Österreich
So schützen Sie sich vor Wucher-Schlüsseldiensten
Anlässlich des großen Leser-Feedbacks: Hilfreiche Ratschläge wie Sie sich vor Wucher-Schlüsseldiensten schützen können und was Sie tun können, wenn Sie schon bezahlt haben.
Nach mehreren Heute-Artikeln über Wucher-Schlüsseldienste und den darauffolgenden Erfahrungsberichten von Lesern, stellt sich die Frage: Wie kann man als Laie seriöse Betriebe von unseriösen unterscheiden? Recherchen und Erkenntnisse aus gesammelten Geschichten haben gezeigt – es gibt Warnsignale und sie sind leicht zu erkennen.
Dubiose Internetseiten, 0800er-Nummern und ausländische Callcenter
Wir haben selbst einen Versuch unternommen und wählten eine Nummer von der Seite not24h.at an. Der Anruf über die Nummer mit Wiener Vorwahl führte wie auch die 0800er-Nummer zu einem Callcenter.
Laut Kommerzialrat Ing. Georg Senft dürfte sich dieses in Deutschland befinden. "Sie nehmen die Anrufe entgegen und vermitteln Aufträge an Vertragspartner in Wien. Das sind schlussendlich jene zwielichtige Personen mit denen die Wucher-Opfer zu tun haben", so Ing. Senft.
Neben not24h.at gibt es zwei weitere Seitenbetreiber, welche auf einer schwarzen Liste der Seite konsument.at stehen. Beide wurden in der Vergangenheit immer wieder mit einem bestimmten Einzelunternehmer aus Liesing in Verbindung gebracht, der mittlerweile aufgrund von über 150 Anzeigen alle Gewerbeberechtigungen verloren hat. Er war auch als 24h-Notdienst-Installateur tätig.
http://schluesseldienst-notdienst.at
http://schluesseldienst-24h.at
Ein weiteres Merkmal der fragwürdigen Seiten: Sie wurden bei Google für viel Geld als Werbeanzeigen geschaltet und versprechen einen tadellosen Service für einen kleinen Preis.
Grundsätzlich gilt: Firmen (In der Regel Einzelunternehmer), die ihre Kontaktdaten lieber geheim halten und von Callcentern vermittelt werden, sind mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Marlies Leisentritt vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) rät an, sich für den Notfall vorzubereiten und nach seriösen Schlüsseldiensten zu suchen. Viele neigen im Moment der Verzweiflung dazu die erstbeste Nummer zu wählen. Das sind oftmals die namenlosen 24-Stunden Aufsperrdienste mit einer Callcenter-Nummer.
Unbedingt Vergleichen!
Auf der Seite der Arbeiterkammer sind die Stundensätze von seriösen Handwerkern aufgelistet. Die Liste dient als Orientierungshilfe. Unter der Woche etwa wird zu Betriebszeiten für reguläre Arbeiten im Schnitt nicht mehr als 180 Euro verlangt. Ing. Senft betont, dass "Spielräume" von zb. 30 bis 50 Euro "nichts ungewöhnliches" sind und ein "teurer Schlüsseldienst nicht automatisch unseriös" ist. Nur wenn diese das Geld sofort in bar verlangen, dann handelt es sich um Wucher-Methoden.
https://media.arbeiterkammer.at/PDF/Handwerkerkosten_in_Wien_2015.pdf
Beschwerde einreichen
Äußerst wichtig – hat man als Wucher-Opfer eine Rechnung jenseits aller akzeptabler Verhältnisse erhalten, dann müssen diese Geschäftspraktiken auch gemeldet werden. Das heißt: Bei relevanten Institutionen wie Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Konsumentenschutz, Landesinnung Metalltechnik und Verein für Konsumenteninformation Beschwerde einreichen. Zwar ist nur ein magistratisches Bezirksamt autorisiert einem Unternehmer die Gewerbeberechtigung zu entziehen, dazu müssen sie aber erst von den genannten Institutionen über die offensichtlich unseriösen Unternehmer informiert werden.
Sich wehren, anzeigen und im Notfall die Polizei rufen!
Was tun, wenn es schon zu spät ist? „272 Euro für 1 Minute Arbeit" zu verlangen – wie Heute-Leser Richard R. von einem unangenehmen Aufeinandertreffen mit einem Aufsperrdienst berichtete – fallen laut Polizeisprecherin Irina Steirer eindeutig unter (versuchtem) "Sachwucher". "Solche Extremfälle können angezeigt werden. Wer das Gefühl hat, zu einer sofortigen Zahlung gedrängt zu werden und den Mitarbeiter als bedrohlich empfindet, sollte ebenfalls die Polizei umgehend alarmieren."
Richard R. und Viktor W. gehören zu den wenigen, die sich weigerten das Geld an Ort und Stelle auszuhändigen. Hilfreich ist es im Fall einer Konfrontation zu wissen, dass unlautere Methoden wie das hartnäckige Bestehen auf Sofortzahlung den "Tatbestand der Nötigung" erfüllen können.
Nur durch Anzeigen bei der Polizei, Beschwerden bei der Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und Konsumentenschutz ist es möglich unseriösen Geschäftspraktiken von Wucher-Betrieben etwas entgegenzusetzen.