Politik
So viel soll Steuerreform den Österreichern bringen
Der Gewerkschaftsbund sieht in seinem gemeinsam mit der Arbeiterkammer erarbeiteten Steuerreform-Konzept eine Entlastung von sechs Milliarden Euro vor. Das geht aus einem Bericht der "Wiener Zeitung" hervor, die aus Sozialpartnerkreisen Detail-Informationen aus dem Papier erfahren hat, das der ÖGB eigentlich erst am Dienstag vorstellen wird.
ÖGB und ÖAAB haben am Dienstag ihre Steuerreform-Ideen präsentiert. Einig ist man sich darin, dass Lohn-und Einkommenssteuerpflichtige spürbar entlastet werden sollen, auch das Volumen der Reform beziffern die Bünde mit 5,5 (ÖAAB) bzw. 5,9 Mrd. Euro (ÖGB) ähnlich. Je nach Modell sollen den Österreichern etwa bei einem Bruttogehalt von 1.500 Euro 524 (ÖAAB) bzw. bis zu 534 Euro (ÖGB) mehr in der Tasche bleiben.
Differenzen gibt es bei der Finanzierung, vor allem den ÖGB-Wunsch nach Vermögenssteuern lehnt der ÖVP-Arbeitnehmerbund strikt ab. Es ist ein ordentlicher Brocken, den die Konzepte von Gewerkschaftsbund/Arbeiterkammer bzw. ÖAAB vorsehen. Die Steuerentlastungen in Milliarden-Höhe wollen die beiden Bünde über unterschiedliche Reformansätze realisieren. Während der ÖGB auf drei zusätzliche Steuerstufen setzt, will der ÖAAB überhaupt eine Abschaffung dergleichen und wünscht sich einen "Gleittarif".
Konkret will der ÖGB den Eingangssteuersatz (ab 11.000 Euro brutto) von derzeit 36,5 Prozent auf 25 Prozent senken. Die Einführung von insgesamt sechs Steuerstufen soll der kalten Progression entgegenwirken. Bemerkenswert ist, dass für Einkommensteile ab 60.000 Euro (hier greift derzeit der Höchststeuersatz von 50 Prozent) nur mehr 47 Prozent fällig werden sollen; der Spitzensteuersatz von 50 soll erst für Einkommensteile über 80.000 Euro gelten.
Pensionisten und Wenigverdiener sollen profitieren
Für die Bezieher niedriger Einkommen unter der Steuerfreigrenze von 11.000 Euro sieht das ÖGB-Konzept eine Anhebung der Negativsteuer vor: Statt derzeit 110 Euro soll künftig bis zu 450 Euro ausbezahlt werden. Auch Pensionisten mit niedrigem Einkommen sollen erstmals von einer solchen Regelung profitieren.
Ein grundsätzlich anderes Modell schwebt dem VP-Arbeitnehmerbund vor: Dieser will man die Tarifstufen überhaupt abschaffen und stattdessen ein "lineares" Modell einführen. Die Steuerfreigrenze soll auf 12.000 Euro angehoben werden, was Arbeitsanreize schaffen soll. Ab dieser Höhe greift dann eine Steuer, die quasi mit jedem Cent ein wenig ansteigt - und zwar bis zu einer Höchstgrenze von etwa 75.000 Euro. Ab dieser Schwelle soll ein Spitzensteuersatz von 43,5 Prozent gelten. Die Steuersätze verstehen sich als "Durchschnittssteuersätze", also gerechnet von dem ersten verdienten Euro bis zum letzten.
So viel bleibt vom Bruttogehalt
Daneben hat der ÖAAB auch ein "Familienpaket" als Fixpunkt im Paket. Neben altbekannten Forderungen nach einem Steuerfreibetrag von 7.000 Euro pro Kind sieht das Konzept auch eine Ausweitung der Absetzung von Kinderbetreuungskosten sowie eine Absetzbarkeit von Kosten für Musikschule, Sprachferien, Ferienlager und ähnlichem vor. Auch die steuerliche Begünstigung für Mitarbeiterbeteiligungen soll ausgeweitet werden.
Die Entlastung soll spürbar sein: Die ÖGB-Rechnungen weisen für ein Brutto-Einkommen von 1.500 Euro eine jährliche Entlastung von 534 Euro aus, beim ÖAAB hätte man mit 524 Euro ähnlich viel gewonnen. Ein Bruttogehalt von 2.600 Euro würde laut ÖGB-Modell um 1.300 Euro pro Jahr entlastet, beim ÖAAB-Modell hätte man in dieser Einkommensklasse (bei 2.500 Euro) etwa 1.700 Euro mehr - allerdings noch ohne das ÖAAB-Modell der Familienentlastung.
Knackpunkt Vermögenssteuern
Klare Differenzen gibt es bei der Gegenfinanzierung. Knackpunkt ist der ÖGB-Vorschlag, rund zwei Milliarden Euro aus vermögensbezogenen Steuern zu lukrieren. Hier präferieren Gewerkschaft und AK ganz klar die Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern, wie man zu verstehen gab. Für den ÖAAB ist dies allerdings ein No-Go: Es dürfe "keine neuen Mittelstands- und Eigentumssteuern" geben, sagte ÖAAB-Generalsekretär August Wöginger.
Eher Gleichklang herrscht bei den übrigen Finanzierungs-Ideen: Rund eine Mrd. Euro erwarten sich sowohl ÖAAB als auch ÖGB aus der Reform selbst - durch die Kaufkraftankurbelung. Außerdem sollen u.a. Verwaltungsreformen viel hereinspielen. Der ÖGB erwartet sich auch durch Maßnahmen gegen Steuerbetrug etwa eine Mrd. Euro.
Zurückhaltung bei ÖVP-Spitzen
Die ÖVP-Regierungsmitglieder reagierten zunächst zurückhaltend auf das ÖGB/AK-Konzept. Man werde die Ideen nun wie alle anderen prüfen, erklärte etwa Finanzminister Hans Jörg Schelling. Sein Plan sei jedenfalls weiterhin, eine Steuerreform ohne jegliche neue Steuern durchzuführen. Innenministerin und ÖAAB-Obfrau Johanna Mikl-Leitner sprach von einem "Wettbewerb der besten Ideen", und jede Idee sei willkommen.
Die SPÖ sah im ÖGB-Konzept darin eine gute Unterstützung für die Steuerreformkommission. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder verwies darauf, dass das ÖGB-Modell von allen Gewerkschaftsfraktionen getragen werde. Dass im ÖGB-Modell zwei Mrd. Euro aus Vermögenssteuern vorgesehen sind, hält er für eine "gute und richtige" Forderung. Scharfe Ablehnung hinsichtlich der Vermögenssteuern kam am Dienstag vom ÖVP-Wirtschaftsbund sowie der Industriellenvereinigung. Kritisch sahen dies auch FPÖ und Team Stronach, den Grünen gehen die Pläne hingegen zu wenig weit.