Politik

So will Schmied "Stangler" bestrafen

Heute Redaktion
14.09.2021, 16:23

Derzeit gibt es in Österreich keinen einheitlichen Umgang mit Schulschwänzern, wie eine Studie im Auftrag des Unterrichtsministeriums zeigt. Ein von Ministerin Claudia Schmied (SPÖ) vorgelegter Entwurf soll nun genau regeln, ab wie vielen Fehlstunden die Schule eingreifen muss. Die Strafen für notorische "Stangler" werden auf 440 Euro angehoben.

Derzeit gibt es in Österreich keinen einheitlichen Umgang mit Schulschwänzern, wie eine Studie im Auftrag des Unterrichtsministeriums zeigt. Ein von Ministerin Claudia Schmied (SPÖ) vorgelegter Entwurf soll nun genau regeln, ab wie vielen Fehlstunden die Schule eingreifen muss. Die Strafen für notorische "Stangler" werden

Ein Stufenplan legt fest, wann welche Institutionen eingebunden werden müssen. Außerdem ist die Anhebung der Strafe für Eltern von notorischen Schulschwänzern von derzeit 220 Euro auf 440 geplant. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) beurteilte den Vorschlag zwar prinzipiell positiv, fordert aber für Fälle von "Bildungsraub" eine Strafe von 1.500 Euro. Außerdem brauche es mehr statistische Daten und Motivforschung zu Schulschwänzern.

Zuerst Gespräch ...

Konkret sieht der der APA vorliegende Entwurf vor, dass nach zehn unentschuldigten Fehltagen bzw. 60 -stunden bei einem verpflichtenden Gespräch von Schülern, Eltern und Lehrer schriftlich Schritte zur Verbesserung der Situation vereinbart werden.

... dann zum Psychologen ...

Zeigt sich innerhalb von vier Wochen keine Verbesserung, werden Schulpsychologen oder -sozialarbeiter hinzugezogen und eine adaptierte Vereinbarung geschlossen. Nach weiteren vier Wochen ohne Verbesserung wird die Schulaufsicht eingeschaltet und Schüler und Eltern über die Folgen weiterer Schulpflichtverletzungen informiert.

... zuletzt Strafe

Bei "Verdacht auf Kindeswohlgefährdung" wird schließlich die Jugendwohlfahrt informiert, die sich verpflichtend mit der Schule austauschen soll. Erst wenn es weiter zu Schulpflichtverletzungen kommt, soll im letzten Schritt die Strafe von 440 Euro zu zahlen sein, wobei auch danach weiter Begleitung und Betreuung der Jugendlichen vorgesehen ist.

Kurz will höheres Bußgeld

Kurz zeigte sich zwar "sehr zufrieden", dass im Entwurf ein bundeseinheitliches Vorgehen, viele seiner Vorschläge wie die verpflichtenden Elterngespräche und Mechanismen wie das Beiziehen von Psychologen verankert seien und die Strafhöhe angehoben wird. Bei "Bildungsraub", wenn zum Beispiel ein Vater entscheidet, seine achtjährige Tochter nicht mehr in die Schule gehen zu lassen, sollte die Strafe jedoch bei den von Kurz ursprünglich als generelle Strafhöhe vorgeschlagenen 1.500 Euro liegen.

Zusätzlich sieht er Bedarf nach mehr Daten: "Es sollte ganz klar in einer Behörde österreichweit zusammenlaufen, wie viele Fälle es gibt. Dann kann man auch eine Motivforschung betreiben."

Schmied: Strafe mit Augenmaß

InSchmieds Büro betont man gegenüber der APA zwar, dass die Schulpflicht ein sehr hohes Gut sei und man schauen müsse, dass jedes Kind sie auch wahrnehmen kann. Bei Strafen müsse man allerdings mit sehr viel Augenmaß vorgehen, denn existenzgefährdende Strafen wie die von Kurz vorgeschlagenen 1.500 Euro könnten zu einer sozialen Gefährdung von Familien führen.

Und auch bei der Forderung nach mehr Daten zeigt Schmied sich skeptisch: Die Entscheidungsträger und Zuständigen bräuchten natürlich Informationen als Entscheidungsgrundlage. "Aber wir wollen keinen Big-Brother-Staat. Da muss man sehr aufpassen. Und schon gar nicht wollen wir, das einzelne Kinder vorgeführt werden", so Schmied laut ihrem Sprecher.

Weiterlesen ... Schulschwänzer meist aus Problem-Familien

Viele Eltern decken das Fernbleiben

Das Profil und die Motive von Schulschwänzern hat das Ministerium indes bereits in einer Untersuchung von L&R Sozialforschung erheben lassen, bei der qualitative Interviews mit 41 Lehrern, Direktoren und Schulsozialarbeitern in Wien und Niederösterreich geführt wurden. Dabei zeigte sich etwa, dass es derzeit an Schulen kein einheitliches Verständnis davon gibt, ab wann eine Schulpflichtverletzung überhaupt angezeigt werden soll, die Antworten reichen von einem Tag bis zu drei Wochen. Dazu komme das Problem, dass Eltern Schulschwänzen oft decken und Entschuldigungen ausstellen.

13 bis 14 Jahre alt, aus bildungsfernen Familien

Schulschwänzer sind laut der Studie vor allem im Alter zwischen 13 und 14 und bei beiden Geschlechtern zu finden. Viele kommen aus bildungsfernen Familien, wo Mutter und - sofern noch vorhanden - der Vater höchstens die Pflichtschule abgeschlossen und keinen Job haben. In fast der Hälfte der Familien habe Bildung keinen oder nur einen untergeordneten Stellenwert und die Eltern sehen keinen Grund, die Kinder zum Schulbesuch anzuhalten, so das Ergebnis der Interviews.

Scheidungskinder stark betroffen

Die Jugendlichen sind häufig Scheidungskinder und in die Streitigkeiten der Eltern involviert, prägende Faktoren seien auch Gewalterfahrungen und Suchtprobleme der Eltern. Kulturell bedingte Faktoren würden indes nur "eine untergeordnete Rolle" spielen.

Außerdem seien die Eltern oftmals überfordert, weil sie selbst körperliche oder seelische Probleme hätten und könnten mit dem rebellischen Verhalten der Kinder nicht umgehen. Dazu komme, dass Schüler oft daheim auf sich allein gestellt seien, weil die Eltern beruflich stark eingespannt sind.

Massiver Konflikt mit Schule

Im Gegensatz zu Jugendlichen, die gelegentlich schwänzen, geht es diesen Jugendlichen nicht etwa nur um Ausschlafen nach langen Nächten vor dem Computer. Bei massivem Schulschwänzen "geht der Anzeige durch die Schule ein längerer Konflikt voraus, der sich in gesteigerter Absenz bis hin zu dauerndem Fernbleiben äußert", heißt es in der Studie. Neben der familiären Situation spielt auch Stress mit als unfair empfundenen Lehrern oder mangelnde Integration in die Klasse mit.

Eine Zunahme von Schulpflichtverletzungen gab es über die vergangenen Jahre entgegen Medienberichten laut den befragten Direktoren übrigens nicht, allerdings dürften Schulen bzw. Bezirksschulbehörden heute schneller anzeigen als früher.

APA/red.

Es gibt neue Nachrichten auf Heute.atZur Startseite