Politik

Spindelegger sagte nur Faymann Bescheid

Heute Redaktion
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Vizekanzler Michael Spindelegger überraschte selbst seine Parteikollegen mit dem überraschenden Rücktritt. Auch von der SPÖ wusste keiner Bescheid. Nur Bundeskanzler Werner Faymann wurde nach Angaben seiner Sprecherin Montagfrüh von Spindelegger informiert. Aus der Opposition wird der Ruf nach Neuwahlen laut.

Vizekanzler wurde nach Angaben seiner Sprecherin Montagfrüh von Spindelegger informiert. Aus der Opposition wird der Ruf nach Neuwahlen laut.

"Damit möchte ich mich auch bei Ihnen allen verabschieden. Das ist mein letzter Medienauftritt. Auf Wiedersehen". Gerüchte gab es Montagabend zwar, die per SMS kursierten. Bis zuletzt ahnte aber kaum jemand etwas, dass Spindelegger da im Geheimen seinen blitzartigen Rückzug aus der Innenpolitik plante.

Faymann: "Gehe davon aus, dass Koalition hält"

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sieht die Koalition durch den Rücktritt nicht gefährdet: "Ich gehe davon aus, dass die Koalition bis 2018 hält." Spindelegger, der ihn Dienstagfrüh über seinen Rücktritt informiert hatte, sei davon ausgegangen, dass bis Dienstag, wenn die neuen SPÖ-Regierungsmitglieder dem Parlament vorgestellt werden sollen, auch eine Nachfolge für den Finanzminister gefunden ist. "Ich möchte mich bei Michael Spindelegger bedanken für die Zusammenarbeit in einer wahrlich schwierigen Zeit."

Der Rücktritt habe ihn überrascht. "Ich habe schon immer wieder bemerkt, dass der Vizekanzler und Finanzminister sehr belastet war von den schwierigen Aufgaben, die er zu bewältigen hat", sagte Faymann, er sei aber davon ausgegangen, dass Spindelegger bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben werde. Die Entscheidung Spindeleggers zurückzutreten, sei dessen "höchstpersönliche Entscheidung". "Es gibt nichts, was ich ihm nachtragen würde", sagte Faymann.

Mitterlehner: Nachfolge "möglichst rasch" klären

Wirtschaftsminister und Vizeparteichef Reinhold Mitterlehner zeigte sich "einigermaßen überrascht" über den Rücktritt. Spindeleggers Kritik an der eigenen Partei nahm er "zur Kenntnis", rief aber gleich dazu auf, derartige Dinge intern auszudiskutieren. Über die Nachfolge sollte aus seiner Sicht "möglichst rasch" entschieden werden, um die Handlungsfähigkeit der Regierung nicht zu gefährden. Besprochen werden soll laut Mitterlehner auch, ob man in Sachen Steuerreform weiterhin einen "Sparkurs" oder einen "Offensivkurs" fahren will.

Landeschefs überrascht

Dem immer als loyal geltende Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer tut Spindeleggers Rücktritt leid: "Sein Rücktritt überrascht mich sehr. Ich bedaure das auch. Er war ein exzellenter Sachpolitiker. In allen Funktionen, die er gehabt hat. Aber es ist in letzter Zeit vieles zusammengekommen" Und weiter: "Dass in der ÖVP nicht alles ganz rund gelaufen ist, war ja bekannt." Man werde im Parteivorstand über Spindeleggers Nachfolger für alle Ämter diskutieren.

Auch der Tiroler VP-Chef, LH Günther Platter, zeigte sich vom Rücktritt "überrascht". "Diese persönliche Entscheidung von Michael Spindelegger ... nehme ich aber zur Kenntnis", hieß es in einer schrftlichen Stellungnahme.

Spindeleggers Entscheidung komme "nicht überraschend, ich verstehe sie und respektiere sie", reagierte Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll. Spindelegger habe unter schwierigen Bedingungen im April 2011 die Verantwortung als ÖVP-Obmann übernommen, vom ersten Tag an großen persönlichen Einsatz gezeigt und mit vollem Engagement die Partei geführt. Spindelegger habe sich mit ganzer Kraft und Persönlichkeit für Österreich eingebracht und in einem schwierigen finanziellen Umfeld die Republik auf Kurs gehalten. "Die Volkspartei Niederösterreich dankt ihm für seine ehrliche Arbeit", sagte Pröll.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) mahnte die Partei nach dem Rücktritt von Vizekanzler Michael Spindelegger zur Besonnenheit: "Für die Zukunft der Volkspartei ist mir wichtig, dass die weiteren Schritte mit Besonnenheit gewählt werden", erklärte der Salzburger ÖVP-Landesobmann, der derzeit im Ausland auf Urlaub weilt.

