Österreich

Stadt will pflegende Angehörige entlasten

Heute Redaktion
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Die Stadt Wien erweitert ihre Leistungen in der Pflege. (Symbolbild)
Die Stadt Wien erweitert ihre Leistungen in der Pflege. (Symbolbild)
Bild: iStock

Die Stadt erweitert ihr Leistungsangebot in der Pflege und Betreuung. Neben einer Alltagsbegleitung sollen auch neue Öffnungszeiten in den Tageszentren Angehörige entlasten.

Mit dem Strategiekonzept "Pflege und Betreuung in Wien 2030" legt die Stadt Wien die Weichen, um die Versorgung pflegebedürftiger Wienerinnen und Wiener nachhaltig zu sichern. Heute, Dienstag, stellten Sozialstadtrat Peter Hacker, Bürgermeister Michael Ludwig (beide SPÖ) und die Geschäftsführerin des Fonds Soziales Wien, Anita Bauer konkrete Maßnahmen vor.

Bei der aktuellen Weiterentwicklung des Leistungsangebots stünden der Erhalt der Selbstständigkeit und die Flexibilisierung der Leistungen im Mittelpunkt. "Das zögert nicht nur die Notwendigkeit einer stationären Langzeitpflege hinaus, sondern bedeutet für die Betroffenen selbst auch eine maßgebliche Steigerung ihrer Lebensqualität", unterstrich Hacker.

Aktuell organisiert und finanziert der Fonds Soziales Wien die Pflege und Betreuung für rund 60.000 Menschen in Wien. Das mit Abstand größte Segment nimmt dabei mit 36.000 Kunden ist die mobile Pflege ein. Rund 22.200 Menschen leben in einer der 91 stationären Einrichtungen. Die 17 auf die gesamte Stadt verteilten Tageszentren werden von 2.200 Personen genutzt. Im Jahr 2017 wendete der FSW etwas mehr als eine Milliarde Euro für Pflege- und Betreuung auf - davon stammten rund zwei Drittel aus öffentlichen Mitteln, ein Drittel wurde durch Kostenbeiträge der Kunden aus deren Pensionen und Pflegegeldbezügen abgedeckt.

Bereits seit November 2018 läuft in Zusammenarbeit mit zwölf Trägern das Politprojekt der mehrstündigen Alltagsbegleitung. Dieses Angebot an pflege- und/oder betreuungsbedürftige Menschen soll den Lückenschluss zur 24-Stunden-Betreuung bilden und der Entlastung pflegender Angehöriger dienen.

Die Alltagsbegleitung ergänzt den Aufgabenbereich anderer Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe. Die Betreuung findet im Wohnumfeld statt. Ziele sind die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte, die Unterstützung bei Alltagstätigkeiten sowie die Begleitung bei Wegen außer Haus.

Tageszentren für Seniorinnen und Senioren bieten älteren Wienerinnen und Wienern, die noch selbstständig wohnen oder von mobilen Diensten und/oder Angehörigen betreut werden, Tagesbetreuung an. Neben einer abwechslungsreichen Tagesgestaltung mit zahlreichen Aktivierungsangeboten für Körper und Gedächtnis gibt es auch Pflegeangebote. Um noch besser auf den Bedarf der Kunden und ihrer Angehörigen einzugehen, wurden in zwei Tageszentren die Öffnungszeiten erweitert: Im Tageszentrum Favoriten und seit 1. März auch im Tageszentrum Winarskystraße kann das Angebot nun auch an Wochenenden und Feiertagen genutzt werden.

Kunden, die nicht selbstständig in ein Tageszentrum gelangen können, konnten schon bislang einen Fahrtendienst über das Tageszentrum zu buchen. Diese Möglichkeit besteht nach wie vor – neu ist, dass Menschen, die Unterstützung vor, während und nach der Fahrt benötigen, die Leistung "Betreuung mit Fahrt" über den Fonds Soziales Wien beziehen können.

Die Kunden werden im Wohnumfeld abgeholt und erhalten beispielsweise Unterstützung beim Anziehen der Überkleidung oder beim Herrichten der Gehhilfe.

Ludwig: "Entwickeln Leistungen laufend weiter"

"Eine soziale Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass die Gemeinschaft den Einzelnen dann unterstützt, wenn er oder sie Hilfe braucht. Die Wienerinnen und Wiener können sich sicher sein, dass sie genau die Leistung bekommen, die sie benötigen, und dass sie sich Pflege und Betreuung leisten können", erklärte Ludwig. Die Stadt ruhe sich aber nicht auf Erreichtem aus, sondern entwickle die Leistungen laufend weiter. Denn, Pflegende müssten Sicherheit haben und Betroffene dürfen nicht mit ihren Fragen, Wünschen und Bedürfnissen allein gelassen werden, so der Stadtchef.

Hacker ergänzte, die bestmögliche Pflege und Betreuung dürfe keine Frage von Systemgrenzen sein. Daher forderte er ein bundesweit einheitliches Pflegesystems mit zentralen, trägerunabhängigen Servicestellen in jedem Bundesland. "Es ist ganz entscheidend, dass wir die Menschen umfassend informieren. Die weitverbreitete Ansicht, dass sich Menschen ihre Pflege selbst organisieren können, ist in der Praxis oft zum Scheitern verurteilt. Nur Experten können alle existierenden Leistungen im Blick haben", so der Stadtrat.

Wien wartet auf Pflege-Masterplan des Bundes

Im Dezember kündigte die Bundesregierung einen "Masterplan Pflege" an. Der Bürgermeister riet dem Bund hier Wien als Best Practice-Modell anzusehen: "Wien ist bei der Pflege sehr gut aufgestellt. Wenn jetzt nach nachhaltigen Organisationsmodellen gesucht wird, ist die Bundesregierung gut beraten, auf dieses Know How und diese Erfahrungen zurückzugreifen. Bei der Finanzierung müssen wir darauf achten, dass die Pflege nicht zum privaten Risiko wird".

Generell zeigte sich Ludwig abwartend, er sei gespannt auf eine Konkretisierung der Vorschläge. Klar sei jedenfalls, dass Ideen zur bundesweiten Vereinheitlichung von Maßnahmen im Einvernehmen mit allen Bundesländern umgesetzt werden müssten. "Das ist keine Frage politischer Streitereien, es geht um die Sicherheit für alle Wienerinnen und Wiener, die auf Pflege und Betreuung angewiesen sind. Wir sorgen dafür, dass Pflege leistbar bleibt". (lok)