Österreich
So erlebte ich "Esti" vor Gericht
Mausgrau der Einteiler und die Pumps, die Rehaugen zu Boden gerichtet, die Schultern hängen trotz Windbäckerei-Figur. Optik kann Taktik sein vor einem Schwurgericht. Aber Estibaliz Carranza entzaubert sich dann auch mit jedem Wort vor Gericht selbst.
Mausgrau der Einteiler und die Pumps, die Rehaugen zu Boden gerichtet, die Schultern hängen trotz Windbäckerei-Figur. Optik kann Taktik sein vor einem Schwurgericht. Aber Estibaliz Carranza entzaubert sich dann auch mit jedem Wort vor Gericht selbst.
Da sitzt keine eiskalte Lady, die über Leichen geht, sondern ein zerstörter Mensch. Glaubwürdig erzählt sie
vom tyrannischen Vater, der Publizist ist und jede Lautgebung daheim streng bestraft hat: "Wir durften nicht auffallen, nicht existieren."
Gehorsam war erste Pflicht. Esti träumte von einem Leben als Ehefrau und Mutter, studierte aber Betriebswirtschaft, "weil mein Papa das so wollte." Damals entwickelte sie erstmals Mordfantasien – und ein
mörderisches Verhaltensmuster.
Rebellion der kranken Psyche
Für ihren Traum von einer Familie unterwarf sie sich Männern fast hündisch. Wurde aber ihre einzige Erwartung enttäuscht, war der Partner in Lebensgefahr. Von ihrem Ehemann Holger ließ sie sich demütigen: "Er schrieb mir sogar vor, wie ich Brote streichen und die Handtücher falten soll."
Aber ihr Schlussstrich war nicht Abrechnung, sondern Rebellion der kranken Psyche. Tonlos vor Selbstekel beschreibt die Angeklagte "den Geruch von Blut und Verwesung", als sie die Leiche zersägte: "Dann habe ich diesen Horror verdrängt."
Als ihr nur wenige Monate später der neue Lebensgefährte das Leben wieder zur Hölle machte, wollte sie sich selbst das Leben nehmen – mordete aber wieder. Ein Blick auf die Geschworenen zeigt: Sie werden die Strafe mit Hilfe verbinden.