Die Rückkehr nach Wien war für Mariana (Name von der Redaktion geändert) nicht einfach. 14 Jahre hatte sie bereits in Wien gelebt, danach ging es für 18 Jahre in ihre Heimat Peru. Dort war die 55-Jährige im Bodenpersonal bei einer Airline tätig. Doch Mariana wollte im wahrsten Sinne des Wortes schon immer hoch hinaus und als Flugbegleiterin arbeiten. Um sich diesen Traum zu erfüllen, kam sie vergangenes Jahr zurück nach Wien.
"Es war nicht leicht für mich. Die Ausbildung zur Flugbegleiterin ist sehr zeitintensiv und schwierig. Ich hatte auch so lange kein Deutsch mehr gesprochen", erzählt sie. Besonders viel Rückhalt und Unterstützung erfuhr sie in dieser Zeit von ihrem Mitbewohner Wilhelm Markam (81), den sie liebevoll Willi nennt. Mit ihm und drei weiteren Personen lebt sie in einer ganz besonderen Wohngemeinschaft, der WG Melange, einem Projekt der Caritas Wien.
"Die Idee entstand während Corona. Wir haben gemerkt, dass viele Menschen alleine leben, dies aber nicht gerne tun. Mit der WG Melange ist unser Ziel, ein gemeinschaftliches Leben ab 55 zu ermöglichen", erklärt die Projektleiterin Anna Winklehner.
"Ich war alleine, bin geschieden und habe keine Kinder. Hier habe ich ein Zuhause und zugleich eine Familie gefunden", freut sich Mariana. Wie jeder WG-Bewohner verfügt sie über ein Apartment mit eigenem Bad und Küche, teilweise auch mit eigenem Balkon. Darüber hinaus gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Küche und einen gemeinsamen Balkon für alle WG-Mitglieder.
"Was ich hier besonders schätze ist, dass man einen eigenen Rückzugsort hat, aber auch gemeinsam mit anderen viel machen kann", sagt Willi. Der 81-Jährige hatte schon immer das Ziel, sein "Altersdomizil selbstbestimmt und aktiv zu wählen." Im Frühstücksfernsehen erfuhr er von der WG Melange; er war sofort angetan und hat sich beworben. Seit 25 Jahren ist er in einer Beziehung, gewohnt hat er aber stets alleine. "Deswegen hat es so lange gehalten", scherzt der Pensionist. Seit rund einem Jahr lebt Willi in der WG Melange und bereichert das Leben aller Bewohner im Haus.
Für seine Mitbewohner kocht Willi oft. Besonders sein Kaffee ist bei allen beliebt. "Ich habe Kaffee nie gemocht, bis mir Willi einmal einen gemacht hat", lacht Mariana Seither treffen sie sich immer zu Kaffeekränzchen, wenn es der straffe Zeitplan der Flugbegleiterin zulässt. Ab und zu wird gemeinsam gefrühstückt oder Mittag gegessen. Wenn jemand bei etwas Hilfe braucht, wird gemeinsam nach einer Lösung gesucht. Ein weiterer Pluspunkt des WG-Lebens: In der Früh werden die Tageszeitungen ausgetauscht. In der WG Melange verläuft es insgesamt harmonisch. "Aber natürlich muss man sich einfügen und Rücksicht auf andere nehmen, ansonsten funktioniert gemeinschaftliches Wohnen nicht", merkt Willi an.
Die WG Melange ist derzeit noch die einzige ihrer Art und befindet sich in der Seestadt. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Haus um ein gemeinschaftliches Wohnprojekt. Alle Bewohner gestalten den Alltag im Haus als Verein mit. Einmal im Monat gibt es beispielsweise einen Brunch, gemeinsame Feste, eine von den Bewohnern gestaltete Hauspost, eine Dachterrasse für alle und im Keller auch eine Hobby-Werkstatt.
Acht Apartments zwischen 30 und 47 Quadratmeter gibt es; davon sind drei frei. Seinen Wohnraum gestaltet jeder individuell. Damit das Zusammenleben auf lange Zeit gelingt, begleitet die Caritas die Gruppe mit moderierten WG-Treffen. Weil die erste WG-Melange bisher so gut funktioniert, plant die Caritas demnächst vier weitere Standorte - im 21., 23., 18. und 10. Bezirk.