Österreich
Steyrer Amokschütze hat "keine Erinnerung" an Tat
Der 52-jährige Mann, dem in einem Geschwornenprozess am Mittwoch im Landesgericht Steyr in Oberösterreich ein Amoklauf mit einem Kalaschnikow-Gewehr vorgeworfen wird, kann sich an den angeklagten Vorfall im März nicht erinnern.
Der 52-jährige Mann, dem in einem Geschwornenprozess am Mittwoch im Landesgericht Steyr in Oberösterreich vorgeworfen wird, kann sich an den angeklagten Vorfall im März nicht erinnern.
Der Mann soll am 19. März vom Balkon des Mehrfamilienhauses, in dem er wohnte, mit einem legal erworbenen, rückgebauten Kalaschnikow-Gewehr mehrfach herumgeschossen haben. Passanten brachten sich panisch in Sicherheit. Ein Großaufgebot der Polizei rückte aus und sperrte das dicht besiedelte Areal ab. Die Sondereinheit Cobra nahm den Schützen fest, dabei gab er Schüsse in Richtung der Beamten ab, ein Diensthund wurde tödlich getroffen. Der Mann hatte sich 300 Schuss Munition beschafft.
. Die Verteidigung bezweifelt die Mordabsicht als Einweisungsgrund in die Anstalt und stellte einen bedingten Verletzungsvorsatz in den Raum. Sein Mandant habe nicht über "Kimme und Korn" gezielt, sondern aus der Hüfte heraus geschossen. Außerdem habe er sich mehrmals auf dem Balkon präsentiert, so als ob er einen Selbstmord durch Schüsse der Polizei provozieren wollte, so der Anwalt. Voraussetzung für eine Einweisung in eine Anstalt sei eine Tat mit einer Strafe über einem Jahr, zudem müssten Zurechnungsunfähigkeit und eine Gefährlichkeit gegeben sein, sagte der Anwalt.
Alkoholprobleme und Schulden zugegeben
Der 52-Jährige war ein angelernter Arbeiter. Vor Gericht bestätigte er psychische Probleme sowie Alkoholprobleme. Seit 2003 sei er in Pension, habe rund 150.000 Euro Schulden, hauptsächlich bei der Finanz aus seiner früheren selbstständigen Tätigkeit. An den Vorfall könne er sich nicht mehr erinnern. Er wisse nur noch, dass er an diesem Tag zum Einkaufen das Haus verlassen habe.
Die Erinnerungslücke dauere bis zu dem Augenblick, als er mit einem Gewehr im Stiegenhaus gestanden und ein Hund auf ihn losgegangen sei. Dann sei ein Schuss aus der Waffe gefallen und der Hund habe von ihm abgelassen. Danach habe er sich festnehmen lassen. Er wisse nun nachträglich, dass etwas Gefährliches passiert sei. Er gestand ein, dass die verwendete Munition "ziemlich schwere Verletzungen" verursachen könnte. Er kann sich den Vorfall und eine gezielte Abgabe von Schüssen nicht erklären, denn das entspreche nicht seiner Selbsteinschätzung.
Angekündigt, dass er "durchdrehen" würde
Ein Facharzt für Psychiatrie berichtete als Zeuge von zurückliegenden Behandlungen. Eine ehemalige Lebensgefährtin schilderte ihn als "gutmütig, nicht aggressiv oder brutal" in allen Lebensbelangen. Er soll zwar davon geredet haben, dass er sich in Kroatien Handgranaten, Sprengstoff und Nachtsichtgeräte beschafft habe, sie habe diese aber nie gesehen. Am Tag der Tat habe sie der 52-Jährige zweimal angerufen. . Das habe sie ernst genommen und sei zu ihm gefahren, doch da sei das Areal schon abgesperrt gewesen.
Das Gericht setzte die Verhandlung mit einem Lokalaugenschein am Nachmittag fort. Ein Konvoi aus Polizeifahrzeugen transportierte die drei Berufsrichter, Geschworne, den Staatsanwalt, den 52-jährigen mutmaßlichen Täter, seinen Verteidiger sowie einen Sachverständigen für Schusswaffen zum Ort des Vorfalls am 19. März. Dort wurde nachvollzogen, wo sich damals der Schütze sowie gefährdete Personen befanden und in welche Richtung die einzelnen Schüsse abgegeben wurden.
Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt
Zu diesem Teil der Verhandlung war noch die Öffentlichkeit zugelassen. Als sich das Gericht aber anschließend in das Mehrparteienhaus begab, in dem der 52-Jährige gewohnt hatte, wurde sie ausgeschlossen, um zwei Cobra-Beamte nicht zu enttarnen. Denn im Stiegenhaus wurde der Einsatz der Sondereinheit rekonstruiert und dazu wurden die beiden daran beteiligten Beamten befragt.
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.