Österreich

"So geriet ich in die Fänge des Tinder-Schwindlers"

Sascha W. (38) knöpfte sechs Opfern 590.000 Euro ab. "Puls 4" rollt den Fall in der Reihe "Österreichs schockierendste Verbrechen" auf.

Christine Ziechert
Puls 4 rollt den Fall des Tinder-Schwindlers Sascha W. auf, Opfer Carina M. erzählt ihre Geschichte.
Puls 4 rollt den Fall des Tinder-Schwindlers Sascha W. auf, Opfer Carina M. erzählt ihre Geschichte.
Puls 4

Der Tinder-Schwindler Shimon Hayut alias Simon Leviev war sein großes Vorbild: Sascha W. (38) aus Wels (OÖ) betrog von Mai 2019 bis Juli 2021 mindestens sechs Opfer um rund 590.000 Euro. Puls 4 zeigt den Fall heute, Montag, ab 20.15 Uhr in der Reihe "Österreichs schockierendste Verbrechen". Die Geschädigte Carina M. (Name geändert) erzählt darin, wie sie in die Fänge des Liebesschwindlers geriet.

Carina M. (39) lernte den skrupellosen Love-Scammer im Februar 2020 kennen: "Er hat mich auf Tinder angeschrieben, wir haben uns noch am selben Tag getroffen", erinnert sie sich. Sascha W. gab sich als "Mann von Welt", als viel beschäftigter Geschäftsmann und Lokalbesitzer aus: "Er hat sich ganz normal verhalten, war sympathisch, nett, zuvorkommend und hilfsbereit", so die zweifache Mutter.

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    "Er hatte Angst davor, dass er einsitzen muss und mir eine rasche Rückzahlung versprochen" - Opfer Carina M.

    Bereits in den ersten Wochen gab es seitens des 38-Jährigen Liebesbekundungen: "Wir haben uns sehr oft getroffen, Tage und Nächte telefoniert. Es ist relativ schnell eng geworden", erzählt Carina M. Schon nach etwa einem Monat kam die erste Geldforderung von dem gebürtigen Welser: "Er meinte, er benötigt 3.750 Euro für das Finanzamt. Ein Geschäftspartner hat ihn hängen lassen, er ist unverschuldet in diese Situation gekommen. Er hatte Angst davor, dass er einsitzen muss und mir eine rasche Rückzahlung versprochen", berichtet die Alleinerzieherin.

    Die 39-Jährige gab dem Drängen nach und unterschrieb einen Kreditvertrag. Doch es blieb nicht bei dieser einen Geldforderung: "Er fragte nach immer mehr Geld, die Forderungen wurden immer höher. Schließlich gab es keine Woche mehr ohne Geldtransfer." Carina M. zahlte ihm rund 50.000 Euro, die sie aufgrund einer Erbschaft am Konto hatte, lieh sich Geld bei Freunden und Verwandten und nahm noch weitere Kredite auf.

    Original-Nachricht des Tinder-Schwindlers aus Wels.
    Original-Nachricht des Tinder-Schwindlers aus Wels.
    Puls 4
    "Er hat mit meiner Angst und Panik gespielt und mich unter Druck gesetzt – so sehr, dass ich weiter Kredite aufgenommen habe" - Carina M.

    Die ständigen Geldforderungen erweckten dann aber das Misstrauen der Oberösterreicherin: "Er hat viele wahre Geschichten mit kleinen Unwahrheiten vermischt, er war ein kleiner Märchenerzähler. Ich habe nachgeschaut – gegoogelt und viel gefragt –, aber es war für mich schwer, das zu erkennen."

    Sascha W. merkte, dass Carina M. zu zweifeln begann: "Seine Geschichten wurden immer dreister. Er hat Corona vorgetäuscht und war angeblich vier Monate im Krankenhaus, daher konnte er nicht an sein Geld. Er hat mit meiner Angst und Panik gespielt und mich unter Druck gesetzt – so sehr, dass ich weiter Kredite aufgenommen habe", erzählt die 39-Jährige.

    Messenger-Nachricht ließ Betrüger auffliegen

    Immer wieder beruhigt der Welser sein Opfer mit Mails und Kontoauszügen – doch das Geld kommt bei Carina M. nie an. Schließlich fliegen die Machenschaften von Sascha W. durch eine simple Messenger-Nachricht auf: "Im Mai 2021 schrieb mich eine Frau aus Luxemburg, Sandrine L., an. Sie hielt mich für seine Cousine und fragte mich, ob ich bei einer Überraschung für Sascha mitmachen würde. Ich fragte sie: 'Wer bist du?' und sie antwortete: 'Seine Freundin!'. So kam alles heraus."

    Sascha W. hatte der Casino-Mitarbeiterin aus Luxemburg 24.000 Euro für ein angebliches Begräbnis entlockt. Die beiden Frauen schlossen sich zusammen und lockten den Liebesschwindler in eine Falle. Sandrine L. installierte eine Wanze und begann, Sascha W. abzuhören. Carina M. wiederum zeigte den 38-Jährigen wegen Betrugs an: "Das war sehr heftig, ihn im den Glauben zu lassen, das alles noch in Ordnung ist", meint sie.

    Carina M. ist finanziell und emotional am Ende.
    Carina M. ist finanziell und emotional am Ende.
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    Weitere Opfer tauchten auf

    Die Polizei gab eine Fahndung nach Sascha W. heraus. Als sich der Tinder-Schwindler im August 2021 bei Carina M. meldete, zu sich ins Auto bat und mit ihr wegfuhr, verständigte die Tochter der 39-Jährigen die Beamten: "Die Polizisten haben ihm den Weg abgeschnitten und mit der Pistole ins Auto gezielt", erinnert sich die Welserin, die rund 1,5 Jahre mit dem Betrüger eine Beziehung führte.

    Sascha W. zeigte sich in der Einvernahme grundsätzlich geständig, die Recherchen brachten schließlich weitere Opfer zutage: Tatjana W. aus Linz mit 50.000 Euro, Maria D. aus Deutschland mit 3.900 Euro. Auch zwei Männern, Thomas D. aus Deutschland und Michael S. aus Luxemburg, täuschte er einen angeblichen Deal mit Starbucks vor und cashte so 165.000 Euro ab.

    "Er weiß ja gar nicht, was er mir angetan hat, was das heißt, wenn man keine Lebensmittel mehr kaufen kann" - Carina M.

    Carina M. verlor zehntausende Euro, ist finanziell am Ende: "Er weiß ja gar nicht, was er mir angetan hat, was das heißt, wenn man keine Lebensmittel mehr kaufen kann. Mir geht's total schlecht, auch meinen Kindern geht es nicht gut damit. Es ist momentan nicht sehr schön zu leben", ist die 39-Jährige verzweifelt.

    Anfang April 2022 kam Sascha W. vor Gericht, erklärte, das Schicksal seiner Opfer lasse ihn nicht kalt – er habe aber keinen Ausweg gesehen, da er spielsüchtig sei und jeden Tag ins Casino ging: "Es war mein zweites Ich und wenn ich daran denke, erkenne ich mich nicht wieder." Der Richter schenkte Sascha W. keinen Glauben und verurteilte den zweifach wegen Betrugs Vorbestraften zu fünf Jahren Haft. Der Welser legte Berufung ein – vergeblich. Das Urteil ist somit rechtskräftig.