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So derb spricht die Behörde mit Asylwerbern

Heute Redaktion
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Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA)
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA)
Bild: picturedesk.com

Behördendokumente sind trocken und sachlich formuliert? Meistens ja. Dieser Asylbescheid aber nicht. Ein Afghane wird in einem offiziellen Dokument verhöhnt.

Wer offizielle Behördenentscheidungen erwartet, kann meist auch erwarten, dass diese ordentlich begründet und sachlich formuliert sind. Dem "Standard" liegt nun ein Asylbescheid vor, der diese Praxis krass missachtet.

Im abgelehnten Asylbescheid eines zum Christentum konvertierten Afghanen finden sich Formulierungen, die die Haare zu Berge stehen lassen.

Der Asylwerber war früher islamischen Glaubens und ließ sich erst in Österreich christlich taufen. Er hielt das vor seiner Familie geheim, auch, weil christlichen Konvertiten in Afghanistan der Tod droht. Er sei vom Islam enttäuscht gewesen, gab er an. Auch, wegen der schlechten Behandlung der Frauen. Bereits in Afghanstian habe er über Satellit christliche TV-Sender aus dem Iran angeschaut.

Der Referent im Asylamt glaubt ihm das alles nicht und lehnt seinen Asylantrag ab. Er formuliert einen negativen Bescheid, der vor Hohn, Spott und unangebrachten Formulierungen nur so strotzt.

Wenn Sie das lesen, bedenken Sie, dass es sich um ein offizielles Dokument der Republik Österreich handelt. Der "Standard", dem der Bescheid vorliegt, zitiert folgende Passagen:

"Völlig an den Haaren herbeigezogen sind Ihre Behauptungen, dass Frauen im Islam keine Rechte hätten. (...) Die Lage der Frauen in Afghanistan bessert sich. (...) Diese Behauptung von Ihnen ist ohnehin bemerkenswert. Welche Bedeutung die Frauenrechte für Sie hätten, ist unklar."

"Als Person unglaubwürdig"

"Sie sind als Person auch völlig unglaubwürdig", heißt es im Bescheid. "Sie haben erst im Nachhinein, als Sie schon in Österreich gewesen sind und höchstwahrscheinlich auf die Unterstützung einiger kundiger Helfer zurückgreifen konnten, völlig neue Fluchtgründe vorgebracht! Auf völlig undurchschaubare Art und Weise haben Sie dann mittels fadenscheiniger Begründungen ihre Aussagen bei der Erstbefragung 'vom Tisch gewischt' und einfach angepasst."

Der Referent verhöhnt den Antragsteller weiter: "Plötzlich seien Sie Christ geworden? Plötzlich seien Sie quasi ein 'Kämpfer' für Frauenrechte geworden. Plötzlich hatten Sie eine 'westliche Gesinnung'. (...) Plötzlich sind all diese asylrelevanten Gründe im Nachhinein aufgetaucht. Das ist nur dadurch zu erklären, dass Sie der Behörde gegenüber nicht die Wahrheit sagen!"

Abgesehen vom für ein offizielles Dokument völlig inakzeptablen Ton, verwundern auch die Inhalte. Christentum ist gleich westliche Kultur? Mitnichten:

"Nicht nachvollziehbar ist auch, warum Sie das Christentum als Basis eines westlichen Lebensstils ansehen sollten, wie öfters von Ihren Unterstützern behauptet wird. (...) Ein guter Mensch kann man auch sein, ohne einer Kirche anzugehören. Dass Sie Christentum und westlichen Lebensstil gleichsetzen, dürfte wohl lediglich am Asylverfahren liegen, womit dann auch ein weiterer 'Fluchtgrund' konstruiert werden soll."

Dass sich der Asylwerber sich aus Enttäuschung über den Islam dem Westen zuwandte, kann der Referent ebenfalls nicht begreifen: "Wieso sollten Sie ausgerechnet auf die Idee gekommen sein, sich für die westliche Kultur zu interessieren, bzw. für das Christentum? Das ist nicht plausibel." Dann mutmaßt und pauschalisiert der Referent: "Sie haben wohl über viele Jahre lang zu hören bekommen, wie schlecht der Westen ist, weil er illegale Kriege führt, weil er unschuldige Menschen mit Drohnen bombardiert und tötet."

Konsequenzen

Die Reaktion des Anwaltes des Asylwerbers fällt dementsprechend heftig aus: "Was hier vorliegt, ist eine einzige sprachgewaltige Polemik, eine wutentbrannte Abrechnung", sagt Georg Bürstmeyer im "Standard": "Damit verlässt das BFA (Asylbehörde Anm.) den Konsens in Justiz und Verwaltung nach 1945, dem zufolge in jedem Verfahren jeder Partei ausnahmslos mit Respekt und Sachlichkeit begegnet werden muss."

Im betroffenen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) reagierte man sofort. Rasch sei der Sachverhalt nach Bekanntwerden geprüft worden, heißt es. Man werde die erforderlichen behördeninternen Maßnahmen ergreifen, denn "neben der Wahrnehmung der gesetzlichen Pflichten sei auch ein respektvoller Umgang mit den Parteien wichtig." (red)