Der Anteil der Menschen mit muslimischem Glauben könnte bis ins Jahr 2050 zwischen 7,4 und 14 Prozent der Gesamtbevölkerung Europas ausmachen. Das haben Forscher am Pew Research Center aus Washington ermittelt.
Drei Szenarien führen zu den unterschiedlichen Zahlen. Der tiefere Anteil von 7,4 Prozent beruht auf der Annahme, es gäbe keine weitere Zuwanderung, weder von Muslimen noch von Nichtmuslimen. Bei der höheren Zahl von 14 Prozent sind die Studienautoren davon ausgegangen, dass der Zustrom von Migranten auf derselben Höhe liegen wird wie in den Spitzenjahren 2014-2016.
Langfristprognosen sind schwierig zu erstellen, da die Zuwanderung von politischen Faktoren wie der Situation in den Herkunftsländern und der Aufnahmebereitschaft in den Zielländern abhängt. Für jedes der 28 EU-Länder sowie die Schweiz und Norwegen haben die Forscher auch ein Szenario mit einer mittleren Zuwanderung durchgerechnet.
Bis zu 2,12 Millionen Muslime
Für Österreich resultiert so ein muslimischer Bevölkerungsanteil von 9,3 Prozent, wenn keine zusätzlichen Migranten mehr dazukommen würden - und 10,6 Prozent bei mittlerem Wachstum. In der Maximalvariante wird für das Jahr 2050 ein Anteil von 19,9 Prozent errechnet – jeder fünfte Österreicher wäre somit Moslem.
In absoluten Zahlen bedeutet das einen Anstieg von geschätzten 600.000 Muslimen im Jahr 2016 auf mindestens 750.000 bis in 33 Jahren. Im mittleren Szenario würde die Zahl auf 960.000 Muslime steigen. Im Szenario, das von einer starken Zuwanderung ausgeht, wären es 2,12 Millionen Muslime.
Muslime haben mehr Kinder
Bei ihren Prognosen berücksichtigen die Studienautoren auch, wie sich die Zuwanderung gegenwärtig in jedem Land zusammensetzt; etwa, welchen Anteil Muslime und Nichtmuslime haben. Auch die unterschiedlichen Geburtenraten je nach Herkunftsland und das Alter der Migranten spielen eine Rolle.
So soll die Geburtenrate der Muslime für die Jahre 2015 bis 2020 in Griechenland nur 1,5 Kinder pro Frau betragen, in Österreich 2,2 und in Finnland 3,1. Im europäischen Mittel läge die Geburtenrate bei Muslimen bei 2,6 Kindern pro Frau, bei der restlichen Bevölkerung bei 1,6.
Das, zusammen mit der demografisch bedingten Schrumpfung der europäischen Gesellschaften, erklärt auch den prognostizierten Anstieg des muslimischen Bevölkerungsanteils, selbst wenn per sofort jede weitere Zuwanderung gestoppt würde.
Geburtenrate sinkt mit Integration
Die Studienautoren gehen von einer Abschwächung der Geburtenraten der Muslime auf 2,5 und schließlich 2,4 ab 2040 aus, während sie bei den Nichtmuslimen ab 2035 auf 1,7 steigen soll.
Hansjörg Schmid, Direktor des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg, hinterfragt diese Annahmen in der NZZ. In vielen muslimischen Ländern mache sich ein starker Geburtenrückgang bemerkbar.
Schon die Volksbefragung aus dem Jahr 2000 habe außerdem gezeigt, dass die Geburtenraten von eingebürgerten Muslimen stark gesunken seien. Auch das Schweizer Bundesamt für Statistik weist die NZZ darauf hin, dass die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau bei Schweizerinnen und hier geborenen Ausländerinnen praktisch gleich ist.
Bis zu 75 Millionen Muslime in Europa
Unter Berücksichtigung der "besten verfügbaren Volkszählungs- und Umfragedaten" geht das Pew Research Center davon aus, dass Mitte 2016 in den 28 EU-Staaten, Norwegen und der Schweiz insgesamt 25,8 Millionen Muslime lebten.
Ohne das auf Muslime zurückgehende Bevölkerungswachstum würde die Bevölkerung Europas demnach schrumpfen: Der Stand von 520,8 Millionen Einwohnern in den 30 berücksichtigten Staaten würde im Falle einer "Null-Migration" auf 481,7 Millionen sinken, im "hohen Migrationsszenario" jedoch auf 538,6 Millionen steigen. Darunter wären dann mehr als 75 Millionen Muslime.
Bis zu 20 Prozent Muslime auch in Deutschland
Im "hohen Migrationsszenario" würde Deutschland dann im Jahr 2050 in Europa die höchste Zahl von Muslimen aufweisen – und zwar knapp 17,5 Millionen. Gegenwärtig leben laut der Studie knapp fünf Millionen Muslime in Deutschland und stellen damit einen Bevölkerungsanteil von 6,1 Prozent.
Der Anteil der Muslime in Deutschland dürfte laut der Studie je nach Szenario auf 8,7 bis zu fast 20 Prozent steigen. 2016 hatte Frankreich mit rund 5,7 Millionen Muslimen die höchste Zahl muslimischer Einwohner in Europa vor Deutschland und Großbritannien. (rub/rcp)