Österreich

St. Pölten: Bettler schlafen direkt in der Innenstadt

Heute Redaktion
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Es sind Bilder aus der St. Pöltner Innenstadt, die betroffen und nachdenklich machen: Ein schlafender Bettler-Clan, inklusive Kinderwagen, in einer Hauseinfahrt mitten in der Innenstadt.

Seit Jahren kämpft St. Pölten und auch andere Städte in NÖ (Anm.: einige Städte haben Bettelverbot, es gab viele Debatten) mit dem sogenannten "Bettlerproblem" - mal mehr, mal weniger. In letzter Zeit gab es in St. Pölten wieder mehr Bettler. Neben, teils schlechter Straßenmusik, prägen vor allem bettelnde Kinder, alte Frauen und Krüppeln das Stadtbild.

In der Klostergasse, eine Seitengasse der Fußgängerzone der Landeshauptstadt, schlief am Montagabend (22.45 Uhr MEZ) in einer Einfahrt (im Gebäude sind Ärzte) eine ganzer Bettelclan, mehrere Menschen auf Pappkartons und in Schlafsäcken, eng aneinander. Dazwischen ein Buggy, eine Gehhilfe, Krücken, gegenüber ein Optiker und eine Trafik, daneben Wohnungen und ein Kindergarten.

Notdurft vor Geschäft

Mehrere Geschäftsleute berichten von Diebstählen. Ein St. Pöltner Trafikant sagt zu "Heute": "Ich kenne diese Menschen, die in der City nächtigen. Ein Mann kauft in der Früh immer die teuersten Zigaretten bei mir."

Boutiquen-Besitzerin Ingeborg Stoll: "Ein kleines Mädchen kam rein ins Geschäft, wollte ein Parfum stehlen. Mir tat das Kind natürlich leid, denn es hat ja nur im Auftrag gehandelt. Eine Frau verrichtet stets ihre Notdurft vor meinem Geschäft, fast täglich müssen wir die Auslagenfenster putzen. Es ist mittlerweile unerträglich, überall wird man angeschnorrt, es wird schleichend schlimmer. Das Problem: Es interessiert niemanden, keiner fühlt sich zuständig. Also bringen Anzeigen und Beschwerden sowieso nichts."

"Keine Handhabe"

Ein Polizist sagt dazu: "Aggressives Betteln ist verboten. Zu den schlafenden Menschen: Solange wir keine Beschwerde oder eine Anzeige des Hauseigentümers haben, können wir eigentlich nichts machen und haben keine Handhabe."

Das meint die Stadt

Martina Eigelsreiter, Leiterin des Büros für Diversität in St. Pölten sagt dazu: „Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass wir auch in St. Pölten mit den Kehrseiten von Reichtum, Wachstum und Globalisierung konfrontiert werden. Die Armut nimmt nicht nur zu, sie wird auch sichtbarer. Sicherlich ist dieser Anblick oft bedrückend, vielleicht auch irritierend oder gar beängstigend. Aber wegschauen ist keine Lösung. Auch und gerade wer arm ist, hat ein Recht auf Hilfe. Unser vorrangiges gesellschaftspolitisches Ziel muss es sein, die Armut zu bekämpfen und nicht die Armen. Ordnungspolitische Maßnahmen beseitigen die Armut nicht, sondern verdrängen sie höchstens in andere Stadtteile. Die Möglichkeiten der sozialen Arbeit mit einer Gruppe obdachloser Menschen, die ihren Lebensbereich nicht dauerhaft in St. Pölten haben, sind grundsätzlich sehr gering. Nächtigende Obdachlose gibt es in allen größeren Städten. St. Pölten ist da kein Einzelfall. Trotzdem ist das kein „Normalzustand", der akzeptiert wird. Notschafstellen und soziale Einrichtungen gibt es für Akuthilfe bzw. für spezielle Notlagen sehr viele in St. Pölten." Für die Stadt ist in diesem Fall der schlafenden Bettler auch die Polizei und der Grundstückseigentümer zuständig.

(Lie)