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So riskant sind Zigaretten-Alternativen

Zigaretten schaden der Gesundheit. Aber wie steht es um die zahlreichen, laut Herstellern gesünderen Alternativen? Ein Experte schätzt ein.

Heute Redaktion
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    <b>Rang 1: </b>Am gefährlichsten sind natürlich Zigaretten. Die Gesundheitsrisiken reichen von Lungen-, Kehlkopf,- und Luftröhrenkrebs zu Herzkreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Hirnschlag sowie Erkrankungen der Atemwege.
    Rang 1: Am gefährlichsten sind natürlich Zigaretten. Die Gesundheitsrisiken reichen von Lungen-, Kehlkopf,- und Luftröhrenkrebs zu Herzkreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Hirnschlag sowie Erkrankungen der Atemwege.
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    Mit dem Rauchen aufzuhören, ist schwierig, denn das Nikotin hält die Raucher bei der Stange. Heute gibt es Alternativen, die weniger schädlich als Zigaretten sein sollen. Die meisten von Zigaretten ausgehenden Schadstoffe entstehen bei der Verbrennung von Tabak und Zigarettenpapier, wobei Temperaturen von bis zu 900 Grad erreicht werden. Bei den Alternativen fällt diese Verbrennung weg. Frank Henkler-Stephani vom deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) hat die verschiedenen Angebote basierend auf dem aktuellen Wissensstands für 20 Minuten nach ihrer Gefährlichkeit sortiert (siehe unten).

    Definition: Sie werden aus fermentierten, getrockneten und fein geschnittenen Tabakblättern hergestellt. Beim Verbrennen des Tabaks entsteht Rauch.

    Potenziell schädliche Substanzen: Unter «Teer» werden über 4800 chemische Verbindungen zusammengefasst. Die meisten sind lungengängige Feinstaubpartikel. Mindestens 250 davon sind giftig. Von diesen sind 90 krebserregend oder potenziell kanzerogen.

    Nikotinaufnahme: Das Nikotin gelangt innert 10 bis 20 Sekunden über Lunge und Blut ins Gehirn und sorgt dort für den Nikotinhit, der die Sucht befriedigt. Aufnahme und Wirkung werden durch Zusatzstoffe verstärkt.

    Gesundheitsrisiken: großes Risiko vor allem für Lungen-, Kehlkopf- und Luftröhrenkrebs; Herzkreislauferkrankungen wie Herzinfarkt oder Hirnschlag; Erkrankungen der Atemwege, vor allem Asthma und COPD; Organschäden; reduzierte Fruchtbarkeit; vorzeitiger Tod.



    Definition:
    In der Wasserpfeife wird meist Tabak mit Fruchtaroma geraucht. Der Rauch wird durch ein mit Wasser gefülltes Gefäss gesogen. Dadurch wird der Rauch gekühlt. Schwebstoffe sowie wasserlösliche Bestandteile werden kaum herausgefiltert.

    Potenziell schädliche Substanzen: Wasserpfeifentabak enthält wie Zigarettentabak die Feuchthaltemittel Glycerin und 1,2-Propylenglykol, die beim Erhitzen toxische Aldehyde bilden.

    Nikotinaufnahme: Wie bei den Tabakzigaretten gelangt das Nikotin innert 10 bis 20 Sekunden über ­Lunge und Blut ins Gehirn und sorgt dort für den Nikotinhit, der die Sucht ­befriedigt.

    Gesundheitsrisiken: Ähnlich wie bei Tabakzigaretten, wobei COPD und Lungentumoren schlimmer ausfallen können, da der kalte Rauch tiefer inhaliert wird. Zudem droht bei schlechter Raumlüftung eine tödliche Kohlenmonoxidvergiftung.

    Definition: Bei Snus handelt es sich um Mundtabak, der frei portioniert oder in Säckchen abgepackt zwischen Zahnfleisch und Wange gelegt wird.

    Potenziell schädliche Substanzen: Snus besteht im Wesentlichen aus Tabak. Außerdem enthält er Salz, das unter anderem dazu dient, den pH-Wert im Mund aufrechtzuerhalten, was die Aufnahme des Nikotins begünstigt.

    Nikotinaufnahme: Das Nikotin gelangt über die Mundschleimhaut ins Blut. Die Aufnahme geschieht nur halb so schnell wie bei Zigaretten, doch durch den höheren Nikotingehalt von Snus und durch die Konsumdauer von 15 bis 60 Minuten wirkt das Nikotin länger. Die Abhängigkeit ist ähnlich.

    Gesundheitsrisiken: Bei schwedischem Snus ist das Krebsrisiko sehr klein, weil der Tabak pasteurisiert und getrocknet wird. Damit enthält er weniger krebserregende Nitrosamine. Eventuell erhöhtes Risiko für Mundhöhlen-, Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsenkrebs; leicht erhöhtes kardiovaskuläres Risiko; Zahnfleischschwund.

