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Steigt der Goldpreis, sterben mehr Mädchen

Der Goldpreis hat in Indien eine messbare Auswirkung auf die Sterblichkeit von kleinen Mädchen. Warum? Erfahren Sie hier >>>

Heute Redaktion
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Symbolbild
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Bild: iStock

Es klingt fast absurd, aber eine Studie belegt nun, dass in Indien mehr Mädchen abgetrieben oder im Kleinkindalter sterben, wenn der internationale Goldpreis steigt.

Schuld daran ist die illegale Praxis der Mitgift. Heiratet eine Frau, gibt ihre Familie der Familie des Bräutigams traditionell ein Vermögen mit in die Ehe. Dieses besteht oft aus Goldschmuck, dessen Preis vom internationalen Tarif für das Edelmetall abhängig ist.

Sparen ab der Geburt

Um sich die Mitgift, die seit 1961 eigentlich verboten ist, leisten zu können, müssen sich die Eltern einer Tochter oft das Haushaltseinkommen mehrere Jahre zusammensparen. Das heißt oft, dass man schon bei der Geburt zu sparen beginnen muss.

Einen Sohn zu haben ist im Gegenzug eine wichtige Einnahmequelle für die Eltern.

Sonia Bhalotra, die Autorin der entsprechenden Studie, hat das riesige Land in der Hinsicht untersucht. Sie hat sich die Sterblichkeit weiblicher Säuglinge und kleiner Mädchen, sowie die Abtreibungsraten angesehen und mit dem internationalen Goldpreis verglichen.

Klarer Zusammenhang

Die Studie fand heraus: Nach dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan Ende 1979 stieg der Goldpreis rasant an. Anfang 1980 starben neun Prozent mehr neugeborene Mädchen als vorher. Bei den Buben blieb die Sterberate unverändert.

Noch ein klarer Zusammenhang aus den Jahren 1972 bis 1985: Stieg der Goldpreis um 6,3 Prozent, nahm die Sterblichkeitsrate von weiblichen Babys um 6,4 Prozent zu. Wieder veränderten sich die Sterberaten männlicher Babys nicht.

Mädchen, die während einer Phase hoher Goldpreise geboren wurden und überlebten, scheinen vernachlässigt worden zu sein. Sie waren im Erwachsenenalter kleiner als der Durchschnitt und wurden oft mangehaft ernährt, nicht so gut wie Söhne.

Mehr Abtreibungen

Seit Mitte der 1980er-Jahre verbreiteten sich Ultraschalluntersuchungen in Indien und gaben Eltern somit die Möglichkeit, das Geschlecht des Babys schon vor der Geburt festzustellen.

Seitdem werden Mädchen nicht erst nach der Geburt vernachlässigt, sondern lieber öfter abgetrieben. Manche Kliniken warben regelrecht mit Abtreibungen weiblicher Babys - es sei für die Familie eine Kostenersparnis.

Das scheint auch weiterhin so zu sein: Laut Geburtenstatistik aus den Jahren 2013 bis 2015 kamen auf 1.000 geborene Buben nur 900 Mädchen.

Was kann man dagegen tun?

Faktisch verboten, wird das Verbot der Mitgift in Indien kaum überwacht. Strengere Kontrollen würden aber auch kaum etwas bringen, glaubt die Studienautorin. Die Familien würden in dieser Hinsicht ob zusammenarbeiten, um das Verbot zu umgehen.

Eine bessere Bildung der Frauen und vor allem eine Gleichstellung im Besitzrecht wäre da schon sinnvoller. Zurzeit verfügt oft der Ehemann oder die Schwiegereltern über die Mitgift, Bräute werden nicht selten misshandelt oder ermordet, wenn die Schwiegereltern mit der Mitgift nicht zufrieden sind. Das US-Onlinemagazin "Vox" berichtet, dass täglich fast 21 Frauen von ihrem Bräutigam oder ihren Schwiegereltern deswegen ermordet werden. (red)