Leitl: "Wir werden das meistern müssen"

 "Das ist keine einfache Situation, aber wir werden sie meistern müssen", kommentierte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (ÖVP) den überraschenden Rücktritt.

Seniorenbund-Obmann Khol ist "traurig"

Andreas Khol ist "traurig" über den Rücktritt. Spindeleggers Rückzug sei "überraschend", aber er verstehe, dass dieser "die Nase voll" habe, erklärte Khol. In vielen Fragen sei der ÖVP-Chef zum "Einzelkämpfer geworden". Er bedaure es "außerordentlich", dass sich Spindelegger zurückzieht, denn dieser sei ein "guter, verantwortungsbewusster und sehr redlicher Parteiobmann" gewesen, betonte Khol. Er glaube nicht, dass man heute schon im Zuge des Parteivorstands einen neuen Parteichef küren, sondern sich ein paar Tage Zeit nehmen sollte.

Seite 2: Das sagt die Opposition zum Rücktritt!

Strache für Neuwahlen

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sieht nach dem Rücktritt die Regierung am Ende. In einer Aussendung forderte er am Dienstag unverzüglich Neuwahlen. "Was wir derzeit von SPÖ und ÖVP erleben, kann nur als innenpolitische Chaostage bezeichnet werden."

Das einzige, was Bundeskanzler Werner Faymann und Spindelegger unterscheide, sei die Parteidisziplin, denn ohne diese wäre der SPÖ-Chef auch schon fällig für einen Rücktritt gewesen, glaubt Strache, der ein eindeutiges Signal in diese Richtung am kommenden SP-Parteitag erwartet. "Dass die Koalition in einer derart schwierigen Zeit, wie wir sie mit Massenarbeitslosigkeit, Höchststeuerdruck, Wirtschafts- und Bankenkrise erleben, ausschließlich mit sich selbst beschäftigt ist, zeigt schon deutlich, dass hier ein Wechsel dringend notwendig ist", begründete Strache seine Forderung.

Glawischnig: "Hauptblockierer"

Grünen-Chefin Eva Glawischnig sieht im Rücktritt die Chance, dass die ÖVP ihren "Kurs als Hauptblockierer" korrigiert. Spindelegger habe gerade bei der Steuer- sowie Bildungsreform "extrem konservative Hardliner-Positionen" bezogen. Anzurechnen sei Spindelegger, dass er nach der Nationalratswahl neue, interessante Persönlichkeiten in die Regierung geholt habe, mit wenig Rücksicht auf die Proporzwünsche - dafür zahle er jetzt auch sicher den politischen Preis, ist Glawischnig überzeugt.

Strolz: Na, Schreck

Zu großer Verwunderung hat der Rücktritt von ÖVP-Chef und Finanzminister Michael Spindelegger bei NEOS-Chef Matthias Strolz geführt. "Na, schreck, ich bin völlig überrascht".

Seite 3: Wer folgt Michael Spindelegger nach?

Wer folgt Spindeleggers Ämtern nach?

Der ehemalige ÖVP-Bundesobmann Erhard Busek spricht sich für Erwin Pröll als Krisenmanager aus: "In der Situation müsste der Pröll übernehmen, vom 'Standing' her die gewachsene Figur, der eine gewisse Stärke repräsentiert", sagte Busek am Rande des Forum Alpbach.

Keine beruflichen Pläne bekannt

Was für Pläne Spindelegger beruflich weiterverfolgt, ist noch nicht bekannt. Am naheligendsten ist, dass der Vater zweier Söhne (12 und 14 Jahre alt) seiner Frau Margit nach Luxembourg folgt und dort ein Amt annimmt - Margit Spindelegger wurde im Frühjahr an den Europäischen Rechnungshof gerufen, wo sie schon einmal tätig war.