    Definition: Bei Iqos (PMI) und der Glo (BAT) wird eine mit Tabak gefüllte Kapsel in einem Gerät elektrisch auf rund 310 bis 350 respektive 240 Grad erhitzt. Mit einem Atemzug gelangt das Aerosol (Gas-und Partikel­gemisch) in die Lunge.

    Potenziell schädliche Substanzen: Beide enthalten ähnliche Substanzen wie Tabakzigaretten. Da der Tabak aber nicht verbrannt, sondern erhitzt wird, entstehen laut Experten des BFR erheblich weniger Schadstoffe (siehe Infobox «Wie gefährlich sind Tabakerhitzer?»).

    Nikotinaufnahme: Bei der Inhalation des Aerosols von Iqos und Glo wird wahrscheinlich eine ähnlich rasche Nikotinaufnahme und ein fast ähnliches Niveau an Nikotin im Blut erreicht wie mit Zigaretten.

    Gesundheitsrisiken: Diese sind noch unklar, weil sich eine Reduktion von Kanzerogenen nicht unmittelbar linear auf Gesundheitsfolgen auswirkt. Es fehlen Studien hierzu wie auch zu den Langzeitfolgen.



    Wie gefährlich sind Tabakerhitzer?


    Laut einer im Fachjournal «Archives of Toxicology» publizierten Studie des BFR entstehen bei Iqos und Glo «ganz erheblich» weniger Schadstoffe. Im Vergleich zur Zigarette fallen 80 bis 95 Prozent weniger krebserregende Aldehyde und sogar 97 bis 99 Prozent weniger krebserregende flüchtige organische Verbindungen an. Der Nikotingehalt der dazugehörigen Sticks dagegen ist ähnlich hoch wie bei Zigaretten. Laut den Experten ist das nicht unbedingt schlecht. Zwar mache das eine Entwöhnung schwierig, aber kein oder wenig Nikotin könnten auch zur Kompensation – zu einem verstärkten Rauchverhalten – führen, wodurch die toxikologische Risiken vergrössert würden. (fee)

    Definition: Bei der Ploom (JTI) wird eine Flüssigkeit bei 30 Grad verdampft und strömt anschließend durch eine Kapsel mit Tabakgranulat.

    Potenziell schädliche Substanzen: Laut JTI entstehen beim Gebrauch 99 Prozent weniger Schadstoffe als bei Zigaretten. Unabhängige Studien gibt es aber keine. Da der Tabak nur auf 30 Grad erhitzt wird, ist die Schadstoffmenge möglicherweise geringer als bei Iqos und Glo. Unklar ist, wie das Liquid wirkt, da dessen Zusammensetzung geheim ist.

    Nikotinaufnahme: Dazu gibt es keine definitiven Auskünfte. Der griechische Rauchalternativenexperte Konstantinos Farsalinos vermutet eine ähnlich rasche Aufnahme wie bei Zigaretten, wobei die Menge aber sehr gering ist, was starke Raucher nicht befriedigen dürfte.

    Gesundheitsrisiken: Wie bei Iqos und Glo sind auch bei der Ploom Aussagen in puncto Auswirkungen auf die Gesundheit schwierig. Es gilt, unabhängige Studien abzuwarten.

    Definition: Bei der Ploom (JTI) wird eine Flüssigkeit bei 30 Grad verdampft und strömt anschliessend durch eine Kapsel mit Tabakgranulat.

    Potenziell schädliche Substanzen: Laut JTI entstehen beim Gebrauch 99 Prozent weniger Schadstoffe als bei Zigaretten. Unabhängige Studien gibt es aber keine. Da der Tabak nur auf 30 Grad erhitzt wird, ist die Schadstoffmenge möglicherweise geringer als bei Iqos und Glo. Unklar ist, wie das Liquid wirkt, da dessen Zusammensetzung geheim ist.

    Nikotinaufnahme: Dazu gibt es keine definitiven Auskünfte. Der griechische Rauchalternativenexperte Konstantinos Farsalinos vermutet eine ähnlich rasche Aufnahme wie bei Zigis, wobei die Menge aber sehr gering ist, was starke Raucher nicht befriedigen dürfte.

    Gesundheitsrisiken: Wie bei Iqos und Glo sind auch bei der Ploom Aussagen in puncto Auswirkungen auf die Gesundheit schwierig. Es gilt, unabhängige Studien abzuwarten.



