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SPD gibt grünes Licht für Koalitionsgespräche

SPD-Chef Martin Schulz erhält grünes Licht für Koalitionsgespräche mit CDU/CSU. Und der Parteitag wählt ihn mit großer Mehrheit wieder.

Heute Redaktion
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Martin Schulz und Angela Merkel
Martin Schulz und Angela Merkel
Bild: picturedesk.com

Nach stundenlanger Debatte hat sich der SPD-Parteitag am Donnerstagabend in Berlin mit großer Mehrheit für ergebnisoffene Gespräche mit CDU/CSU über eine Regierungsbildung ausgesprochen. Die rund 600 Delegierten votierten klar für Gespräche, die zu einer großen Koalition, einer Minderheitsregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) oder zu Neuwahlen führen könnten. Ein Antrag der Jusos, der für einen Ausschluss der großen Koalition warb, fand keine Mehrheit.

Zuvor hatte SPD-Chef Martin Schulz, der mit 81,9 Prozent der Stimmen als Partei-Vorsitzender wieder gewählt wurde, für die Gespräche geworben, nachdem er nach der Bundestagswahl und dem Scheitern eines Jamaika-Bündnisses eine große Koalition zunächst ausgeschlossen hatte. "Wir müssen nicht um jeden Preis regieren. Aber wir dürfen auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen", sagte er.

"Kein Automatismus"

Die SPD müsse Europa stärken, sich um die Zukunft der Arbeit im digitalen Zeitalter kümmern, eine Bildungsrevolution anstoßen, den Klimawandel begrenzen und die sozialen Netze sicherer machen. "Dafür wollen wir ergebnisoffen reden und schauen, zu was für inhaltlichen Lösungen wir kommen können", betonte Schulz. Es gelte ein maximalum sozialdemokratischer Politik durchzusetzen: "Unsere politischen Inhalte zuerst und keinen Automatismus in irgendeine Richtung."

Die Jusos hatten zuvor den Ausschluss der Option "GroKo" verlangt – "Wir haben ein Interesse daran, dass hier noch was übrig bleibt von diesem Laden, verdammt nochmal", sagte Juso-Chef Kevin Kühnert. "Eine maximale, die lautet, regieren mit uns ist immer besser als ohne uns, die verzwergt die SPD und reduziert uns und unseren politischen Gestaltungsanspruch auf einen großen Korrekturbetrieb."

Nach ersten Gesprächen der Spitzen von Union und SPD in der nächsten Woche soll über mögliche Koalitionsverhandlungen im Januar auf einem Sonderparteitag abgestimmt werden. Ein möglicher Koalitionsvertrag würde am Ende der Verhandlungen dann allen 440'000 Mitgliedern zur Abstimmung per Brief vorgelegt werden.

Die Entschuldigung des Vorsitzenden

Das Wahlergebnis von fast 82 Prozent war vor dem Hintergrund des Ergebnisses bei der Bundestagswahl von 20,5 Prozent mit Schulz als Spitzenkandidat mit Spannung erwartet worden. Für das schwache Abschneiden seiner Partei hatte sich Schulz in seiner Rede beim Parteitag entschuldigt.

Der frühere Präsident des Europäischen Parlaments führt die Partei seit knapp neun Monaten. Im März war er noch mit 100 Prozent Ja-Stimmen zum Nachfolger von Sigmar Gabriel gewählt worden. Damals ruhte auf Schulz die Hoffnung, er könne die SPD zu einem respektablen Ergebnis führen.

Der gelernte Buchhändler und langjährige Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Würselen hat seiner Partei eine Aufarbeitung des Wahldebakels zugesagt. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Schulz sprach von einem "Vertrauensbeweis" und nahm die Wahl an. "Am 19. März habt ihr mich mit 100 Prozent ausgestattet. Das war ein schöner Moment, aber danach kamen auch schwierige Zeiten", sagte er mit Blick auf das historisch schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl. "Jetzt habt ihr mich mit 81,94 Prozent ausgestattet. Ich wünsche mir, dass auf Grundlage dieses Ergebnisses bessere Zeiten kommen."

(fal/sda)