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Das Genie, das vor dem Weltuntergang warnte

Heute Redaktion
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Der verstorbene Wissenschaftler Stephen Hawking hatte keine Angst vor dem Tod. Vielmehr sorgte er sich um die Zukunft der Menschheit – die sah er in einem anderen Sternsystem.

Der schwer kranke Astrophysiker Stephen Hawking konnte sich jahrzehntelang nur noch über einen Sprachcomputer mitteilen. Doch das hielt ihn von hochkomplexen Themen nicht ab.

Ärzte hatten Hawking bereits vor etwa einem halben Jahrhundert vorausgesagt, dass er an der Muskelschwäche ALS sterben werde. Das trieb seinen Ehrgeiz noch an: Der Gedanke an den Tod habe ihn seit langem begleitet. Angst habe er davor nicht, hatte Hawking stets gesagt.

Mehr lesen: Astrophysiker Stephen Hawking ist tot >>

Ein Jenseits allerdings hielt er für ausgeschlossen. "Ich sehe das Gehirn als einen Computer an, der aufhört zu arbeiten, wenn seine Einzelteile nicht mehr funktionieren", sagte Hawking dem "Guardian".

Licht ins Dunkel gebracht

Menschen mit funktionierender "Hardware" sollten seiner Ansicht nach den größtmöglichen Wert aus ihren Taten schöpfen. Für Hawking selbst bedeutete das, Licht ins Dunkel des Universums und unserer Herkunft zu bringen.

Zu seinen bedeutendsten Erfolgen gehörte, dass er Anfang der 70er Jahre voraussagte, dass Schwarze Löcher unter bestimmten Umständen Energie verlieren. In Anlehnung an Albert Einstein war er jahrelang auf der Suche nach einer Formel, mit der sich die widerstreitenden Theorien über Relativität und Quantenphysik zusammenfügen ließen.

Warnung vor Untergang

Hawking konnte nicht mehr ohne Hilfe schreiben, nicht sprechen – aber mit dem Kopf reiste er zu den Sternen. "Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies", sagte Hawking in einem BBC-Interview. "Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige."

In seinen letzten Jahren wurde Hawking immer mehr zum Mahner: Er warnte die Menschheit vor einem selbst verschuldeten Untergang, etwa durch die Erderwärmung oder künstliche Viren. Auch Maschinen traute er nicht – sie könnten eines Tages klüger werden als ihre Schöpfer.

Weltall zog ihn seit seiner frühesten Jugend an

Hawking entwickelte Ideen für eine Übersiedlung der Menschheit auf andere Himmelskörper. "Früher oder später müssen wir zu den Sternen schauen." Gemeinsam mit dem russischen Milliardär Jurij Milner wollte er eine Armee winziger Raumfähren auf eine 20-jährige Reise schicken, um das Sternsystem Alpha Centauri auszukundschaften.

Schon in der Schule hatte er den Spitznamen "Einstein". Nach dem Abschluss studierte er ein paar Semester Physik in Oxford, dann entschied er sich für ein Studium der Kosmologie in Cambridge. Er war Anfang 20, als Ärzte bei ihm die ALS-Krankheit feststellten. Drei Jahre gaben sie ihm noch. Damals – so Hawking – sei ihm klar geworden, dass er mit seinem Leben noch einiges anfangen könne.

Im Rekordtempo legte er eine wissenschaftliche Karriere hin, heiratete, gründete eine Familie. Nebenbei wurde er eine Art Popstar der Wissenschaft, spielte sich selbst bei einem Auftritt in einer Folge von "Raumschiff Enterprise" und wirkte in der Zeichentrickserie "Die Simpsons" mit.

Frauen waren für ihn das größte Rätsel

Sein Privatleben war in seiner Heimat immer mal wieder auch für bisschen Klatsch und Tratsch gut. 30 Jahre lang war er mit seiner Jugendliebe Jane verheiratet, mit ihr hatte er zwei Söhne und eine Tochter. Nach der Scheidung brachte sie Ende der 90er Jahre ein Buch heraus, in dem sie ihn als Haustyrannen beschrieb, den sie gelegentlich daran erinnern musste, dass er nicht Gott sei.

1995 heiratete Hawking seine ehemalige Pflegerin. Die Ehe hielt bis 2006. In einem Interview mit der Zeitschrift "New Scientist" sagte er auf die Frage, worüber er jeden Tag am meisten nachdenke: "Frauen. Sie sind ein komplettes Rätsel."

In seiner Autobiografie "My Brief History" kam Hawking 2013 zu dem Schluss, dass er trotz seiner Krankheit ein gutes Leben gehabt habe. Dass er den Nobelpreis – für den es experimenteller Nachweise bedarf – nicht bekam, fand Hawking zwar schade. Wichtiger war ihm aber der Fundamental Physics Prize – und den hatte er längst eingeheimst.

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(chk)