    "E-Zigarette ist heute nicht mehr gleich E-Zigarette"


    «Wenn E-Zigaretten Rotwein wären, dann sind Zigaretten hochprozentiger Fusel», sagt Frank Henkler-Stephani vom BFR. Denn die Gesundheitsrisiken lägen deutlich unter denen von Tabakzigaretten. Trotzdem kann der Forscher den Verdampfern keinen fixen Platz im Ranking zuweisen – weil es mittlerweile viele verschiedene E-Zigaretten-Typen mit unterschiedlichem Gefahrenpotenzial gibt. Gab es anfangs nur Geräte ohne Verstellmöglichkeiten, gibt es heute auch solche, die man modifizieren kann. Doch wer zum Beispiel die Batteriespannung und damit die Temperatur erhöht, schafft neue Risiken: Wird das Liquid zu heiß, ist der Nutzer «beim Konsum von drei Millilitern inhalativ 14 mg Formaldehyd ausgesetzt – das entspricht der 5- bis 14-fachen Menge, die beim Rauchen von 20 Zigaretten aufgenommen wird», so das Deutsche Krebsforschungszentrum. Ähnliche sind die Folgen, wenn der Füllstand des Liquids zu tief ist. Deshalb rät der Experte zu Geräten mit entsprechenden Sicherheitsmerkmalen, «wie zum Beispiel einem Füllstandsanzeiger.» Auch warnt er davor, Liquids selber zu mixen. Problematisch seien etwa ätherische Öle, Verunreinigungen und das Handling von Nikotin. «Wer ohne nötige Sachkenntnis mit Gerät und Aromen spielt, geht unkalkulierbare Risiken ein.» Doch auch handelsübliche Liquids bergen Gefahren. So könnten die Verneblungsmittel wie Propylenglykol die Atemwege reizen und die Lungenfunktion vermindern. Zudem entsteht durch Erwärmen des Stoffs kanzerogenes Propylenoxid. Nicht umsonst ist propylenglykolhaltiger Theaternebel mit Warnhinweisen versehen, so Schweizer Forscher in einem Übersichtsartikel. Offen sind auch die Langzeitfolgen von E-Zigaretten.

     Definition: Anders als bei klassischen E-Zigis werden leere Liquid-Kartuschen ausgetauscht statt aufgefüllt.

    Potenziell schädliche Substanzen: Die Liquids enthalten wie klassische E-Zigis Propylenglykol (Verneblungsmittel), Glycerin (Feuchthaltemittel) und Nikotin. Liegt letzteres wie bei den Produkten Juul und Nude in Salz-Form vor, ist zusätzlich kanzerogene Benzoesäure enthalten.

    Nikotinaufnahme: Sie ist davon abhängig, in welcher Form das Nikotin vorliegt. Ist es frei wie bei der Logic Pro, wirkt das Nikotin langsamer als bei Zigaretten und der für Raucher wichtige Nikotinkick stellt sich weniger ein. Ist das Nikotin in Salzen gebunden, nimmt der Körper es schneller auf und es kommt zum für Raucher wichtigen Kratzen im Hals.

    Gesundheitsrisiken: Vermutlich dieselben wie bei klassischen E-Zigaretten. Ist Benzoesäure enthalten, drohen Lungenschädigungen, Asthma und Krebs.

    So wirkt Nikotin auf den Körper

    Der Hauptgrund weshalb Menschen rauchen, dampfen oder snusen ist das Nikotin. Das in Tabakblättern vorkommende Alkaloid dient der Pflanze als Schutz vor Fressfeinden. Beim Menschen wirkt es psychoaktiv. Es stimuliert die Ausschüttung von Dopamin und anderen Neurotransmittern. Während der Wirkdauer steigert es die psychomotorische Leistungsfähigkeit sowie Wahrnehmungsfähigkeit und Gedächtnisleistung. Zudem ist es ein Appetithemmer. In mittlerer Dosierung hat es eine entspannenden Wirkung. In hohen Dosen ist es sehr giftig. Nikotin macht stark abhängig, was auch die Tabakindustrie bestätigt. Bei Jugendlichen kann es sich negativ auf die Entwicklung des Gehirns auswirken. Die WHO zählt Nikotin anders als viele bei der Verbrennung von Tabak entstehenden Stoffe nicht zu den krebserregenden Substanzen.

    Fangen Sie erst gar nicht an

    Wer Zigaretten raucht, schadet seinem Körper in vielerlei Hinsicht. Doch auch wer auf die weniger schädlichen Alternativen umsteigt, tut sich nichts Gutes. Denn die menschliche Lunge ist einzig und allein «für das Atmen frischer Luft ausgelegt und jede Substanz, die über längere Zeit eingeatmet wird, kann Schaden anrichten», so die Europäische Gesellschaft für Atemwegserkrankungen. Deshalb gilt: Am besten ist es immer noch, gar nicht zu rauchen! (20min)