Szene

Star Wars, Stars und neue Regeln in Cannes

Eröffnungsfilm mit Promi-Cast, geänderte Wettbewerbs-Modalitäten & ein abwesender Produktionsgigant.

Heute Redaktion
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Zwei große Stars des Hollywood-Kinos in einem europäischen Film, der von einem iranischen Regisseur inszeniert wurde: Cannes deutet schon mit der ersten Gala an, dass dieser Festival-Jahrgang ein besonderer werden soll.

Penélope Cruz und Javier Bardem, im wirklichen Leben ein Ehepaar, spielen in "Everybody Knows", so der englische Titel des auf Spanisch gedrehten Films, zwei Ex-Lover, die einander nach langer Zeit wieder begegnen. Was zu dramatischen Folgen führt. Der Regisseur und zweifache Oscar-Gewinner Asghar Farhadi ("The Salesman") demonstriert einmal mehr, dass er auch an Geschichten interessiert ist, die außerhalb seiner schwierigen Heimat Iran angesiedelt sind.

Neue Modalitäten

"Everybody Knows" wird als Psychothriller angekündigt, und das ist - Neuerung Nummer eins beim Festival - das einzige, was die Öffentlichkeit bisher über den Eröffnungsfilm weiß. Das Team um Festival-Chef Thierry Frémaux will, dass die Festivalpremieren noch exklusiver werden. Deshalb wurden die vorgelagerten Aufführungen für Presse und Filmbranche kurzerhand abgeschafft. Die Folge: Frühestens, wenn die Stars nach den Galas das Cannes-Palais wieder verlassen, geht die Kunde von den Qualitäten der Festival-Filme um die Welt.

Neuerung Nummer zwei: Üblicherweise versucht das Festival, eine Balance zwischen Hollywood-Glamour und anspruchsvoller Filmkunst zu halten. Dieses Jahr schlägt das Pendel aber eindeutig in Richtung der Arthaus-Produktionen aus. Im Programm gibt's nur einen einzigen echten Hollywood-Blockbuster: Am 15. Mai feiert "Solo: A Star Wars Story" seine Weltpremiere an der Croisette.

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Der Trailer von "Solo: A Star Wars Story":

Hollywood in der Unterzahl

"Solo" läuft schon am 25. Mai regulär bei uns im Kino an. Es ist der zweite "Star Wars"-Film außerhalb der Chronologie der Serie. Zeitlich vor dem "Krieg der Sterne" aus dem Jahr 1977 angesetzt, schildert der Film die Erlebnisse des jungen Han Solo. Alden Ehrenreich spielt den intergalaktischen Abenteurer, der in der Chronologie von Harrsion Ford dargestellt wurde.

Mehr pures Hollywood-Kino wird in Cannes heuer nicht geboten. Das Festival konzentriert sich auf den Purismus des Arthaus-Kinos, dessen führende Vertreter im Wettbewerb um die Goldene Palme stark vertreten sind.

In den USA bekamen nur die Regisseure Spike Lee (mit dem Politdrama "BlacKkKlansman" und David Robert Mitchell (mit dem dunklen Thriller "Under The Silver Lake") ein Ticket für den Wettbewerb. Der Italiener Metteo Garrone zeigt "Dogman", der Franzose Christophe Honoré sagt "Sorry Angel" und Altmeister Jean-Luc Godard öffnet "The Image Book". Ein Arthaus-Filmkünstler von Weltruf kehrt nach jahrelanger Zwangspause nach Cannes zurück. Lars von Trier präsentiert "The House That Jack Built". Nach einer völlig verunglückten Pressekonferenz, in der es um Nazi-Themen ging, war von Trier vor sieben Jahren vom Festival gesperrt worden.

Netflix sagte ab

Ein wichtiges Studio fehlt übrigens komplett: Netflix. 2017 hatte es Ärger gegeben, weil das (Kino-)Filmfest Cannes ein paar Netflix-Filme zeigte, die anschließend nie auf der großen Leinwand zu sehen waren. Das Cannes-Management verfügte daraufhin, dass alle Filme, die beim Festival laufen, verpflichtend einen Kinostart in Frankreich bekommen müssen. Das allerdings schmeckte dem Streaming-Dienst Netflix gar nicht; man zog heuer kurzerhand alle Cannes-Kandidaten zurück. Schade drum: Dem Vernehmen nach gingen dem Festival dadurch Filme von Regie-Superstars wie Alfonso Cuarón und Paul Greengrass durch die Lappen.

Gunther Baumann (Film Clicks), Cannes