaktion
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Die Wiener Sniper kamen beim Prozess am Straflandesgericht Wien mit einem milden Urteil davon. Sie wurden rechtskräftig zu 14 Monaten teilbedingt, davon ein Monat unbedingt, verurteilt. Da die Täter in der U-Haft bereits im Gefängnis gesessen sind, müssen sie gar nicht mehr hinter Gitter. Die jungen Männer entschädigten alle ihre Opfer - kurioserweise direkt im Verhandlungssaal und in bar. Sind Sie mit dem milden Urteil einverstanden? Nehmen Sie an der Abstimmung teil!

Die Wiener Sniper kamen beim Prozess am Straflandesgericht Wien mit einem milden Urteil davon. Sie wurden rechtskräftig zu 14 Monaten teilbedingt, davon ein Monat unbedingt, verurteilt. Da die Täter in der U-Haft bereits im Gefängnis gesessen sind, müssen sie gar nicht mehr hinter Gitter. Die jungen Männer entschädigten alle ihre Opfer - kurioserweise direkt im Verhandlungssaal und in bar. Sind Sie mit dem milden Urteil einverstanden? Nehmen Sie an der Abstimmung teil!

Die beiden jungen Männer, die im Herbst 2011 in Wien aus einem fahrenden Auto heraus mit einer Luftdruckpistole 14 Personen beschossen und getroffen hatten, müssen nicht mehr ins Gefängnis. Richter Andreas Hautz verurteilte sie jeweils zu 14 Monaten teilbedingt, davon ist nur ein Monat unbedingt. Den Rest sah er den 21 bzw. 20 Jahre alten Burschen nach, verhängte aber eine dreijährige Probezeit auf Bewährung.

Durch das milde Urteil bleibt den Tätern eine Rückkehr ins Gefängnis erspart, da ihnen die 51 Tage, die sie nach ihrer Festnahme in der U-Haft verbracht haben, auf den unbedingten Strafteil angerechnet wurden. Außerdem verhängte das Gericht Waffenverbot über das Duo und nahm beiden für 30 Monate die Führerscheine ab. Vor dem Urteil hatten die beiden Heckenschützen Geständnisse abgelegt.

Gericht: "Es bleibt unerklärlich"

"Es bleibt im Endeffekt unerklärlich, warum sie das gemacht haben", hielt das Gericht fest. Es handle sich "bei weitem nicht um unerhebliche Jugendkriminalität". Dennoch sei es "nicht notwendig, sie noch einmal einzusperren. Sie machen den Eindruck, als hätte die U-Haft einen ordentlichen Eindruck hinterlassen", so Richter Hautz.

Schuldig erkannt wurden die Täter auch für drei zeitlich vorangegangene Schussabgaben, bei denen sie die ins Visier genommenen Personen verfehlt hatten, sowie "Zielübungen" auf der Donauinsel sowie am Parkplatz der Shopping City Süd (SCS), wobei sie auf Straßenbeleuchtungskörper gefeuert hatten.

Die angeklagten Schüsse vom 30. und 31. August, die der Jüngere der beiden alleine abgeben haben soll, sowie vom 2. September, bei dem die Anklage den um ein Jahr älteren Mann als Einzeltäter gesehen hatte, wurden demgegenüber freigesprochen. "Hier war die Beweislage nicht ausreichend", befand der Richter. 

Schießübungen auf SCS-Parkplatz

Nach vorangegangenen Zielübungen auf Dosen, Flaschen und Straßenbeleuchtungskörpern "ist man halt herumgefahren und hat begonnen, wahllos auf Menschen zu schießen", sagte der Ältere der beiden, ein 21-jähriger Zivildiener. "Ich wollt' nur die Leute erschrecken. An Kick hat's geben", erklärte sein Freund, ein 20 Jahre alter Kellner.

Die Angeklagten, die sich mit übergezogenen Kapuzen und Sonnenbrillen in den Verhandlungssaal begeben hatten und solcherart maskiert mit zusätzlich vors Gesicht gehaltenen Mappen die Pressefotografen und Kameramänner abwehrten, hatten mit ihren Schießübungen in einem Waldstück sowie auf einem Parkplatz bei der Shopping City Süd (SCS) begonnen.

Staatsanwältin: "Kick reicht irgendwann nicht mehr"

"Der Kick reicht irgendwann nicht mehr. Sie begannen, auf bewegliche Ziele, auf Menschen, zu schießen", skizzierte Staatsanwältin Therese Hauser das weitere Geschehen.

Erstmals hatten die beiden Angeklagten auf der Donauinsel auf einen auf einer Parkbank sitzenden Mann geschossen. Der Jüngere hatte bei einem Spaziergang seinen Freund aufgefordert, mit einem Zielfernrohr versehenen Luftdruckgewehr auf diesen zu zielen. "Da hab' ich gesagt 'Okay' und geschossen", erklärte der Schütze. Er könne sich das "nicht erklären", fügte der 21-Jährige hinzu: "Ich hab nicht wirklich damit gerechnet, dass Verletzungen hervortreten."

Filmreife Geldübergabe

Für die beiden Angeklagten war am Freitag nicht nur Verhandlungs-, sondern auch Zahltag. Sie entschädigten alle Opfer auf Basis der vom Gerichtsmediziner ermittelten Ansprüche. Dazu hatten die beiden pralle Brieftaschen mitgebracht, in denen sich mehrere tausende Euro befanden.

Wie bei allen anderen Opfern, entschuldigten sich die beiden Angeklagten auch bei einem Polizisten, der eine Rissquetschwunde am Hals erlitten hatte und unter Vollnarkose operiert werden musste. Als das Opfer mit seinem Vater am Weg ins Fußballstadion war, um ein Europacupmatch des FK Austria Wien zu sehen, habe er "einen hellen Schnalzer" vernommen und dann einen "Schlag am Hals" verspürt, erzählte der Beamte im Zeugenstand.

Opfer: "Gehen Sie in einen Schießverein."

Einen Teil davon erhielt ein pensionierter Installateur, der während eines Spaziergangs mit seiner Ehefrau angeschossen wurde. "Die haben zu viel Zeit gehabt. Wenn ihnen fad ist, sollen sie was Anderes machen", meinte der Zeuge. Nachdem er die Entschuldigung der Burschen akzeptiert hatte, empfahl er ihnen: "Gehen Sie in einen Schießverein. Ich habe das als Junger auch gemacht."

Anklägerin: Geschehen "nicht verharmlosen"

Obwohl es zu keinen schweren Verletzungen kam, dürfe man das Geschehen "nicht verharmlosen", sagte die Anklägerin. Die Angeschossenen wären "feige aus dem Hinterhalt attackiert" worden: "Es ist reiner Zufall, dass nichts Schlimmeres passiert ist".

Die Verteidiger Normann Hofstätter und Florian Kreiner betonten, ihre Mandanten hätten niemanden verletzen wollen. "Die haben das Hirn völlig ausgeschaltet gehabt. Anders ist es nicht erklärbar", meinte Hofstätter.