Österreich

Stabil aus Spital entlassen, kurz danach war er tot

Heute Redaktion
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Schwere Vorwürfe von Christine Petermichl gegen das St. Pöltner Spital: "Mein Josef wurde angeblich stabil entlassen, 120 Minuten später war er tot. Er wurde zum Sterben vor die Tür gesetzt."

Laut Befund stabil, nur zwei Stunden später war Josef G. (64) tot: Christine Petermichl (67) schwankt zwischen Trauer und Wut – ihr geliebter Josef wurde laut ihren Aussagen zum Sterben aus dem Krankenhaus geworfen.

Ende Mai war der pensionierte Voith-Kranführer mit einer Lungenentzündung ins Spital St. Pölten gekommen. Am 4. Juni wurde seiner Partnerin (Anm.: 36 Jahre mit Josef G. liiert) mitgeteilt, dass er in zwei Tagen bereits entlassen werde. "Ich ging freudig ins Spital und wollte ihm eine Handy-Wertkarte bringen. Er saß teilnahmslos am Bett, konnte kaum reden, hatte offensichtlich einen Schlaganfall. Ich ging zur Ärztin, die meinte nur, es sei alles in Ordnung. Es dauerte Stunden bis die Ärzte endlich und vor allem richtig reagierten", so Petermichl. "Die Rede war dann von einem leichten Schlagl", so die 67-Jährige. Am späten Abend verließ Christine Petermichl das Klinikum.

Mehrere Schlaganfälle

Am nächsten Tag kam der Anruf aus dem Krankenhaus, dass Josef G. mehrere Schlaganfälle erlitten hatte. "Dabei wurde ernsthaft betont, dass er die Schlaganfälle erst am nächsten Tag, also in der Nacht auf 5. Juni oder am 5. Juni, erlitten hätte", berichtet die 67-Jährige. Der Zustand von Josef G. wurde schlimmer, dennoch wurde der Patient schließlich von der Neuro 1 auf die Neuro 2 verlegt; im August kam er dann ins Pflegeheim Pottenbrunn. Einen Reha-Platz bekam Josef G. trotz Bemühungen anfangs nicht. Aufs Pflegeheim selbst ist die Ex-Lebenspartnerin von Josef G. auch nicht gut zu sprechen: "Wenn du da als Patient keine Angehörigen hast, bist du arm dran." Einziger Lichtblick: Josef G. kam auf die Horner Neuro, um dort für eine allfällige Reha in Allentsteig untersucht zu werden. "Die Ärzte meinten nur zu mir: Was haben die mit Ihrem Mann gemacht?", erzählt die Rentnerin.

Anfang Oktober wurde Josef G. mit einem Infekt wieder ins Klinikum eingeliefert, am 10. Oktober um 12.01 Uhr in stabilem Zustand (Anm.: laut Befund, siehe Fotos) ins Heim entlassen. "Keine Stunde später kam der Anruf aus dem Heim, dass mein Mann sterben würde, ich eilte rein, aber kam zu spät, um 14 Uhr war Josef bereits tot – zum Sterben vor die Tür gesetzt. Unmenschlich. Er hatte zum Schluss gerade mal 45 Kilogramm", so die Hinterbliebene.

Das sagt Sprecherin des Spitals

Zum Erkennen des Schlaganfalls: "Aufgrund einer neu aufgetretenen Sprachstörung wurde am 4.6. ein CT sowie eine neurologische Begutachtung veranlasst, bei der keine Indikation zur cerebralen Lysetherapie gegeben war. Aufgrund der neurologischen Verschlechterung wurde der Patient am nächsten Tag zur Beobachtung an die neurologische Intensivstation transferiert."

Zum Aufenthalt samt Entlassung im Oktober: "Herr G. wurde am 2.10. aufgrund eines Infektes aufgenommen und antibiotisch therapiert. Der weitere Therapieverlauf gestaltete sich im Wesentlichen komplikationslos. Am 10.10. wurde der Patient vom Ärzteteam der Station visitiert. Er zeigte sich in stabilem, entlassungsfähigem Zustand und der Entlassungstermin wurde ärztlicherseits bestätigt. Es wurde unmittelbar vor Entlassung mit dem Pflegeheim Pottenbrunn Kontakt aufgenommen, um die reibungslose Übergabe der Pflege des Patienten zu gewährleisten. Herr G. war zum Zeitpunkt der Entlassung unter Berücksichtigung seiner schwerwiegenden Vorerkrankungen und seiner Behinderung in stabilen Allgemeinzustand und in jedem Fall für die weitere Pflege im Pflegeheim Pottenbrunn geeignet."

Klinikum drückt Beileid aus

Die Sprecherin des Krankenhauses meint abschließend: "Wir bedauern den tragischen Verlust für die Angehörigen und drücken unser aufrichtiges Beileid aus. Wir möchten jedoch betonen, dass die akute Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten aus ärztlicher Sicht nicht vorhersehbar war."

Kommt jetzt Gutachten?

Der Fall landete auch bei der Patientenanwaltschaft, Gerald Bachinger sagt dazu auf "Heute"-Nachfrage: "Wir haben die Krankengeschichte und eine Stellungnahme der internen Abteilung des Spitals St. Pölten und erwarten noch eine Stellungnahme der Abteilung für Neurologie. Es handelt sich um einen schwerwiegenden Vorwurf, den wir sehr ernst nehmen und genau überprüfen. Es kann sein, dass wir auch noch ein Gutachten einholen, um eine umfassende sachlich-fachliche Bewertung zu haben."

Trauriges Detail am Rande: Am Tag der Beerdigung kam die Reha-Bewilligung. (Lie)