Niederösterreich

So bereitet sich NÖ auf drohenden Blackout vor

„Der Krieg in Europa macht die Energiesituation im kommenden Winter nur schwer einschätzbar", so Landesvize Stephan Pernkopf.

Erich Wessely
Landesvize Stephan Pernkopf (M.) bei Sitzung von Energielenkungsbeirat
Landesvize Stephan Pernkopf (M.) bei Sitzung von Energielenkungsbeirat
NLK/Filzwieser

Zum zweiten Mal hat nun der Niederösterreichische Energielenkungsbeirat getagt. In diesem Gremium beraten Expertinnen und Experten zu Fragen der Energiesicherheit und drohender Blackouts.

„Der Krieg in Europa macht die Energiesituation im kommenden Winter nur schwer einschätzbar. Die mögliche Gasknappheit führt auch zu einer Stromknappheit. Es besteht aber kein Grund zur Panik. Wir wollen uns in Niederösterreich einfach bestmöglich darauf vorbereiten und Sicherheit geben“, erklärt Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (VP). „Wir haben eines der sichersten Netze der Welt und wir machen dieses Netz noch sicherer“, so Stephan Pernkopf im Anschluss an die Beratungen.

"Wer A sagt, muss auch B sagen"

Pernkopf gibt dabei den klaren Plan vor: „Wir wollen Sicherheit und Unabhängigkeit in Stromfragen: Dabei hilft uns der vor kurzem vorgestellte ambitionierte Weg zur Energieunabhängigkeit. Neben dem Ausbau der Wind-, Sonnen-, Wasserkraft und Biomasse, sind auch massive Investitionen in den Ausbau der Stromnetze enthalten. Denn wer A sagt, muss auch B sagen, ohne starke Stromnetze kommt der produzierte Strom nicht zu den Verbrauchern. Deswegen sollen zu den derzeit 92 Umspannwerken insgesamt 40 weitere hinzukommen. Jährlich werden über 250 Mio. Euro in die Modernisierung des Stromnetzes investiert. Und auch die erst vor kurzem in Betrieb genommene 200 Mio. Euro teure Weinviertelleitung der APG trägt zusätzlich entscheidend zur sicheren Stromversorgung Niederösterreichs und ganz Österreichs bei. Über die Leitung werden künftig bis zu 3.000 MW erneuerbare Energie aus NÖ ins überregionale Netz der APG gespeist und österreichweit nutzbar gemacht, das entspricht der Anschlussleistung von acht Donaukraftwerken.“

55 Prozent aller Windräder Österreichs stehen in NÖ

Schon jetzt stehen 55 Prozent aller Windräder Österreichs in Niederösterreich. Zu den aktuell 750 sollen nun noch 250 weitere dazu kommen und die von ihnen erbrachte Strom-Leistung insgesamt verdreifacht werden. Auch die Photovoltaik soll von aktuell rund 70.000 PV-Anlagen auf rund 200.000 Anlagen erhöht und die Leistung um 350 Prozent gesteigert werden. Das braucht auch starke Leitungen, hier plädiert das Land Niederösterreich auch auf schnellere Bundesverfahren: „Während die UVP-Verfahren in Niederösterreich in unter einem Jahr abgeschlossen werden, hängen sie dann in den nächsten Bundesinstanzen und werden um fünf und mehr Jahre verzögert. Wertvolle Jahre, die uns für die Energieunabhängigkeit und Sicherheit in ganz Österreich fehlen!“

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    Energielenkungsbeirat tagte in NÖ
    Energielenkungsbeirat tagte in NÖ
    NLK/Filzwieser

    Das macht der Energielenkungs-Beirat

    Im Energielenkungs-Beirat werden Informationen zur aktuellen europäischen und heimischen Energiesituation ausgetauscht, mögliche Szenarien der Energielenkung behandelt. Energielenkung heißt etwa, dass man Großverbraucher rechtzeitig abschaltet, bevor das Netz zusammenbricht und man somit einen Blackout verhindert. Deswegen werden hier verschiedene Szenarien durchgespielt und vorbereitend potentielle Maßnahmen, etwa Aufrufe zur freiwilligen Einsparung, angeordnetes Sparen, temporäre Abschaltungen von Großverbrauchern oder notfalls Flächenabschaltungen diskutiert. Auch Experten wie der Vorstand der E-Control Dr. Alfons Haber und Vertreter des Klimaschutzministeriums sind hier eng eingebunden. Als nächster Schritt wird es Gespräche mit  Branchenvertretern und energieintensiven Betrieben geben.

    Diese Einrichtungen haben Vorrang

    Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Netz NÖ GmbH, Netzbetreiber des Landesenergieversorgers EVN, waren im Oktober in Duisburg, um per Simulator den Ernstfall von Energieknappheit, einem Blackout und Stromausfällen zu proben. Kritische Infrastruktur – wie zum Beispiel Krankenhäuser, Seniorenwohnhäuser, Lebensmittelproduzenten, öffentlicher Verkehr, Schulen, Kindergärten und andere – haben im Fall der Energielenkung Vorrang sowie die Versorgung der Privathaushalte.

    So setzt sich Beirat zusammen

    Vorsitz durch LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf als ressortzuständiges Mitglieder der NÖ Landesregierung, jeweils ein Vertreter der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaftskammer, der Kammer für Arbeiter und Angestellte und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes; zehn Fachleute aus dem Gebiet der Energiewirtschaft von Niederösterreich: konkret Vertreter von Netzbetreibern und Energieunternehmen; zwei Bedienstete des Amtes der NÖ Landesregierung: konkret ein Amtssachverständiger für Elektrotechnik der Abteilung Anlagentechnik und ein Jurist der Abteilung Anlagenrecht.

    Eine Abschaltung kommt nach vorherrschendem Verständnis nur in Betracht, wenn gelindere Maßnahmen zur Abwendung oder Behebung einer drohenden oder eingetretenen Störung der Energieversorgung nicht ausreichen. Allfällige Maßnahmen können nicht pauschal vorab festgelegt werden, sondern müssen je nach Art und Ausmaß einer drohenden oder eingetretenen Störung der Stromversorgung und der konkreten Begleitumstände (Verbrauchs- und Erzeugungsprognosen, Wettervorhersage, Bundesvorgaben) maßgeschneidert sein, wobei deren technische Umsetzbarkeit in erster Linie mit den Netzbetreibern abgestimmt sein muss.